Fortsetzung der Miniserie „All you need“: die Zerbrechlichkeit (schwuler) Liebe
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Ausflug in die Vergangenheit: Vince (Benito Bause, links) möchte endlich alles über Robbie (Frédéric Brossier) wissen.
© Quelle: ARD Degeto/Andrea Hansen
Da steckt viel Liebe drin. Nur wenige Sekunden, und man ist wieder ganz nah dran an Vince (Benito Bause) und Robbie (Frédéric Brossier) und ihrer schmerzhaften Trennung. Auch an Levo (Arash Marandi), der verzweifelt auf dem Sofa liegt und Dating-Apps durchswipt, auch wenn er eigentlich gar nicht bereit dazu ist. Und bald auch an Simon (Ludwig Brix) und Andreas (Tom Keune), den Neuzugängen der zweiten Staffel „All you need“. Natürlich alle schwul, alle auf ihre besondere Art liebenswert.
Wir erinnern uns: Am Ende der ersten Staffel, die aktuell auch für den Grimmepreis nominiert ist, kam es zum großen Beziehungsdrama. Vince hat Robbie, mit dem er eigentlich so glücklich war, nach einem Streit betrogen – und zwar ausgerechnet mit Tom, der großen Liebe seines besten Kumpels Levo. Alles fliegt auf, zwei Beziehungen und eine Freundschaft zerbrechen. So starten wir in die neue Staffel der Miniserie, die erneut die schwule Liebe zärtlich zelebriert und mit ihren starken Charakteren punktet.
Vince und Robbie – die heimlichen Stars der Serie
Der Fokus liegt dabei wieder auf Vince und Robbie, zumindest gefühlt. Sie sind die heimlichen Stars der Serie, stellen die anderen Geschichten fast ein bisschen in den Hintergrund, auch wenn das ganze Beziehungsgeflecht irgendwie zusammenhängt. Der Betrogene will nichts mehr von seinem früheren Freund Vince wissen und lässt sich in seiner kleinen Berliner Sozialwohnung gehen, bis Levo, ebenfalls betrogen und damit eine Art Verbündeter, ihn zwingt, sich aufzuraffen. Er schleppt den Leidensgenossen zu einem Rugbytraining für queere Menschen – und da kommt Andreas ins Spiel. Den hat Levo vorher bei einer skurrilen Sexparty kennengelernt, auf der beide fehl am Platz wirkten. Er ist der Trainer der Mannschaft und nimmt den passiv-aggressiven Robbie mit offenen Armen in seinem Team auf.
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Eine besondere Verbindung: Andreas (Tom Keune) freut sich über den Besuch von Levo (Arash Marandi, rechts), der Robbie (nicht im Bild) zu dessen Training bringt.
© Quelle: ARD Degeto/Andrea Hansen
Sowieso kommt mit Andreas ein neuer Charakter in die Serie, den man sofort gern hat. Er wird zur guten Seele der Staffel, gemütlich-liebevoll gespielt von Tom Keune. Und bringt zudem noch mal einen weiteren Aspekt von Diversität in die Serie – das Queersein. „Wie ist dein Pronomen?“, fragt einer der Spieler Robbie bei seinem ersten Training. Der reagiert verwirrt, die Szene geht weiter, alles ist gut. Auch das ein schöner Moment, der zeigt: Man muss nicht alles wissen, man kann dazulernen, wichtig ist nur die Toleranz.
Vince’ neuer Mitbewohner will mehr
Und während Robbie sich durch den Sport wieder etwas aufrappelt, hat Vince weiter an der selbstverschuldeten Trennung zu knabbern. Ablenkung bringt Simon, der zweite Neue dieser Staffel. Der zurückgekehrte Bruder von Sarina (Christin Nichols) – übrigens die einzige weibliche Hauptfigur der Serie – wird zu Vince’ neuem Mitbewohner. Und macht keinen Hehl daraus, dass er gern auch mehr als ein Kumpel für Vince werden würde. Doch der Medizinstudent hat dafür keine Augen: Er ist damit beschäftigt, Robbie irgendwie wiederzugewinnen.
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Simon (Ludwig Brix, Mitte) zieht bei Vince (Benito Bause) ein – und ist überglücklich darüber.
© Quelle: ARD Degeto/Andrea Hansen
Was folgt, sind vorsichtige Annäherungen, romantische Momente, die so schnell wieder kaputtgehen, wie sie entstanden sind. Und eine Reise in Robbies Vergangenheit, von der der Zuschauer oder die Zuschauerin aus der ersten Staffel schon weiß: Da lief irgendwas schief, Robbie ist auf Bewährung, musste Sozialstunden machen. Doch Vince weiß davon noch nichts. Sowieso weiß er nicht so viel über den Mann, den er so begehrt, ja, liebt. Gleichzeitig macht es den Charakter Robbie so besonders, dass er Informationen zurückhält, weil er Angst hat vor Zurückweisung. Diese verletzliche Art spielt Frédéric Brossier so glaubwürdig, so nachvollziehbar, dass man sich ganz nah dran fühlt. Dieser äußerlich starke Mann wirkt innerlich so zerbrechlich, dass man sich einfach wünscht, dass er jetzt nicht noch mal verletzt wird.
Die kleinen Dinge machen die Serie besonders
Es sind nicht die großen Handlungsstränge, sondern die kleinen Dinge, die diese Serie besonders machen. Wie der Moment, wenn Vince und Robbie kurz Händchen halten. Nichts Besonderes, könnte man denken. Doch in der ersten Staffel entwickelte sich genau daraus ein Streit der beiden – Vince wollte in der Öffentlichkeit nicht zu viel Nähe zeigen, aus Angst vor homophoben Reaktionen, auch vor rassistischen Reaktionen, wäre es doch nicht das erste Mal, dass ihm das passiert. Robbie wiederum war sauer, dass sein Freund nicht zu ihm steht, zu ihrer Liebe. Doch mit dieser kleinen Geste zeigt Vince nun: Auch ich bin bereit, meine Ängste zu überwinden.
Und auch die Öffentlich-Rechtlichen sind offenbar bereit, zu mehr Diversität zu stehen, wie sie es schon zuletzt ankündigten. Nicht nur, indem sie nun eine zweite Staffel dieser wunderbaren Serie zeigen, sondern sie im Gegensatz zum ersten Aufschlag diesmal auch im Hauptprogramm zeigen, wenn auch noch nicht zur Hauptsendezeit.
Magische Momente und ein offenes Ende
Dabei ist die Serie eine Empfehlung für jede und jeden. Denn die sechs Folgen, die sich auch gut am Stück schauen lassen, halten eine Menge kleiner, aber feiner magischer Momente bereit. Und schließen mit einem Ende, das eine dritte Staffel fast zwingend macht - und die die ARD kurz vor dem Start der neuen Folgen auch schon ankündigte.
Die zweite Staffel „All you need“ ist ab dem 22. April in der ARD-Mediathek abrufbar und läuft am 27. April ab 22.50 Uhr im Ersten.