Biohacking: Im Bann der eigenen Werteermittlung

Ein wesentlicher Bestandteil des Biohackings ist das Messen von Körperdaten.

Ein wesentlicher Bestandteil des Biohackings ist das Messen von Körperdaten.

Allein der Begriff, der sich aus den beiden Wörtern „Bio“ und „Hacking“ zusammensetzt, klingt nach Science-Fiction: als ginge es darum, mithilfe verschiedener Körperdatentracker die geheimen Codes der eigenen Genetik zu entschlüsseln, um sie anschließend neu zu programmieren. Ganz so falsch ist der Gedanke nicht.

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Auch wenn keine einheitliche, allgemein anerkannte Definition für den Begriff existiert: Das liegt unter anderem daran, dass jeder Mensch selbst bestimmt, wie er seinen eigenen Körper mittels Biohacking optimieren möchte – und wie weit er dabei gehen will. Das Ziel ist hingegen immer gleich: den eigenen Körper so optimieren, dass ein möglichst gesundes, produktives und langes Leben möglich ist.

Fragwürdige biologische Experimente

„2007 kam in Amerika der Trend zur Selbstvermessung auf“, sagt Max Gotzler, einer der bekanntesten deutschen Biohacker. Er hat mehrere Bücher, zuletzt „Der tägliche Biohacker“ (Finanzbuch-Verlag), veröffentlicht. Aus der Selbstvermessung mithilfe diverser Tracker sei der Biohackingtrend entstanden: eine Methode, um anhand von Werten wie Blutdruck, Puls oder der Schlafqualität zu verstehen, was genau gerade im eigenen Körper passiert – und wie sich etwa Veränderungen im Schlaf-, Ernährungs- oder Bewegungsverhalten auswirken.

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Voll im Trend: Intervallfasten

Intervallfasten wird immer beliebter – vermutlich, weil, im Gegensatz zum klassischen Fasten, gegessen werden darf.

Crispr-Cas-System verändert die eigene Genetik

Allerdings, sagt Gotzler, beinhalte der Begriff des Biohackings eine sehr große Bandbreite. „Dass kann damit anfangen, nach welchem Rezept man seinen Morgenkaffee zubereitet oder wie man die Lichtverhältnisse daheim regelt, und damit enden, dass man mithilfe des sogenannten Crispr-Cas-Systems seine eigene Genetik verändert.“

Das Crispr-Cas-System ermöglicht es, einzelne Bausteine der DNA gezielt zu entfernen oder zu modifizieren. Ein bekannter Biohacker, der diese Methode anwendet, ist der amerikanische Wissenschaftler Josiah Zayner. Er ist der Meinung, dass jeder Mensch Zugang zu der Methode haben sollte und vertreibt mit seinem Unternehmen The Odin daher Crispr-Bausätze, die zum Beispiel zu mehr Muskelmasse verhelfen sollen.

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Do-it-yourself-Biologie

Da derartige Experimente meist in privaten, provisorisch eingerichteten Laboren daheim stattfinden, nennt man diese Form des Biohackings auch Do-it-yourself-Biologie. Die Extremform des Biohackings ist auch als Bodyhacking bekannt: Dabei versuchen sogenannte Bodyhacker oder Grinder, verloren gegangene körpereigene Funktionen wiederherzustellen oder die fünf Sinne mithilfe technischer Implantate zu erweitern und durch unter die Haut eingesetzte Magnete, Chips oder Sensoren etwa magnetische Strömungen wahrzunehmen.

Biohacking: Interesse steigt kontinuierlich

Was alle Fans des Biohackings eint, ist der Drang, sich auszuprobieren. „Der typische Biohacker ist für mich eine Art Schamane mit Smartwatch“, sagt Gotzler, „ein Daniel Düsentrieb für den eigenen Körper.“ 2013 hat Max Gotzler selbst mit dem Tracken angefangen. Für ihn als Basketballspieler stand dabei zunächst die körperliche Leistungsfähigkeit im Fokus. Später, als er mehr Augenmerk auf seine Laufbahn als Unternehmer, Podcaster, Blogger und Buchautor legte, waren für ihn stattdessen eine höhere Konzentration und Produktivität wichtig. „Biohacking ist sehr individuell und lebensabschnittsabhängig“, sagt Gotzler, „man fragt sich immer wieder von Neuem, was Körper und Geist gerade brauchen.“

Messen von Körperdaten ist wichtig

Ein wesentlicher Bestandteil des Biohackings ist das Messen von Körperdaten. Für den Einstieg eignen sich kostenlose Tools wie die App Sleep Cycle. Einfacher lassen sich diverse Daten aber mithilfe technischer Gadgets wie einer Smartwatch erfassen.

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Der Sportmediziner Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule umschreibt Biohacking so: Man versucht, ähnlich einem Hacker, der ein Computerprogramm verändern will, das körpereigene Programm durch Reize zu verändern. Ein Beispiel: eine Fastenkur während einer intensiven Trainingsphase. Der Körper muss viel leisten, bekommt aber wenig Kalorien und wird damit relativ hohem Stress ausgesetzt. „Das führt zu einer Entgiftung, aber verändert auch das System“, sagt Bloch, der dieses Vorgehen in einem Experiment mit Sportlern untersucht hat. „Bei einem Großteil war danach der Stoffwechsel umgestellt, ihr Körper hat Nährstoffe anders verarbeitet.“

Leben wieder in die eigene Hand nehmen

In den vergangenen acht Jahren sei das Interesse an Biohacking stetig gestiegen. Woran das liegt? „Wir leben in einer Welt, in der wir permanent von Reizen überflutet werden“, erklärt der Biohackingexperte, „seien es Nahrungsmittel, die uns schmecken, Serien, die uns fesseln, oder Produkte, die gekauft werden wollen.“ Mittlerweile gebe es aber immer mehr Menschen, die nicht mehr derart „fremdbestimmt“ sein wollten, sondern ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen wollen – laut Gotzler also eine Art „Demokratisierung des persönlichen Wohlergehens“.

Es gehe darum, den „echten“ freien Willen wieder zu stärken und sich von den Verlockungen der modernen Welt nicht verleiten zu lassen, sondern stattdessen bewusst selbst zu entscheiden, was man isst, schaut oder kauft und daraus nach und nach gesunde Routinen zu entwickeln.

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