Corona-Krise im Teil-Lockdown: Was tun, wenn das Nervenkostüm dünner wird?

Sorgen und Ängste sind in der Corona-Krise zum Alltag geworden.

Sorgen und Ängste sind in der Corona-Krise zum Alltag geworden.

Kürzlich saß ich in einer Arztpraxis und wartete geduldig auf meinen Termin. Um die Wartezeit etwas angenehmer zu gestalten, hörte ich mir einen Podcast an. Natürlich über mein Handy und mit Kopfhörern. Plötzlich fuchtelte der mir gegenüber­sitzende Mann mit seinen Händen in der Luft und fragte mich in scharfem Ton: „Ist das Ihr Ernst, dass wir alle nun Ihre blöde Musik hören müssen?“

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Nach kurzer Verwirrung nahm ich die typische Wartezimmer­musik war, die tatsächlich für alle zu hören war, die aber natürlich nicht von mir stammte. Eine Bekannte erzählte mir, dass sich jemand an der Kasse vor sie stellte, sich umdrehte und zu ihr sagte, sie solle doch Abstand halten. Der Bruder meiner Kollegin wurde verbal und körperlich angegriffen, als er versuchte, einen Streit zwischen zwei Autofahrern zu schlichten.

Nervenkostüm wird in Corona-Pandemie dünner

Wir alle haben bereits ein Stück unserer Selbst­bestimmung und Freiheit verloren. Und wir tun es gerade wieder, unsere Komfort­zone schmilzt abermals.

Christian Hemschemeier,

Paartherapeut

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Warum erzähle ich diese Beispiele? Weil ich das Gefühl habe, dass sich unsere Nerven­kostüme der aktuellen Situation immer weiter anpassen und somit immer dünner werden. Spürbar ist das vor allem in zwischen­menschlichen Beziehungen, egal ob privater oder beruflicher Natur. Vermutlich könnte jeder zig Beispiele nennen, die in eine ähnliche Richtung gehen. Wir alle haben bereits ein Stück unserer Selbst­bestimmung und Freiheit verloren. Und wir tun es gerade wieder, unsere Komfort­zone schmilzt abermals. Bei den einen mehr, bei den anderen weniger.

In unsicheren Zeiten wie diesen gibt es eine wichtige Komponente, die uns zumindest ein wenig Sicherheit vermitteln kann: Vertrauen. Vertrauen in uns selbst, in die Welt, in Gott, in das Universum, in die Politik und so weiter. Vertrauen, in wen auch immer, schafft in uns einen Raum, in dem eine angenehme Ruhe herrscht, in den wir uns zurückziehen können, in dem wir neue Kraft tanken und wertvolle Hoffnung schöpfen können. Einen Raum des inneren Friedens. Dieser ist enorm wichtig, gerade in einer Zeit, in der die Welt im Außen auseinanderzubrechen droht.

Vertrauen schafft in Corona-Zeiten Stabilität

Je öfter wir diesen Ort aufsuchen, ob in der Meditation, beim Spaziergang oder beim Tagebuch­schreiben, desto stabiler sind wir, wenn uns unsichere Situationen oder Menschen begegnen. „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Freiheit und die Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit.“ Viktor E. Frankls, ein österreichischer Neurologe und Psychiater, hat dies gut erkannt.

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Neben dem Vorteil, dass wir aus solchen Situationen für uns selbst viel mitnehmen und daraus sogar eigenes Wachstum generieren können, gibt es noch einen weiteren. Die oben genannten Situationen sind meist durch ein dünnes Nervenkostüm von mindestens einem der Beteiligten gekennzeichnet. Reagieren wir darauf mit dem gleichen Verhalten, wirkt das in 99,9 Prozent der Fälle nicht deeskalierend und ist demnach wenig hilfreich. Vielleicht hilft es uns zu sagen, dass diese angespannte Situation einfach in jedem Menschen gerade die Themen nach oben bringt, die noch angeschaut werden wollen. Ebenfalls hilfreich kann es sein zu denken: „Das hat nichts mit mir zu tun, sondern erst einmal nur mit ihm/ihr.“ Nur wie ich darauf reagiere, hat mit mir zu tun.

Gelingt es uns, besonnen zu bleiben, können wir fast im Alleingang eine Situation retten und noch mehr: Wir können dadurch sogar etwas von unserem inneren Frieden an unser Gegenüber und somit an die Welt abgeben. Und das ist mehr als erforderlich, gerade in Zeiten wie diesen.

Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein Buch “Der Liebescode” ist 2019 im Handel erschienen.

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