Rock über Hose – wie soll man das bloß stylen?
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Bei Marc Jacobs auch für den Mann angesagt: das Rock-über-Hose-Prinzip.
© Quelle: Photoshot/dpa
Die Achtziger, die Neunziger, die Sechziger, die Siebziger und irgendwie auch noch das Beste von heute – die Mode überschüttet uns mit Trends und Looks, die suggerieren: Erlaubt ist, was gefällt. Doch gleichzeitig birgt diese vermeintliche Freiheit die größten Gefahren für Fashionunfälle.
Onlineshops, Magazine und Blogs mögen die Vielfalt an Farben, Kombinationen und Schnitten loben, gleichzeitig geben sie Leserschaft und Kundenkreis jedoch jede Menge Dos und Don‘ts mit auf den Weg. Eine Auswahl an willkürlich zusammengesuchten Warnungen: Beige ist total in – aber bitte tragen Sie es nicht Ton in Ton, das kann sich nur Herzogin Meghan leisten. Twinsets trenden. Und zwar für Frauen unter 40, ansonsten müssen Sie mit dem Risiko leben, altbacken zu wirken. Kastige XXL-Blazer mit überlangen Ärmeln sind cool. Wenn man Rihanna heißt. Tragen Sie vor allem im Büro nie Kleidung, die zu groß wirkt. Leggings feiern ein Revival, doch vermeiden Sie Raubtierprints und tragen Sie keine Röcke darüber. Wirklich nicht? Röcke über Hosen sind diesen Winter doch sowohl bei Frauen als auch bei Männern angesagt.
Rock über Hose birgt genug Fettnäpfchen
Das Rock-über-Hose-Phänomen birgt an sich ja schon genug Fettnäpfchen. Man könnte denken, die strumpfhosenähnlichen Leggings unter dem Rock wären noch die sicherste Variante, um nicht verkleidet, aber dennoch modisch up to date auszusehen. Doch es ist kompliziert – wie so vieles in der Mode. Und da fängt es dann auch schon damit an, dass sie keinen Spaß macht.
Niemand sollte Röcke über Hosen tragen müssen. Aber wenn er oder sie es will, dann sollte es doch egal sein, wie kurz, lang, weit oder eng die Kleidungsstücke sind und ob es sich bei der Hose um Leggings oder Jeans handelt. Aber nein, das Magazin „Harper’s Bazaar“ schwärmt zwar für die neue Variante des „Layering“, das auf so mutige Weise „gefestigte Stilregeln ins Wanken bringt“, mahnt aber zu „Feingefühl“ beim Stylen.
Bei Louis Vuitton gibt man sich wenig zurückhaltend
Wie das gehen soll, ist nicht ganz klar, die großen Designlabels jedenfalls scheinen gerade das Gegenteil zu favorisieren. Auf jeden Fall tragen sie dick auf und mixen völlig enthemmt Farben, Stoffe und Materialien zu einem einzigen Kleiderberg, den man dann Outfit nennt. Bei Prada, Versace oder dem kanadischen Luxuslabel Ports 1961 hat man im Übrigen keine Hemmungen, Röcke auch über Leggings beziehungsweise sehr schmale Lederhosen zu ziehen. Raf Simons, Co-Creative-Director bei Prada, möchte das offenbar als Form von Understatement verstanden wissen: Es sei nicht richtig, jetzt zu überschwänglich zu sein, ließ er gegenüber Medien verlauten.
Bei Louis Vuitton und Marc Jacobs gibt man sich weniger zurückhaltend, da werden die Proportionen ganz bewusst verschoben: Jacken- und Pulloversäume sind entweder ultrakurz oder megalang, Hosen extrem weit oder sehr schmal, Röcke sitzen auf den Hüften, sind bauschig oder eng. Alles sieht nach Zwiebellook in seiner extremsten Form aus, und man fragt sich, ob dieses textile Gesamtkunstwerk es verträgt, wenn man sich zwischendurch eines Teils, etwa der Jacke oder des Blazers, entledigt. Womöglich passt dann am Ende nichts mehr zusammen – und Coco Chanels Formel für den stilsicheren Auftritt ist endgültig Geschichte: „Werfen Sie einen Blick in den Spiegel, bevor Sie das Haus verlassen, und legen Sie wenigstens eine Sache wieder ab“, sagte sie einst. Im Zweifel könnte es der Rock sein.