„Yellowstone“-Spin-off bei Paramount+

Es war einmal in Montana – Harrison Ford und Helen Mirren in „1923“

Weg mit den Schafen: Im Rancher Jacob Dutton (Harrison Ford) haben die Schafhirten von Montana keinen Freund. Szene aus der Serie „Yellowstone“, die am 27. Mai bei Paramount+ startet.

Weg mit den Schafen: Im Rancher Jacob Dutton (Harrison Ford) haben die Schafhirten von Montana keinen Freund. Szene aus der Serie „Yellowstone“, die am 27. Mai bei Paramount+ startet.

Jacob Dutton blickt mit steinernem Gesicht auf sein Land. Tote Rinder liegen im Gras, überall summen die Fliegen. Eine Seuche rafft seine Herde dahin. Nicht das einzige Problem, mit dem sich der Rancher herumschlagen muss. Da sind noch diese irischen Schafbauern, die glauben, ihre Tiere ohne Erlaubnis auf dem Grund und Boden der Duttons weiden lassen zu können.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das Land ist das Land – kein Quadratzentimeter wird preisgegeben

Aber das Land ist das Land ist das Land. Seitdem der „weiße Mann“ es den Ureinwohnern Amerikas gestohlen hat, gibt er keinen Quadratzentimeter mehr her – auch nicht an die nachrückenden Iren. Sowieso: Schafe ruinieren das Grasland für Rinder und alle anderen Tiere. „Das Gras gehört Gott“, gibt der Schäfer Banner Creighton („Game of Thrones“-Star Jerome Flynn) dem Rinderbaron zu verstehen, „und du bist nicht Gott, Jacob!“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Gewiss nicht, jedoch Jacob – gespielt von Harrison Ford – straft schon mal wie Gott. Jüngst mit der Ehrenpalme der Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet und demnächst noch einmal als Abenteuerarchäologe Indiana Jones im Kino zu sehen, ist Ford als Jacob Dutton erstmals Held einer Serie gewesen. Danach spielte der 80-Jährige gleich noch den Therapeuten Paul in der AppleTV+-Comedyserie „Shrinking“, die indes schon im Januar startete. Sein Jacob Dutton ist keine Figur von der selbstironisch-augenzwinkernden Han-Solo- oder Indiana-Jones-Sorte, eher von der Unerbittlichkeit, mit der er als Rick Deckard in Ridley Scotts „Blade Runner“ (1982) desertierte Androiden jagte.

Harte Zeiten in der Vergangenheit, harte Zeiten warten in der Zukunft

„1923″ ist – nach „1883″ – ein weiteres Spin-off von „Yellowstone“, der meistgesehenen Serie im amerikanischen Kabelfernsehen. In Montana ist das Leben vor 100 Jahren hart, die gesetzlosen Zeiten sind noch nicht lange her und am Horizont der Zeit warten der Schwarze Donnerstag und die Weltwirtschaftskrise. Probleme werden von den Duttons mit Flinte oder Colt geregelt. „1923″ beginnt – Vorsicht, Spoiler! – entsprechend mit einem Schusswechsel – Helen Mirren als Cara Dutton lädt ihr Gewehr, ihr am Boden liegender Gegenspieler packt hektisch Patronen in seinen Trommelrevolver. Der Langsamere wird sterben.

Schon einmal spielte Helen Mirren Harrison Fords Frau – in Peter Weirs Zivilisationsfluchtdrama „Mosquito Coast“ (1986), das jüngst für Apple TV+ noch einmal als zweistaffelige Serie verfilmt wurde. 37 Jahre später sind sie nun die Herren auf der „Yellowstone“-Ranch.

Wie das kam? Die Ranch hatte Jacobs Bruder James mit seiner Frau Margaret (gespielt von dem Sängerehepaar Tim McGraw und Faith Hill) gegründet. Jacob und Cara hatten das Gut dann nach James’ Tod 1894 übernommen und sich der Erziehung von dessen Söhnen John (James Badge Dale) und Spencer (Brandon Sklenar) gewidmet, später noch der von Johns Sohn Jack (Darren Mann). Dessen Hochzeit mit der schönen Elizabeth (Michelle Randolph) muss zu Beginn von „1923“ um zwei Wochen verschoben werden. Der Rinder wegen. Cattle first!

