Dieter Nuhr stichelt im Jahresrückblick: „Mir tut Greta leid“
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Kabarettist Dieter Nuhr.
© Quelle: Henning Kaiser/dpa
Berlin. Dieter Nuhr durfte am Donnerstagabend in der ARD seinen alljährlichen Jahresrückblick vortragen. Das ist grundsätzlich erst mal nichts Außergewöhnliches – schließlich gehört die Sendung seit vielen Jahren zum festen Bestandteil des ARD-Vorweihnachtsprogramms. In diesem Jahr lag allerdings eine besondere Aufmerksamkeit auf der Sendung.
Immer wieder hatte der Kabarettist in den vergangenen Wochen mit Sprüchen gegen die Klimaaktivistin Greta Thunberg gestichelt. Die Witze brachten dem 59-Jährigen jede Menge Kritik ein. Die Show „Nuhr 2019“ in der ARD war für Nuhr nun offenbar so etwas wie eine Selbsttherapiestunde.
In 60 Minuten holte Nuhr zum großen Rundumschlag aus und spülte noch einmal alles herunter, was ihm im Jahr 2019 ganz besonders auf die Nerven gegangen war. Also etwa Gendersternchen und die Umwelthilfe. „Das ganze Jahr bestand aus Verboten, Shitstorms, Hysterie, Panik“, so Nuhr etwa. „Es war das Jahr des allgemeinen Realitätsverlusts.“ Oder: „Ich hatte noch nie so oft das Gefühl, die ham’se nicht mehr alle.“
Nuhrs größte Befürchtung: Das Ende der Demokratie
Dann formulierte Nuhr seine offenbar größte Befürchtung: das Ende der Demokratie. Diese Gefahr geht – glaubt man seinen Ausführungen – offenbar von zwei Strömungen gleichermaßen aus: rechtsextremen Attentätern – und Teenagern, die das Klima schützen wollen.
In seinem Programm vermischte Nuhr beide Themen nämlich konsequent, teilweise sogar im selben Satz. Zum Hass im Netz sagte Nuhr etwa: „Kein Wunder, dass alles immer radikaler wird. Und das schwappt irgendwann über in die reale Welt, wenn Attentäter ihre Taten live im Internet streamen mit Kopfkamera.“ Immer mehr Menschen würden „das Gesetz selbst in die Hand nehmen“, so Nuhr. „Sie blockieren ganze Städte, verfolgen Juden oder legen Flughäfen lahm, indem sie mit Drohnen in die Einflugschneise fliegen.“
Das seien Leute, „die sich offenbar für Auserwählte halten, das nennen die dann zivilen Ungehorsam“. Das Parlament gelte „wieder als Quatschbude, wie 1933. Da wird der Notstand ausgerufen, um sich nicht mehr an demokratische Gepflogenheiten halten zu müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich zweifle nicht am Klimawandel, und an der Dringlichkeit zweifle ich auch nicht. Aber den Umgang damit finde ich gruselig.“
„Ich fand den Greta-Witz einen Knaller“
Auch auf seinen Greta-Witz vom Oktober ging Nuhr noch mal ein. Seinerzeit hatte er erzählt, er würde seiner Tochter die Heizung abstellen, um sie beim Klimaschutz zu unterstützen. „Ich finde den Witz bis heute einen Knaller“, so Nuhr. „Weil er die Absurdität offenlegt. Kinder, die zu Hause ganz selbstverständlich in Vollversorgung leben, demonstrieren freitags gegen die Vollversorgung. Der Witz war lustig, weil er diesen Widerspruch auf den Punkt brachte. Lustig ist der nicht mehr, wenn man ihn erklären muss.“
Am Ende der Show folgte dann der große – und lang erwartete – Greta-Rundumschlag: „Nie gab es weniger Optimismus“, so Nuhr. „Viele hoffen wieder auf Erlösung. Bei der AfD hofft man auf einen neuen Führer. Bei der Linken auf einen neuen Sozialismus. Lauter Motive aus dem Gruselkabinett der Vergangenheit. Und unsere Kinder glauben an Greta.“
Die Kinder trügen „ihr Antlitz auf Pappe gemalt durch die Straßen. Da kann ich nur sagen: das arme Mädchen“, so Nuhr. Greta sei nicht Jesus. Sie könne nicht übers Wasser laufen – sie brauche ein Segelboot. „Mir tut Greta leid. Und ich habe mich teilweise auch gefragt, wie Eltern es zulassen können, dass ihr Kind derartig in die Mühlen der Zeitgeschichte gerät. Aber die Eltern haben wahrscheinlich Besseres zu tun. Sie sonnen sich in ihrer Rolle als Maria und Josef.“
„Greta ist nicht der Messias“
Am Ende stellte Nuhr noch mal klar: „Nein, ich habe nichts gegen Greta. Aber sie ist nicht der Messias. Das ist Jürgen Klopp. (...) Aber ich bin froh, dass es Greta gibt. Und das meine ich völlig ohne Ironie. Sie war nicht nur für das ‚Time‘-Magazin, sondern auch für mich die Person des Jahres. Niemand hat diesem Jahr mehr seinen Stempel aufgedrückt, und das war gut so. Ich finde gut, und das habe ich immer so gesagt, dass ihr Thema jetzt endlich die Öffentlichkeit bekommt, die es verdient. Der Klimawandel ist das Problem der nächsten Jahre und Jahrzehnte.“
Greta fordere, der Wissenschaft zu folgen. Das tue Nuhr auch, aber er folge auch der Wirtschaftswissenschaft und der Geschichtswissenschaft. „Und diese Wissenschaften sagen mir, wenn wir das tun, was unsere Klimaaktivisten fordern, nämlich nicht weniger als die Abschaffung des globalisierten Welthandels, dann wird die Weltwirtschaft in eine Krise fallen, die Milliarden Menschen zurückwirft in die Armut.“ Und dann würde es auch Kriege geben.
Dann wendet sich Nuhr erneut an die Klimaaktivisten: „Die Zukunft zu verbieten wird nicht ausreichen. Am Ende werden es nicht die Verhinderer sein, die die Zukunft bauen, sondern die, die Neues schaffen.“
Klöckner feiert Nuhr-Auftritt
In den sozialen Netzwerken stieß der Jahresrückblick des Kabarettisten wie gewohnt auf gemischte Reaktionen. Uneingeschränkt witzig fand ihn aber immerhin eine: Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Sie twitterte am Abend: „Herrlich witzig, intelligenter Humor – auch wenn’s vielen nicht passt, ich find ihn gut: @dieternuhr grade im Ersten.“
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Alf Frommer analysierte die Lage hingegen so: „Eins muss man Dieter Nuhr aber lassen: Ein total vergessener Komödiant hat es mit ein paar halbgaren Witzen gegen Greta Thunberg geschafft, wieder in aller Munde zu sein. Selbstmarketer des Jahres.“
RND