Mehr als nur ein Trend? Große Modeunternehmen setzen auf Secondhand
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Der Modehändler Zalando nimmt jetzt auch Secondhandware in Zahlung und schreibt seinen Kunden dafür per Gutschein Beträge gut.
© Quelle: Bodo Marks/dpa
Gebrauchte Kleidungsstücke finden sich meist in kleinen und modernen Läden, die nur für den Secondhandzweck existieren. Nun setzen auch immer mehr große Unternehmen auf das Prinzip: Neben der neuen Kollektion werden dann auch bereits gebrauchte Stücke angeboten. Ob direkt im Laden, wie die Warenhauskette Breuninger in Stuttgart es tut, oder im Onlineshop, wie es Zalando oder About You anbieten.
Auch H&M investiert in Secondhand – und das bereits seit 2015. Der Konzern besitzt 70 Prozent der Anteile von Sellpy – einer schwedischen Onlineplattform für Secondhandmode. 2020 holte H&M die Plattform auch nach Deutschland. Das Prinzip: Einfach eine Tasche bestellen und seine gebrauchten Stücke hineintun. Die Tasche an Sellpy zurücksenden und dann kümmert sich die Plattform um den Rest. Kauft jemand das Kleidungsstück, erhält der ehemalige Besitzer oder die Besitzerin 40 Prozent.
„Pre-owned“ Mode der Konzerne – nachhaltig und einfach?
„Mit 21 mal weniger Emissionen im Schnitt, ist unsere pre-owned Mode nachhaltiger als Neue“, wirbt die Plattform. Demnach entstehen nach Angaben des Unternehmens lediglich 0,225 kg CO₂-Äquivalente durch die Aufbereitung und den Verkauf der Kleidung. Die Herstellung eines neuen Artikels verursache im Vergleich 4820 Kilo CO₂-Äquivalente.
Ein ähnliches Konzept bietet Zalando auf seiner Webseite unter „Pre-owned“: Seit September können Kunden gebrauchte Ware einpacken und kostenlos zum Onlinehändler schicken. Die alte Kleidung wird dann in neues Shoppingguthaben eingetauscht. Das gilt jedoch nur für die Stücke, die auch damals von Zalando erworben wurden. Wie viel die eigenen Schmuckstücke wert sind, lässt sich bereits online nachschauen. So würde beispielsweise ein Paar ein Jahr alte Sneaker, die beim Kauf etwa 110 Euro kosteten, nun knapp 10 Euro Guthaben einbringen.
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Ein Screenshot zeigt den "pre-owned"-Bereich auf Zalandos Internetseite.
© Quelle: RND
Luxus für alle
Unter „Second Love“ bietet auch About You bereits getragene Mode an. Von etwa 345.000 Artikeln stammen die meisten von Mädchenflohmarkt, der führenden deutschen Onlineplattform für Secondhandkleidung. About You bietet hier sogar gerade ursprünglich teure Marken von Ralph Lauren bis Prada an. Dass gerade Luxusmarken von Beliebtheit zeugen, haben auch Konzerne wie Kering, zu dem unter anderem Gucci, Saint Laurent oder Balenciaga gehören, erkannt.
Kering investierte im März in Vestiaire Collective, die weltweit führende Onlineplattform für Luxusmode aus zweiter Hand. „Der Gebrauchtmodesektor hat in den letzten drei Jahren ein rasantes Wachstum mit einer weiteren Beschleunigung während der Pandemie erlebt. Dies ist vor allem auf den verstärkten Fokus jüngerer Verbraucher auf Nachhaltigkeit und einen wachsenden Trend zu Social Shopping und Online-Communities zurückzuführen“, heißt es von Vestiaire Collective.
Studie: 34 Prozent haben bereits gebrauchte Kleidung gekauft
Dass der Secondhandtrend wächst, zeigen auch verschiedene Studien. Laut der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG zusammen mit dem EHI Retail Institute haben 34 Prozent der Befragten bereits einmal gebrauchte Kleidung gekauft. Weitere 28 Prozent können sich zumindest vorstellen, secondhand einzukaufen.
Zukünftig solle der Trend sogar noch mehr an Relevanz gewinnen: Die Autoren gehen davon aus, dass Secondhandkleidung in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von 20 Prozent einnehmen könnte und damit zu einem bedeutsamen Teil des Fashionhandels wird. Denn die Kundschaft ist groß: Nach Daten des Meinungsforscherinstituts YouGov ergebe sich durch Hochrechnung eine Zielgruppe von etwa 20 Millionen Deutschen. Neben der Nachhaltigkeitsdebatte könnten auch die Digitalisierung des Secondhandgeschäfts und die aufspringenden großen Konzerne mitverantwortlich für diese Entwicklung sein.
Secondhand in der Einkaufspassage
Nicht nur online, sondern auch in den Einkaufsstraßen wird diese Bewegung immer sichtbarer: In einer Hamburger C&A-Filiale gibt es seit Juni diesen Jahres einen Pop-up-Store des Secondhandshops Carou. Die Kaufhauskette Breuninger hat ebenfalls seit einigen Wochen einen Bereich in seinem Stuttgarter Geschäft eingerichtet, in dem bereits verwendeten Kleidungsstücke des Onlineshops „Vite Envouge“ gekauft werden können.
Neben Kleidung aus zweiter Hand erobern auch andere Konzepte die deutschen Innenstädte. In den „Kleiderei“-Stores in Köln und Freiburg heißt es beispielsweise „Leihen statt kaufen“. Mitglieder können hier vier Teile zeitgleich ausleihen und diese beliebig oft im Laden wieder eintauschen. Dem Konzept stehen jedoch noch viele Menschen eher kritisch entgegen: Der KPMG-Studie nach würden 58 Prozent keine Kleidung ausleihen – 37 Prozent würden sich dies nur zu bestimmten Anlässen vorstellen können.
Was die Befragten jedoch am meisten überzeugt – noch mehr als Secondhandmode – sind nachhaltige beziehungsweise recycelte Ware. Demnach kaufen bereits 56 Prozent der Menschen nachhaltige Kleidung und 73 Prozent können es sich vorstellen, diese künftig zu beziehen. Recycelte Kleidungsstücke besitzen zwar lediglich 28 Prozent der Befragten, 58 Prozent gaben jedoch an, es in Erwägung zu ziehen. Dass nachhaltige Konzepte den Modemarkt also in Zukunft weiter einnehmen werden, ist wohl unumstritten.