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Auf der „Yellowstone“-Ranch spuken viele Geister. So verwundert es nicht, dass ausgerechnet Elsa (Isabel May), die schöne und hemdsärmelige Tochter von James Dutton, die in „1883″ auf tragische Weise starb, mit ihrem singenden Erzählton die Geschehnisse quasi aus dem Jenseits kommentiert: „Violence has always haunted the family“, raunt sie, „Gewalt war schon immer der Fluch dieser Familie.“

Gewalt ist auch ein nicht unumstrittenes Stilmittel des „1923″-Schöpfers, des texanischen Ranchersohns Taylor Sheridan, der mit seinem Talent für starke Charaktere, zündende Dialoge, schlichte Handlungen und dramatische Wendungen Seifenopern auf das Niveau großer Tragödien hebt. Sheridan-Serien sind Suchtmittel. Dabei nähert er sich gelegentlich der Grenze zur Unerträglichkeit – nicht nur, wenn Jacob Dutton in den Hügeln fernab der Stadt eine Lynchjustiz an den Schäfern vornimmt, die seine Zäune durchschnitten haben, um ihre Tiere erneut auf seinem Land weiden zu lassen.

Zwei Nebenhandlungen führen nach Afrika und in eine Missionsschule

Zwei Nebenhandlungen hat die Serie. Der Dutton-Erbe Spencer verdingt sich in Afrika als Jagdbegleiter für reiche Engländer, als sich die in Begleitung ihres langweiligen Verlobten befindliche Aristokratentochter Alexandra (Julia Schlaepfer) unsterblich in ihn verliebt. Und in einer Missionsschule mitten in der Prärie versuchen die unbarmherzige Nonne Mary (Jennifer Ehle) und der noch grausamere Priester Renaud (Sebastian Roché), indianischen Mädchen auf die streng katholische Weise die indigene Kultur auszutreiben. Die junge Teonna Rainwater (Aminah Nieves) aber lässt sich von den Jesusleuten weder durch Schläge noch durch Karzer brechen.

In den USA wurden speziell diese Szenen als sadistische Auslassungen gegenüber Mitgliedern der First Nations kritisiert. Sie erscheinen jedoch eher als Kritik Sheridans am bis heute stattfindenden und oft ungesühnt bleibenden Missbrauch der Kirche an minderjährigen Schutzbefohlenen.

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Teonna ist übrigens die Ahnin des Casino- und Reservatschefs Thomas Rainwater (Gil Birmingham), der in der Mutterserie „Yellowstone“ ein wechselhaftes Verhältnis zu den Duttons hat. Die Charaktere des „Yellowstone“-Universums hängen vertikal und horizontal zusammen, ihre Geschichten laufen aufeinander zu, verbinden sich. Dennoch: Jede der drei „Yellowstone“-Serien (eine vierte namens „6666″ ist in Vorbereitung) lässt sich problemlos ohne Kenntnis der anderen anschauen.

Der amerikanische Albtraum vom Nehmen und Schießen

Erzählt wird in „1923″ die Geschichte des Amerikanischen Traums, der in Wahrheit ein Alb von Nehmen und Schießen ist, von Gier, Raub und Rache. Ford macht sich gut in Sattel und Westernoutfit. Und Helen Mirren hat etwas von der Gravitas der Queen (die Rolle, für die sie 2007 den Oscar bekam), wenn sie etwa die vertagte Braut ihres Großneffen zum klärenden Gespräch auf die Veranda bittet. Und ist zugleich ein entschlossenes Flintenweib, wenn es darum geht, die Familie zu schützen. Mirrens Schottisch ist freilich wenig überzeugend, ebenso das Irisch von Jerome Flynn. Besser also, man schaut sich „1923″ in der synchronisierten Version an.

Die Bilder sind – wie oft bei Sheridan – ganz großes Kino. Auch dadurch erheben sich seine Serien über die Konkurrenz. Autos und Lkw töfftöffen durch die staubigen Straßen – Seit an Seit mit reitenden Cowboys. Und während es vorm Silver Dollar Soda Shop noch immer eine Saloonstange gibt, um Pferde daran anzubinden, plärrt in den Speakeasys, in denen heimlich Alkohol ausgeschenkt wird, munterer Jazz. Moderne verdrängt die alte Zeit, die nie gut war. „Seit ich 1894 hier ankam, gab es kein einziges Jahr, das leicht war“, befindet auch Jacob Dutton.

Das Schlimmste freilich kommt erst noch auf ihn zu.

„1923″, erste Staffel, zehn Episoden, von Taylor Sheridan, mit Helen Mirren, Harrison Ford, Brandon Sklenar, Julia Schlaepfer, Darren Mann, Aminah Nieves, Jerome Flynn, Michelle Randolph, Timothy Dalton (ab 27. Mai bei Paramount+)

Mehr aus Medien

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Top Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken