Zum Tod von Uderzo: Otto Waalkes erinnert sich an den Zeichner

Hat „Asterix“ als Student gelesen: Otto Waalkes.

Hat „Asterix“ als Student gelesen: Otto Waalkes.

Ein großer Komiker erinnert sich an einen großen Zeichner. Otto Waalkes las „Asterix“ während seiner Studentenzeit. „Die ‚Asterix‘-Hefte lagen um 1970, als ich in Hamburg Kunst studierte, praktisch in jeder WG. Der Widerstandswille des kleinen bretonischen Haufens passte natürlich genau zum antiautoritären Geist der Zeit“, sagte Otto am Dienstag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er habe sogar fast die Rolle des Asterix in der ersten Verfilmung des kleinen Galliers übernommen. „Beinahe hätte ich im ersten Asterix-Film die Titelrolle gespielt. Ich hätte schon Lust gehabt, neben Gérard Dépardieu mitspielen zu dürfen. Allerdings fand ich seine Rolle als Obelix lustiger, und irgendwann mochten die französischen Produzenten die Idee nicht mehr, dass ein Deutscher einen ihrer Nationalhelden spielen sollte“, sagte Waalkes weiter.

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Uderzos Zeichenstil lobte Waalkes in höchsten Tönen. „Er hatte einen sicheren Strich und hat von Anfang an sehr filmisch gedacht, Situationen in der Totalen etabliert, dann in Halbtotalen und Nahaufnahmen durchgespielt. Gewalt spielte eine große Rolle – doch die Szenen dazu waren immer komisch – wie bei Wilhelm Busch.“ Persönlich getroffen habe er Uderzo nie. „Leider nein“, sagte er.

Selbst ein Zeichner und Maler: Otto Waalkes bei der Schau „Otto Coming Home“ in der Kunsthalle Emden.

Selbst ein Zeichner und Maler: Otto Waalkes bei der Schau „Otto Coming Home“ in der Kunsthalle Emden.

Deutsche Comiczeichner haben „Asterix“ oft schon früh gelesen

Nach dem Tod des „Asterix“-Zeichners Uderzo trauert auch die deutsche Comicszene. Zeichner wie Mawil, Simon Schwartz, Ralf König, Isabel Kreitz und Flix erinnern sich gegenüber dem RND an den Zeichner, der nun im Alter von 92 Jahren gestorben ist.

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So hat Flix, der mit Comics wie „Faust“ und „Don Quijote“ bekannt geworden ist, eine besondere Beziehung zu den „Asterix“-Comics. „Asterix war der erste Comic, mit dem ich in Kontakt gekommen bin. Meine Mutter hatte sie in Studienjahren gesammelt.“ Als er drei oder vier war, habe er die bunten Bände entdeckt. Und sie mit Filzstift „verschönert“. „Das gab Ärger. Da habe ich zum ersten Mal begriffen, dass Comics etwas ganz besonderes sind“, sagte Flix dem RND.

Die Reihe mit dem kleinen starken Gallier und seinem ebenso starken Freund Obelix hat Flix all die Jahre begleitet. „Der Humor, die Art Geschichten zu erzählen, der Umgang mit Geschichte, die federleichten Linien. All das versuche ich bis heute mit viel Mühe nachzumachen. Doch so gut wie Uderzo und Gozcinny wird mir das wohl nie gelingen“, sagt Flix. Dass er aber ebenfalls über einen grandiosen Humor gepaart mit einem besonderen Blick auf Geschichte verfügt, zeigt unter anderem sein herrlicher Band „Spirou in Berlin“ über die Endphase der DDR.

Mit Trabbi: Flix verfrachtet Spirou und Fantasio in die DDR der Wendezeit.

Mit Trabbi: Flix verfrachtet Spirou und Fantasio in die DDR der Wendezeit.

