Analyse nach Beziehungsende: Wer von uns war der toxische Partner?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/ZXNTAVTWWJGLHH3X2S5J5IY5IU.jpg)
Viele Menschen in toxischen Beziehungen werden regelrecht krank.
© Quelle: skynesher/iStockphoto
Hannover. Toxische Beziehungen sind zu einem Buzzword geworden, und das ist auch gut so. Denn unter dysfunktionalen Beziehungen leider wirklich viele Menschen. Manche Menschen tun das vielleicht ab als „normale“ Beziehungsprobleme. Tatsächlich aber werden viele Menschen regelrecht krank in diesen Beziehungen, ob körperlich oder psychisch. Toxische Beziehungen leben dabei von den Gegensätzen. Einfach gesagt, gibt es einen Nehmer und einen Geber. Der Nehmer hat naturgemäß häufig nicht so einen großen Leidensdruck, der Geber schon – vor allem wenn nur die sprichwörtlichen Beziehungskrümel für ihn übrig bleiben.
Paradoxerweise haben diese Beziehungen eine gewisse Stabilität, so lange beide Partner in ihren Positionen bleiben. Wenn aber der Geber plötzlich nicht mehr mitspielt und keine Lust mehr hat, sich etwas ruppig behandeln zu lassen, dann kann die ohnehin schon schwierige Beziehung noch viel instabiler werden.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Pluspole wollen etwas zurückbekommen
Aber auch der Geber ist nicht immer nur der arme Empath. Ich nenne diese Geber auch „Pluspole“. Viele Pluspole geben und geben – jedoch mit der unausgesprochenen oder sogar unbewussten Erwartung, dass auch entsprechend etwas zurück kommt. Wenn das dann nicht passiert, wird auch der Pluspol häufig wütend. Die Wut wird größer, wenn sich der Pluspol provoziert fühlt von den Distanzierungen des Minuspols.
Das kann so weit gehen, dass der Pluspol völlig die Fassung verliert – und dann als der instabile Part der Beziehung da steht. Diese Dynamiken können also durchaus dazu führen, dass beide Partner unter der Beziehung leiden. Manchmal wird auch ein krasser Nehmer regelrecht sauer, wenn der Geber sich einfach nicht mehr ausnutzen lassen will.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LPCDXQNVPBCEBKWLIT3NEOKQG4.jpg)
Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.
© Quelle: Privat/Patan
„Bleib für dich bei deiner Wahrheit“
Wenn dann eine solche hoch konfliktreiche Beziehung schließlich zerbricht, kann es gut sein, dass beide Partner auf den Anderen schimpfen. Den anderen als „Tox-Ex“, also toxischen Ex-Partner bezeichnen oder gegenseitig zum oft unglücklichen Ausspruch „Du bist ein(e) Narzisst(in)“ greifen.
Es ist selten, dass beide Partner in meine Kurse geraten und dann rätseln, wer denn jetzt die „richtige“ Analyse der Beziehung hat. Die unangenehme Erkenntnis ist, es gibt keine objektive Wahrheit. Jeder hat seine Sichtweise. Das ist vielleicht manchmal unbefriedigend weil das Ego recht haben will. Beide können zutiefst enttäuscht sein. Trotzdem sage ich: „Bleib für dich bei deiner Wahrheit. Wenn du dich benutzt oder ausgenutzt fühlst, dann ist es so und es gibt da nichts dran zu zweifeln. Lass dich nicht aus dem Takt bringen, wenn der andere dich zum „Täter“ erklärt.“
Man kann nur die eigene Spielfläche klären
Das heißt aber nicht, dass man nur die eigene Spielfläche anschauen sollte: „Wo warst du in der Wut, nur weil dein Partner nicht das gemacht hatte, was du wolltest? Wo hast du weg geschaut? Wo hast du dich selber schlecht behandelt, weil du zu lange in einer Situation warst, dir dich erheblich belastet hat?“
Das sind zielführende Fragen. Man kann die Spielfläche des Gegenübers nicht klären, nur seine eigene. Schauen Sie lieber Ihre eigenen Schwächen liebevoll an, als zu sehr über die Anderer nachzudenken. Versuchen Sie in Frieden zu kommen mit sich und der Welt, dann bringen Sie wirklich gute Energien in das System. Wenn der andere diesen Frieden nicht mitmachen will und Sie nicht in Ruhe lässt, dann setzen Sie kühl und präzise Ihre Grenzen, aber gehen Sie nicht in den Kampf.
Wir allen wollen eigentlich gerne dieses Täter-Opfer-Spiel beenden. Seien Sie der oder die Klügere, und fangen Sie einfach damit an!
Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein neues Buch „Vom Opfer zum Gestalter – raus aus toxischen Beziehungen“ ist bereits vorbestellbar und erscheint im April 2021.