Dramedyserie „All you need“: eine wunderbare Liebeserklärung an die (schwule) Liebe
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Kommen sich schnell näher – nicht nur körperlich: Vince (Benito Bause, links) verliebt sich in Robbie (Frédéric Brossier, rechts).
© Quelle: ARD Degeto/Andrea Hansen
„Weniger Familie und Tradition, mehr Feiern, Flirten, Ficken“: So denkt Levos Schwester über das Leben ihres schwulen Bruders. Kein Wunder, dass der genervt ist. Vielleicht hat er mit „vierzig ... fünfzig ... sechs-hundert?“ Männern schon geschlafen, doch das ändert nichts daran, dass er in Wirklichkeit tiefromantisch ist und an die große Liebe und Monogamie glaubt.
Levo (Arash Marandi) ist einer von vier schwulen Hauptcharakteren in der neuen ARD-Miniserie „All you need“ (ab 7. Mai in der ARD-Mediathek; am 16. und 17. Mai auf One im Fernsehen). In Berlin wohnt er mit seinem besten Freund, dem Medizinstudenten Vince (Benito Bause), in einer WG, bis Levo zu seinem neuen Freund Tom (Mads Hjulmand) in die Vorstadtidylle zieht. Der hat sich mit Anfang vierzig erst geoutet und von seiner Frau getrennt, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. Vieles ist neu für ihn, vieles verunsichernd. Und dann ist da noch Robbie, wunderbar verletzlich gespielt von Frédéric Brossier, den der umtriebige Vince im Club kennenlernt. Aus einem One-Night-Stand wird schnell mehr zwischen den beiden Endzwanzigern, und das, obwohl Vince bis dahin eher auf kurzweiligen Spaß aus war und noch keine feste Beziehung hatte.
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Verliebte Momente und verletzte Gefühle
Vier Männer, vier Geschichten, die irgendwie alle zusammenhängen. Es geht hier um hemmungslosen Sex und das vorsichtige Herantasten beim ersten Date, um große Entscheidungen und kleine Gesten, um verliebte Momente und verletzte Gefühle – ganz einfach: um Liebe. Um schwule Liebe. Man sollte es gar nicht mehr dazusagen müssen, doch viel zu selten sieht man solche Geschichten im deutschen Fernsehen – noch. Die ARD geht damit einen Schritt voran, wenn auch nicht mit einer Ausstrahlung im Hauptprogramm – sondern „nur“ in der Mediathek und bei One.
Aber Schritt für Schritt. Und ab und zu auch mal einen zurück – so ist es auch in der Serie. Dort weiß Vince immer noch nicht, wie offen er seine Homosexualität ausleben kann und will. Mal bewundert er seinen Freund Robbie dafür, dass der keine Angst hat, ihn auf offener Straße zu küssen, es gar einfordert, mal stößt er ihn zurück und ist genervt, sogar sauer deswegen. Da vermischt sich bei ihm einiges, hat er doch nicht nur mit seiner Angst vor homophoben Angriffen zu kämpfen, sondern wird in Alltagssituationen immer wieder auch rassistisch beleidigt. „Ich bin nicht nur schwul, ich bin auch schwarz“, wirft er seinem Freund an den Kopf, der ihm eigentlich nur öffentlich seine Liebe zeigen will und plötzlich selbst darüber nachdenken muss, sich nicht sensibel genug zu verhalten.
Eine moderne Liebeserklärung: „Ich habe alle meine Dating-Apps gelöscht“
Es sind vielschichtige Probleme, Gefühle und Situationen, die hier behandelt werden – von solchen, die Heterosexuelle nicht kennen, weil sie etwa Outing oder Knutschen in der Öffentlichkeit betreffen, bis zu solchen, die wohl jeder kennt: Eifersucht, Verlustängste, Einsamkeit, die Balance zwischen Nähe und Distanz, unterdrücktes Verlangen, unangenehme Geheimnisse oder auch einfach doofe Missverständnisse. Vince, Robbie, Levo und Tom lassen einen als Figuren dabei so nah an sich heran, dass es manchmal fast wehtut, man manchmal regelrecht sauer auf sie wird – warum macht er das jetzt? –, aber man auch mit ihnen fühlt und sich freut und aufgeregt ist, wenn etwa Vince Robbie nach ein paar Dates gesteht: „Ich habe alle meine Dating-Apps gelöscht.“ Eine moderne Liebeserklärung, wie sie romantischer nicht sein könnte.
Eine solche ist auch die ganze Serie in sich, für die schon eine zweite Staffel in Planung ist. Diese Dramedy – die Bezeichnung trifft es gut – feiert die Liebe, egal, mit wem.