Der doppelte ESC-Ersatz: Im Mai liefern sich ARD und Pro7 ein Fernduell der Eurovision-Shows
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Ersatzprogramm in der Elbphilharomonie: Barbara Schöneberger (r.) wird die ARD-Show am 16. Mai moderieren, Sänger Ben Dolic wird seinen Song "Violent Thing" präsentieren, mit dem er eigentlich für Deutschland antreten wollte.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Das deutsche Ersatzprogramm für den abgesagten Eurovision Song Contest (ESC) wird zum Fernseh-Fernduell: Die ARD und Pro7 mit Stefan Raab planen beide für den 16. Mai eine große Popshow mit internationalen Gästen. Beide Sendungen sind live, beide beginnen am ursprünglichen ESC-Finalabend parallel um 20.15 Uhr, in beiden treten Künstler für ihr jeweiliges Land an, und in beiden wird per Zuschauervoting ein Sieger gekürt. Es ist ein deutsches TV-Novum: Der ESC wird zum doppelten Lottchen.
Inhaltlich freilich gibt es Unterschiede: Stefan Raab plant für Pro7 einen eher national geprägten Budenzauber namens “Free European Song Contest” nach dem Muster seines zuletzt 2015 ausgerichteten “Bundesvision Song Contest”. Die ARD dagegen will europäische Grandezza ausstrahlen und so nah wie möglich am Original bleiben. Sie sendet live aus der Elbphilharmonie in Hamburg eine Show, die mit vollem Namen keck “Eurovision Song Contest 2020 – Das deutsche Finale” heißt. Barbara Schöneberger wird moderieren, ESC-Stimmwunder Peter Urban kommentiert gemeinsam mit Michael Schulte, dem ESC-Viertplatzierten von 2018. In Raabs Show moderieren ESC-Sieger Conchita Wurst und Steven Gätjen. Ob Raab selbst in Erscheinung treten wird, ließ der 53-Jährige bisher offen.
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"Eine Liebesheirat": 2010 kooperierten Pro7 und Stefan Raab noch mit der ARD. Das ist lange her.
© Quelle: Matthias Balk/dpa
In der ARD treten Original-ESC-Künstler an
Und wer tritt auf? Pro7 schickt – ähnlich wie bei früheren Spielevents wie der “Autoball-WM” – in Deutschland bekannte Künstler mit internationalen Wurzeln ins Rennen. Das klingt schwer nach dem vertrauten Muster: Stefanie Heintzmann für die Schweiz, Giovanni Zarella für Italien oder Eko Fresh für die Türkei. Man will live in alle Heimatländer der antretenden Musiker schalten, wo nicht näher spezifizierte “internationale #FreeESC-Sympathisanten” ihre Favoriten küren. In Deutschland, Österreich und der Schweiz übernehmen das die Zuschauer per Telefon oder SMS.
Die ARD dagegen orientiert sich am “großen” ESC – mit einer Art Halbfinale: Am 9. Mai, eine Woche vor der Finalshow, stellen der Schwestersender One und das Jugendangebot Funk in der Show “World Wide Wohnzimmer” mit Dennis und Benjamin „Benni“ Wolter drei Stunden lang alle 41 Musikvideos der offiziellen ESC-Teilnehmer 2020 zur Abstimmung. Die zehn Bestplatzierten werden dann als “Finalisten” eine Woche später in der Elbphilharmonie präsentiert. Dort sollen so viele ESC-Künstler wie mögliche live und in Person auftreten. Dazu gehört auch Ben Dolic, der eigentlich in diesem Jahr in Rotterdam für Deutschland angetreten wäre. Er singt seinen Song “Violent Thing” – steht aber nicht zur Wahl.
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Gute-Laune-Profi: Barbara Schöneberger moderiert die ESC-Ersatzshow der ARD am 16. Mai.
© Quelle: Gerald Matzka/zb/dpa
Sieben Stunden ESC in der ARD
Man lässt sich nicht lumpen: Das Erste räumt gleich den gesamten Samstagabend für den ESC frei. Im Anschluss an die eigene Show aus Hamburg zeigt der Sender um 22 Uhr live aus Hilversum das offizielle ESC-Methadonprodukt namens “Europe Shine a Light”, eine zweistündige Musikshow der Europäischen Rundfunkunion mit Gästen aus dem ESC-Kosmos und Schalten quer durch den Kontinent. Und ab Mitternacht wiederholt das Erste dann bis 3.15 Uhr morgens den ESC 2010 aus Oslo in voller Länge, bei dem Lena mit “Satellite” triumphierte. Das sind netto sieben Stunden ESC an einem Abend. Das Erste hat angekündigt, auch in der Ersatzshow nicht auf das zweitwichtigste ESC-Kultelement nach Peter Urban zu verzichten: Gegen 21.45 Uhr ist das tapfere “Wort zum Sonntag” vorgesehen.
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Zehn Jahre ist es her: Lena Meyer-Landrut mit Stefan Raab.
© Quelle: imago images/DeFodi
“An zwei einzigartigen Abenden bietet der NDR alles, was den ESC so einzigartig macht”, verspricht der Sender: “Große Songs und Gefühle, Glamour und die Wahl zum Sieger der Herzen.” Auch Pro7 kündigt unter dem Hashtag “#FreeESC”nicht weniger als ein “großartiges europäisches Musikevent” an.
Die Liebe von einst ist erkaltet
Vor genau zehn Jahren legten die ARD und Pro7 gemeinsam den Grundstein für Lena Meyer-Landruts Triumph in Oslo. Ein Jahrzehnt später nun ist diese Liebe erkaltet. Eine “Liebesheirat” nannte Raab den alten Deal einst spöttisch. Nun kommt es zum putzigen Kräftemessen. Es ist wie so oft nach einer Scheidung: Im Kampf um die Kinder (beziehungsweise Zuschauer) tun die Ex-Partner alles, um sich gegenseitig zu übertreffen. Auch wenn das mit Vernunft nicht viel zu tun hat.