Warum der Hashtag „Same body, different pose“ nicht zu einem realistischeren Schönheitsideal beiträgt
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Nicht alle Hashtags und Bewegungen machen das Leben mit Social Media einfacher.
© Quelle: imago images/Panthermedia
Hannover. Bauch einziehen, Po zusammenkneifen, Schultern zurück und klick! Influencer, es ist allseits bekannt, arbeiten mit allerlei schmutzigen Tricks: Da wird gepost, gephotoshopt und gefacetunt – und spätestens seit dem Hashtag #nofilter auch noch auf Authentizität und Nahbarkeit gesetzt. So präsentieren sich selbst ernannte Skinfluencer mit unreiner Haut oder feiern Dehnungsstreifen, so wie die Influencerin Sara Shakeel bei ihrem Kunstprojekt Glitterstretchmarks.
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Selbst Promis machen dann und wann mit. Zum Beispiel hält das Model Daniela Katzenberger ihren schwarzen Haaransatz in die Kamera, Schauspielerin Bella Thorne zeigt sich direkt nach dem Aufwachen mit Schlaf in den Augen und die ehemalige „Germany’s Next Topmodel“-Teilnehmerin Elena Carrière mit Cellulite an den Beinen.
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Zwei Bilder: „Instagram-Pose“ und die Normalität
Einen ähnlichen Versuch, das nicht ganz Perfekte zum Instagram-Inhalt zu machen, wagen nun – meist weibliche – Influencer mit dem Hashtag #samebodydifferentpose. Dabei laden sie zwei Bilder von sich hoch: Auf dem ersten stehen sie in einer der typischen Instagram-Posen, mit angespannten Bauchmuskeln, nach hinten gekipptem Becken und einer Lücke zwischen den Oberschenkeln. Auf dem zweiten lassen sie sich ablichten, ohne zu posen, und offenbaren so den untrainierten Bauch oder eine Thigh-Gap-freie Beinpartie.
Zur Sicherheit sind viele der Bilder dann noch mit dem Schriftzug „Same body – different pose“ betitelt. Auf diese Weise soll der Hashtag einen Blick hinter die Kulissen der Instagram-Scheinwelt ermöglichen und zeigen, dass Influencer auch normale Menschen mit normalen Körpern sind.
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Bitte natürlich – aber nicht zu sehr
Eigentlich ein guter Ansatz: „Generell führen solche Instagram-versus-Reality-Posts dazu, dass man sich weniger schlecht fühlt“, sagt Regine Frener, Doktorandin am Lehrstuhl für Medienpsychologie der Universität Hohenheim. Sie beschäftigt sich unter anderem damit, wie sich sozialen Medien auf das Schönheitsempfinden und das eigene Körperbild auswirken. Allerdings gibt sie zu bedenken: „Bei dem Thema ‚same body, different pose‘ gibt es ein sehr homogenes Schema, nach dem diese Posts aufgebaut sind. Meist sind es dann doch sehr dünne, weiße, hübsche Frauen, die sich in zwei Posen präsentieren.“
Der Mut hat Grenzen
An dem Beispiel dieses Hashtags wird auch deutlich, wo der Mut zum Natürlichen seine Grenzen hat. „Alles, was im normalen Bereich ist, zeigt man gern“, sagt die Medienpsycholgin Frener, sprich: Pickel, Augenringe, Fältchen oder auch mal ein kleines Speckröllchen. „In die extremeren Bereiche geht es dann aber eher nicht“, sagt Frener – vor allem nicht beim Thema Gewicht. „Das liegt daran, dass Übergewicht im Gegensatz zu anderen Makeln sehr stark stigmatisiert ist und gesellschaftlich am stärksten verurteilt wird.“ Der Grund dafür: „Bei Übergewicht tendiert man dazu, die Schuld dafür der Person zuzuschreiben“, erklärt Frener, man gehe gemeinhin davon aus, dass jeder Mensch für sein Gewicht selbst verantwortlich sei.
Benachteiligung in allen Bereichen
Diese Diskriminierung hat viele Gesichter. Der Medienpsychologin zufolge wisse man aus Jahrzehnten Forschung, dass übergewichtige Menschen schon bei der Berufseinstellung benachteiligt würden, dass sie weniger Geld verdienten und eher entlassen würden. Auch verbinde man Übergewichtige überdurchschnittlich oft mit bestimmten negativen Verhaltens- und Charaktereigenschaften, so wie Faulheit, Undiszipliniertheit oder Unattraktivität.
Dagegen genießen normalgewichtige und sehr schlanke Menschen Vorteile, derer sie sich oft nicht einmal bewusst sind, oft auch bezeichnet als „thin privilege“. Für sie ist es beispielsweise selbstverständlich, dass es die Kleider in jedem Modegeschäft auch in ihrer Größe gibt, dass sie beim Einkaufen Cola und Schokoriegel aufs Kassenband legen dürfen, ohne beäugt zu werden – und eben auch, dass sie mit der richtigen Pose eine Lücke zwischen den Beinen und einen straffen Bauch haben.
Bewegung sollte eigentlich für Übergewichtigendiskriminierung sensibilisieren
Dabei sind all diese Dinge nicht selbstverständlich, wie die Kommentare neben den „Same body, different pose“-Beiträgen zeigen. „Ich HABE einfach keine Sanduhrfigur, egal mit welcher Pose“, kommentiert beispielsweise eine Nutzerin eines der bekanntesten Postings. „Haben die meisten Leute nicht“, antwortet ein anderer Nutzer, „immerhin hast du ein hübsches Gesicht.“ Der Kommentar der Nutzerin hat fünf Gefällt-mir-Angaben – der Beitrag selbst über 80.000.
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Besonders irreführend und fast schon ironisch ist auch der Bezug, den einige der Influencerinnen zu dem Thema Body-Positivity herstellen: Denn dabei ging es ursprünglich nicht primär darum, sich selbst und den eigenen Körper zu akzeptieren. Stattdessen ist die Bewegung aus dem amerikanischen „fat acceptance movement“ entstanden, das die Gesellschaft für die Übergewichtigendiskriminierung sensibilisieren und diese langfristig abschaffen will.
Psychologin: Posts könnten Diskriminierung noch verstärken
Die Medienpsychologin Regine Frener ist daher der Meinung, dass der Hashtag „same body, different pose“ keinesfalls dazu beiträgt, dass letztlich alle Körpererscheinungen als normal und gut angesehen werden. Im Gegenteil: Sie glaubt, dass diese Art von Posts die Diskriminierung noch verstärken können. „Die Aufmerksamkeit liegt dann wieder auf den schlanken Frauen in Unterwäsche. Damit werden übergewichtige Personen wieder aus dem Fokus der Aufmerksamkeit herausgerückt und gleichzeitig aber dem Direktvergleich mit den sehr schlanken Frauen ausgesetzt.“
Social-Media-Horizont erweitern
Wer nun also als Normalgewichtiger die Welt ein Stückchen besser machen möchte, kann vor allem zwei Dinge tun: einerseits darauf verzichten, einen „Same body, different pose“-Post auf Instagram hochzuladen. Und zweitens seinen Social-Media-Horizont um einige Influencer erweitern, die die Aufmerksamkeit weg von ihrem Körper und hin zu ihren Charaktereigenschaften lenken. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa die australische Komikerin Celeste Barber – sie stellt auf humorvolle und herrlich natürliche Weise Modelfotos nach.