Toxische Beziehungen: Früher war nicht alles besser

Toxische Beziehungen sind kein neues Phänomen, stellt Christian Hemschemeier in seiner neuen Kolumne fest (Symbolfoto).

Toxische Beziehungen sind kein neues Phänomen, stellt Christian Hemschemeier in seiner neuen Kolumne fest (Symbolfoto).

Warum gibt es so viele toxische Beziehungen? Diese Frage stellen sich bestimmt ganz viele Menschen, und vor allem die Zuschauer meines Youtube-Kanals beziehungsweise die Nutzer meiner Kurse. Ich glaube, die Frage ist sehr wichtig, aber eigentlich ist sie falsch gestellt. Ich würde die Frage gerne mal so formulieren: Warum fällt uns jetzt auf, dass wir so viel in toxischen Beziehungen sind oder waren? Womöglich schon über Jahrhunderte?

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Schieflage schon lange vorhanden

Es ist ein bisschen so wie mit einer heftigen Erkältung (kein Corona) und Fieber. Das Fieber ist in aller Regel nicht das Problem, sondern einfach die reinigende Reaktion des Körpers auf eine Erkrankung. Genauso scheint es mir mit toxischen Beziehungen zu sein. Die Schieflage in den Beziehungen gab es oft schon lange. Manchmal in einer langen Beziehung, manchmal als Muster über viele Beziehungen, das man einfach noch nicht erkannt hatte.

Ein „Crash“, eine toxische Beziehung oder die toxische Zuspitzung in einer langen Beziehung sind einfach so starke Impulse, dass man sie nicht mehr übersehen kann. Es ist der Ruf nach neuen Beziehungen, der uns dann erreicht; unsere Seele möchte uns weiter forttragen von diesen alten Täter-Opfer-Beziehungen.

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Es ist ähnlich wie bei Suchtthemen. Es reicht oft nicht zu wissen, dass einem etwas nicht guttut. Meistens muss man erst einmal richtig aufprallen, bevor man seine bisherigen Handlungsweisen so wirklich infrage stellt.

Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Wenn man dieser Argumentation folgt, dann kann mal darüber nachdenken, ob es in vorangegangenen Generationen denn wohl auch so viele giftige Kontakte gab. Spoiler: Es gab wohl noch viel mehr als heute.

Keine Beratungsstelle um die Ecke

Wenn ich früher meinen Eltern zuhörte, was die so aus ihrer Kindheit oder der Kindheit meiner Großeltern zu erzählen hatten, dann war das Leben nicht nur viel rauer: In den Familien passierten einfach viel mehr krasse Sachen und es gab kein Internet, in dem man recherchieren konnte, oder eine Beratungsstelle um die Ecke. Die klinische Psychologie im engeren Sinne gibt es ebenfalls nicht wesentlich länger als einige Generationen.

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Das sollte man übrigens auch bedenken, bevor man seine Erzeuger an den Pranger stellt für alles, was in der Kindheit suboptimal gelaufen ist (die Kindheit unserer Kinder verlief übrigens auch nicht so golden, wie man denkt – in jungen Generationen gibt es viel Depression und Verzweiflung am Leben).

Ich würde sagen, heutzutage schauen wir viel genauer hin. Eines der Kernkonzepte meiner „Umprogrammierung des Liebeschips“ ist die Trennungskompetenz. Also die emotionale Fähigkeit zu gehen, wenn haarsträubende Dinge passieren. Diese Kompetenz war einem früher leider wenig hilfreich, weil es gesellschaftlich oder wirtschaftlich einfach nicht die Möglichkeit gab zu gehen. Da sollten wir wirklich dankbar sein, dass wir immerhin so weit schon gekommen sind.

Zu sehr auf das Ego gebaut

Sicherlich wird der Begriff toxische Beziehungen inzwischen etwas inflationär genutzt, insbesondere wenn er benutzt wird, um mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wenn er aber dazu dient, dass wir erkennen, dass wir schon seit Ewigkeiten Beziehungen zu sehr auf Macht/Ohnmacht-Strukturen und das Ego aufgebaut haben, dann ist das eine gute Sache.

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Und erst, wenn wir die Distanz und das Bewusstsein haben für diese Strukturen (vor allem auch in uns selbst) – erst dann kann es zu Verbesserungen kommen. Zunächst auf einer persönlichen Ebene, dann aber natürlich auch immer mehr auf gesellschaftlicher Ebene. Und das wären doch wirklich gute Nachrichten, oder?

Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein neues Buch „Vom Opfer zum Gestalter – raus aus toxischen Beziehungen“ ist gerade erschienen.

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