Wenn die Kulturlandschaft stirbt: Brönner veröffentlicht dringenden Appell

Der Musiker und Fotograf Till Brönner.

Der Musiker und Fotograf Till Brönner.

Viersen. Der deutsche Musiker und Fotograf Till Brönner hat auf Instagram einen eindringlichen Appell an die Politik und an seine Kolleginnen und Kollegen aus der Kulturbranche gerichtet. In einem siebenminütigen Video ruft Brönner dazu auf, das Problem der sterbenden Kulturlandschaft ernst zunehmen. Gleichzeitig ruft er Mitstreiter dazu auf, lauter zu werden.

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„Sowas wie heute habe ich noch nie gemacht“, beginnt Brönner sein Video. „Muss daran liegen, dass ich ziemlich sauer bin.“ Seit Monaten schaue er sich an, wie eine gesamte Branche durch Corona lahmgelegt werde. Gleichzeitig erlebe er, „wie auffällig verhalten und geradezu übervorsichtig Bühnenkünstler sich auch nach acht Monaten zu dieser Misere äußern, obwohl ihre Existenz gerade fundamental auf dem Spiel steht.“

Er halte diese Zurückhaltung für fatal, so Brönner weiter. „Weil sie ein völlig falsches Bild der dramatischen Lage zeichnet, in der sich unser Berufszweig aktuell befindet.“ Der Musiker macht klar: „Hier geht es nicht um Selbstverwirklicher, die in ihrer Eitelkeit gekränkt sind. Es geht um uns alle. Und es geht um Geld, viel Geld.“

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Brönner: 1,5 Millionen Kulturschaffende betroffen

Den Umgang mit Kulturschaffenden in der Corona-Krise hält Brönner für „skandalös“. „Zu sehen, wie unsere Wirtschaft seit Ausbruch der Pandemie reflexartig in systemrelevante und systemirrelevante Berufe unterteilt wurde, hab ich zunächst für eine reine Sicherheitsmaßnahme gehalten“, so der Musiker. Später habe er gedacht: „Gib denen ruhig ein bisschen Zeit. Ein Land wie Deutschland wird uns schon nicht hängen lassen. Die haben uns ja auch schließlich alle ausgebildet und uns 'ne Steuernummer verpasst.“

Doch dann sei der Sommer gekommen. „Ich bekam genauso viele Urlaubskarten wie immer. Von Leuten außerhalb der Branche", stellt Brönner fest. Gleichzeitig hätten ihn Kolleginnen und Kollegen aus der Kulturbranche angerufen und ihm ihr Leid geklagt.

„Ich spreche von Hunderten qualifizierten Menschen. Und zusammen sind wir viele. So viele, dass der Vergleich mit den größten Branchen wie der Autoindustrie deshalb hinkt, weil wir mehr als doppelt so viele sind. Nämlich weit über 1,5 Millionen Menschen, deren Broterwerb an Tag eins der Pandemie nachvollziehbarerweise abgeschaltet wurde.“

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„Wir sind zu leise“

Ein Wirtschaftszweig mit einem Gesamtumsatz von über 130 Milliarden Euro sei kein Luxusproblem, das sei ein Kernproblem. „Wenn ein gesamter Berufszweig gezwungen wird, seine Arbeit zum Schutze der Allgemeinheit ruhen zu lassen, dann muss doch die Allgemeinheit auch dafür sorgen, dass diese Menschen nach Corona noch da sind“, findet Brönner.

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An der Politik übt der Musiker deutliche Kritik: „Wie kann man einzelnen Konzernen Milliarden in den Vorgarten werfen und der Veranstaltungsbranche Arbeitslosengeld 2 anbieten? Wir Musikkünstler sind weder arbeitslos noch hatten wir vor Corona ein Nachfrageproblem. Wie so einige andere Branchen, die in Wahrheit nicht an Corona, sondern durch Schläfrigkeit oder Gier in Schieflage geraten sind“, so Brönner weiter.

Doch auch an seine Kolleginnen und Kollegen hat er einen dringenden Appell: „Wir in der Veranstaltungs- und Kulturbranche sind noch immer zu leise. Weil wir keine ernst zu nehmende Gewerkschaft haben. Und genau das rächt sich jetzt. Wie wäre es, wenn einfach mal drei Tage der Ton abgedreht oder das Radio keine Musik mehr spielen würde?“ Hier müsse die Branche ihre „Hausaufgaben“ machen und gegebenenfalls Mitgliedsbeiträge in einer Gewerkschaft zahlen, findet Brönner. „Auch wenn das vielleicht unkünstlerisch und uncool ist.“

Prominente Unterstützer

Bis heute gebe es kein ernsthaftes Hilfsprogramm, kritisiert er. „Was hier gerade passiert, verstößt gegen alles, was ich über Deutschland gelernt habe. Das Land steht kulturell still. Kultur ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht und spült – man höre und staune – Geld in die Kassen des Staates. Es heißt jetzt aufwachen und zeigen, dass wir verstanden haben.“

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Der Appell wurde innerhalb von zwei Stunden bereits mehr als 30.000 Mal angesehen. Und auch von prominenten Kolleginnen und Kollegen bekommt der Musiker Unterstützung. Die Sängerin Sarah Connor postete Brönners Video auf ihrer Facebook-Seite und schrieb dazu: „Danke Till Brönner, dass du aussprichst, was ich denke!“ Der Rapper Curse kommentierte das Video mit einem Herzchen, Produzent Mousse T. fragt: „Danke Till, wo darf ich unterzeichnen?“

RND/msc

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