Uderzos Zeichenstil hat es dem 43-jährigen, in Münster geborenen Flix angetan: „Man sieht seinen Zeichnungen nicht an, wie viel Arbeit drin steckt, wie perfekt sie gestaltet sind. Man schaut sie an, und sie lassen die Augen von Millionen leuchten. Das ist echt einmalig.“

Gesprochen hat Flix nie mit Uderzo. Und dennoch erinnert er sich an eine Begegnung. „Er saß mal bei einer Preisverleihung direkt in der Reihe vor mir. Von der Preisverleihung habe ich nicht viel mitbekommen. Ich war ganze Zeit damit beschäftigt, diesen Moment zu genießen.“

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Isabel Kreitz hat mit „Asterix“ Comics lieben gelernt

Auch Isabel Kreitz, deren Erich-Kästner-Comic-Adaptionen wie „Emil und die Detektive“ oder „Pünktchen und Anton“ genauso so begeisterte Leser gefunden hat wie ihre Graphic Novel über den Massenmörder Fritz Haarmann („Haarmann“), hat ihre ersten „Asterix“-Bände bereits in der Kindheit für sich entdeckt. „Ich konsumierte die Asterix-Hefte meines Onkels schon, bevor ich lesen konnte, die Texte brauchte ich nicht, um in die Geschichte einzutauchen. Die Fantasie hat das Fehlende ergänzt“, so Kreitz. „Als ich lesen lernte, änderte sich das natürlich. Ich verstand schon mehr, aber doch nicht alles. Auch heute entdecke ich noch weitere Feinheiten, die mir beim Lesen und Wiederlesen Freude machen.“

In ihrer Kindheit habe es für viele Kinder nur zwei relevante Comicserien gegeben: „Asterix“ und „Tim & Struppi“. „In der Schule warf man sich ein paar Zitate zu und erkannte sofort den Anhänger der einen oder der anderen Fraktion.“ Sie gehörte zur „Asterix“-Fraktion. Denn mit „Asterix“ habe sie das Comiclesen und -lieben gelernt. „Vom richtigen Timing bis zum Seitenlayout, der Liebe zum Detail und der Recherche von Hintergründen, Kostümen und Figuren habe ich schon als Kind viel von den Mitteln verinnerlichen können, die bis heute für mich relevant sind.“

Vorbild für alle Zeichner und Zeichnerinnen sei bis heute das Teamwork, das Uderzo und Goscinny praktiziert hätten. „Text und Bild haben sich in idealer Weise ergänzt. Nie waren sie in Konkurrenz miteinander“, sagt Kreitz. „Beide Disziplinen haben sich gegenseitig den Raum gelassen, den sie brauchen. Leider gibt es so oft etwas in der Zeichnung von Figuren, das ich ‚überchargieren‘ nenne, wenn die Figur – wie ein schlechter Schauspieler – ständig mit allen Gliedmassen und Gesichtsmuskeln den Text unterstreicht.“ Oder der Text noch einmal wiedergibt, was das Bild bereits erzählt habe. Nicht so beim „Asterix“-Erfinder: „Uderzo war ein großartiger Regisseur und Interpret seines geniales Texters.“

Ralf König erinnert an Goscinnys Anteil an „Asterix“

Auch Ralf König, der mit Comics wie „Der bewegte Mann“ oder „Konrad und Paul“ bekannt geworden ist, hat in seiner Jugend natürlich „Asterix“ gelesen. Aber als Kind hat er auch die oft vergessenen anderen Werke Uderzos konsumiert. „Natürlich hat Asterix mich durch die Jugend begleitet, aber noch früher als Kind war ich begeistert von dem Indianer Umpah-Pah und seiner Freundschaft zum französischen Kadetten ‚Bruder Doppelskalp‘.“ Nur eines hat ihn gewundert. „Ich fand nur irritierend, dass der muskulöse Held keine Nippel hatte – wie übrigens rätselhafterweise viele männliche klassische Comicfiguren. Die hab ich ihm aber liebevoll mit Buntstift auf den Brustkorb gemalt.“

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Auch für seinen Werdegang als Autor spielte Uderzo eine wichtige Rolle. „Ich hatte als Kind diese kleinen Asterix-Figürchen aus den Wundertütchen, damit und mit Legosteinen habe ich die Abenteuer der Gallier nachgespielt. Ich glaube fest daran, dass das meine eigene Phantasie fürs Geschichtenerzählen geprägt hat. ‚Asterix und Kleopatra‘ habe ich geliebt, die Dialoge konnte ich auswendig.“

