Tschüs, Chef! Diese Wege führen vorzeitig in den Ruhestand
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Nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie mit Homeoffice und Kurzarbeit wünschen sich viele Erwerbstätige, früher aus dem Job auszusteigen.
© Quelle: Stephan Scheuer/dpa
Berlin. Zuerst ein Blick auf die Statistik: Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gingen im Jahr 2019 in Deutschland 816.000 Menschen in Rente, im Durchschnitt waren sie dabei 64,3 Jahre alt. Damit waren die Neuruheständler zwar etwas älter als der Durchschnittsrentner vergangener Jahre. Für einen regulären Renteneintritt müssen Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1964 allerdings sogar bis zum 67. Geburtstag arbeiten.
Aus Sicht vieler Deutscher kann der bezahlte Ruhestand aber nicht früh genug starten. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahre 2020 träumen 56 Prozent davon, früher in Rente zu gehen und ihren Ruhestand genießen zu können.
Was ist gesetzlich möglich?
Um vorzeitig in Rente zu gehen, müssen Versicherte bestimmte Voraussetzungen erfüllen. DRV-Rentenexpertin Gundula Sennewald erklärt drei Varianten für die vorgezogene Altersrente.
1. Rente mit 45 Beitragsjahren: Wer lang genug eingezahlt hat, kann vor dem regulären Renteneintritt in Rente gehen. Die Altersgrenze von 63 Jahren wird hier stufenweise, je nach Geburtsjahrgang, angehoben. In diesem Jahr liegt sie bei 64 Jahren. Können Versicherte mindestens 45 Beitragsjahre vorweisen, wird die Rente ohne Abschläge überwiesen.
Gut zu wissen: Die Frührente gibt es zwar ohne Abzug. Doch da weniger Rentenpunkte als bis zum regulären Renteneintritt gesammelt werden, bleibt am Ende weniger Geld als regulär möglich wäre.
Wichtig: Das Eintrittsalter für die abschlagsfreie Rente mit 45 Versicherungsjahren wird kontinuierlich angepasst. Das heißt: Es steigt für jeden Jahrgang an. Für den Jahrgang 1958 liegt es zum Beispiel bei 64 Jahren. Eine entsprechende Tabelle gibt es hier (Seite 11/12).
2. Rente mit 63, ab 35 Beitragsjahren: Wer mindestens 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten – auch Schul- und Ausbildungszeiten sowie Zeiten der Arbeitslosigkeit – aufweist, muss mit Einbußen rechnen. Der Abzug beträgt bis zu 14,4 Prozent. Konkret heißt das: Für jeden Monat, den sich der Versicherte vorzeitig vor dem regulären Renteneintritt verabschiedet, werden 0,3 Prozent von der Rente abgezogen. Dieser Abschlag bleibt dauerhaft bestehen.
3. Schwerbehinderung: Für Menschen mit Schwerbehinderung von mindestens 50 Prozent gelten besondere Regeln. Sie müssen nicht so lange arbeiten wie Menschen ohne Beeinträchtigungen. Allerdings muss eine Mindestversicherungszeit – Wartezeit genannt – von 35 Jahren erfüllt sein.
Der individuell mögliche Rentenbeginn und die zu erwartende Rentenhöhe für alle drei Varianten lassen sich hier errechnen.
Eine höhere Rente „kaufen“
Wie aber lassen sich bei vorzeitigem Renteneintritt finanzielle Einbußen verhindern oder verringern? „Wer mindestens 50 Jahre alt ist, kann freiwillig in sein Rentenkonto investieren“, sagt DRV-Rentenexpertin Gundula Sennewald. „Um bei einer monatlichen Bruttorente von 1000 Euro einen lebenslangen Abschlag von rund 100 Euro auszugleichen, muss der Versicherte aktuell etwa 22.000 Euro an die Rentenkasse überweisen.“
Beispiel: Die DRV teilt Ihnen mit, dass Ihre Rentenanwartschaft 1200 Euro beträgt. Wenn Sie drei Jahre früher aus dem Arbeitsalltag ausscheiden, beträgt Ihre Rente noch 1070 Euro. So gerechnet: 1200 x (1 – 36 x 0,003) = 1070. Diese – lebenslange – monatliche Minderung um 130 Euro können Sie durch eine – einmalige – Sonderzahlung von 32.835 Euro ausgleichen (Quelle: DRV, basierend auf Zahlenwerten ab 1.7.2021).
Wie funktioniert Altersteilzeit?
Eine weitere Möglichkeit, um eher aus dem Job auszusteigen, ist die Altersteilzeit. „Hier handelt es sich nicht um eine vorgezogene Altersrente, sondern um eine gleitende Übergangsphase vom Job in die Rente“, erklärt DRV-Rentenexpertin Sennewald. „Einen rechtlichen Anspruch auf Altersteilzeit gibt es nicht – bei diesem Modell muss der Arbeitgeber mitspielen.“ Interessierte sollten hier direkt ihren Arbeitgeber ansprechen.
Es gibt zwei Varianten: Beim Blockmodell reduziert der Beschäftigte zum Beispiel für vier Jahre seine Arbeitszeit, er arbeitet in den ersten zwei Jahren voll und in den folgenden zwei Jahren gar nicht mehr. Sein Teilzeitgehalt fällt aber in beiden Blöcken gleich hoch aus. Im Gleichverteilungsmodell bleibt die Arbeitszeit konstant über den vereinbarten Zeitraum aufgeteilt – das eignet sich also nicht für den vorzeitigen Ruhestand.
Rat holen, clever planen
„Egal, welches Modell der Versicherte für seinen vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben favorisiert, er sollte sich gut informieren – am besten bei einer Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung“, rät DRV-Rentenexpertin Sennewald. „Denn die individuellen Beiträge und Abschläge selbst zu berechnen, ist bei der komplexen Materie für die meisten Menschen zu kompliziert.“ Die Beratungen sind kostenfrei.