König sieht Teile von Uderzos Werk aber auch kritisch. „Die Zeichnungen aus seiner Hochphase sind schon sensationell und anspruchsvoll, das ganze römisch-antike Setting war auch für sonst comicferne Erwachsene ein Hingucker und die Figuren sympathisch-kauzig. Knollennasen sind ja immer sympathisch“, so König, dessen Figuren selbst zur Knollennasenfraktion gehören. „Man darf aber Goscinnys Anteil am Erfolg nicht vergessen, ohne die pfiffigen Geschichten und Dialoge wäre es mit Asterix nicht so weit gekommen. Leider hat Uderzo nach Goszinnys Ableben der Figur dann auch einigen Imageschaden zugefügt. Von den schrecklichen Realverfilmungen gar nicht zu reden!“

Simon Schwartz erinnert mit einer Zeichnung an Uderzo

In seinen Werken beschäftigt sich Simon Schwartz ebenfalls mit der Geschichte – wenn auch auf ernstere Weise als es Uderzo und René Goscinny taten. Der 37-Jährige hat in seinen Graphic Novels unter anderem die DDR-Geschichte („Drüben“), die Geschichte eines afroamerikanischen Polarforschers („Packeis“) und die irre Geschichte um die vermeintliche Zarentochter Anastasia („IKON“) thematisiert. Auf die Fragen nach dem Einfluss Uderzos auf sein Zeichnen und sein Verhältnis zum Werk des französischen Zeichners antwortete Schwartz dem RND mit einer Zeichnung. Genannt hat er sein Blatt „Tempus fugit, Asterix manet“, also „Die Zeit vergeht, Asterix bleibt“. Schon dieser Titel ist eine Reminiszenz an die „Asterix“-Bände.

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In der DDR waren die Bände eine Rarität

Ebenso wie Simon Schwartz ist auch Mawil in der DDR geboren. Die Erinnerungen an seine Kindheit hat er in seinem Comic „Kinderland“ festgehalten. Mawil hat aber auch als erster deutscher Zeichner mit „Lucky Luke sattelt um“ einen Lucky-Luke-Band gezeichnet und geschrieben. Und im vergangenen Jahr gestaltete er eine Seite in dem Hommageband „Asterix – Die Hommage“.

Mawil erinnert sich an seinen frühen Kontakt dem „Asterix“: „In der DDR waren Asterix-Comics schwer zu bekommen und wurden daher sorgsam weitergereicht und aufmerksam immer wieder studiert“, sagte Mawil, der mit bürgerlichem Namen Markus Witzel heißt. „Im Gegensatz zum Beispiel zu den Lustigen Taschenbüchern konnte man auch – umso älter man wurde – immer wieder neue versteckte Gags entdecken.“

„Uderzo war ein penibler perfekter Zeichner“

Uderzo habe ihn in seiner Arbeit beeinflusst. „Vor allem im Team mit Rene Goscinny. Beide waren – als Texter und Zeichner – jeweils genial, aber erst gemeinsam haben sie eines der perfektesten europäischen Comicwerke erschaffen“, schwärmt der 44-Jährige. „Uderzo war ein penibler perfekter Zeichner, der sehr gut und genau beobachtet Gestik und Mimik rüberbringen konnte. Fieserweise sah bei ihm das alles so routiniert und leicht gemacht aus, und diese Mischung aus Perfektion und Leichtigkeit – die macht einen als nacheifernder Nachwuchszeichner echt fertig“, sagte Mawil dem RND.

Getroffen habe er Uderzo leider nie. „Aber ich habe jedes einzelne Panel studiert. Und letztendlich geht es ja um das Werk, nicht den Künstler.“

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Und da kann man nur zustimmen und letztlich mit Simon Schwartz sagen: „Die Zeit vergeht, Asterix bleibt.“

Asterix-Zeichner Albert Uderzo stirbt mit 92 Jahren
ARCHIV - 22.09.2005, Belgien, Br��ssel: Albert Uderzo, franz��sischer Zeicher, der mit Goscinny zusammen Asterix und Obelix erschuf, sitzt auf einer Pressekonferenz neben einer Asterix-Nachbildung. Uderzo ist im Alter von 92 Jahren in Frankreich gestorben. Foto: Francois Walschaerts/Belga/epa/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Im Alter von 92 Jahren starb der Illustrator und Autor an einem Herzinfarkt zu Hause in Paris.

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