„Mutlos und wehleidig“?

Die deutschen Bischöfe und ihr schwerer Gang nach Rom

Papst Franziskus begrüßt Bischöfe nach seiner wöchentlichen Generalaudienz.

Papst Franziskus begrüßt Bischöfe nach seiner wöchentlichen Generalaudienz.

Berlin. Die deutschen katholischen Bischöfe sind gerade auf Betriebsausflug in Rom. Die Reise in die Heilige Stadt, die bis einschließlich Freitag dauert, ist so etwas wie eine Bettel- und Bettour beim Papst.

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Franziskus verhält sich bislang sehr ablehnend gegenüber dem Synodalen Weg, dem sich die deutsche Kirche verschrieben hat. Dabei geht es um Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, Teilnahme und Teilhabe von Laien an Entscheidungen, Sexualmoral, Geschlechtergerechtigkeit.

Der Synodale Weg ist die Konsequenz aus den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche und der Erkenntnis, dass erst die bestehenden Strukturen solche Verbrechen möglich gemacht haben.

In Rom gelten die deutschen Bischöfe seitdem fast als Abtrünnige, die eine Protestantisierung der katholischen Kirche planten. Am Heiligen Stuhl gilt das in etwa als Hochverrat.

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Bätzing will kämpfen

Kämpfen wollen sie trotzdem, sagt der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing. Er wisse, hatte er vor der Abreise vergangenen Samstag erklärt, „dass es viel Unverständnis zu unserem Weg in Rom“ gebe. „Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir wirklich viel Zeit haben, darüber miteinander zu reden. Das ist eine echte Chance.“

Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz am 16. November 2022.

Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz am 16. November 2022.

Basisgruppen und verschiedene Laieninitiativen wie Wir sind Kirche und Maria 2.0 hegen Zweifel daran. 33 katholische Verbände und Initiativen forderten zuletzt in einer gemeinsamen Resolution den Vatikan auf, die deutschen Reformbemühungen anzuerkennen und selbst zu handeln. „Die Deutungshoheit über den Weg der Kirche darf nicht den Gegnern jeder Reform überlassen werden, die von Angst, Mutlosigkeit und aggressiver Abwehr geleitet werden“, heißt es darin.

Für besonders mutig hält der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf Papst jedoch auch die deutschen Bischöfe nicht. In der Zeitschrift „Publik-Forum“ sprach er, stattdessen seien Wehleidigkeit und mangelnder Einsatz für Reformen wahrnehmbar.

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Zehn Rücktritte?

Wenn der Münchner Kardinal Reinhard Marx sage, dass er für das Diakonat der Frau sei und weitere neun Bischöfe auch, warum beantrage er dann keine Sondergenehmigung beim Papst?, fragte Wolf. „Ob dazu viel Mut gehört, weiß ich nicht.“ Sollte Franziskus das Anliegen ablehnen, könnten sie ihren Rücktritt anbieten. „Es wäre spannend, zu sehen, ob der Papst zehn Rücktritte annehmen würde.“

Apropos: Die Rücktritte des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker und des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick hatte Franziskus in diesem Jahr angenommen. Die Nachfolgekandidaten sollen in beiden Bistümern erstmals unter Einbeziehung von Laien gefunden werden. Von den Wahlen bleiben sie allerdings ausgeschlossen. Und: Der Papst hat das letzte Wort.

Der frühere Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker.

Der frühere Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker.

In Paderborn wird der neue Bischof nach Preußischem Konkordat von 1929 – das ist der noch heute gültige Staatskirchenvertrag zwischen dem Vatikan und dem Freistaat Preußen – bestimmt. Ein Kollegium von Priestern, das Metropolitankapitel, erstellt unter Einbindung der Laien eine Liste mit möglichen Kandidaten und schickt sie an den Nuntius, den Botschafter des Heiligen Stuhls in Deutschland.

Geheime Listen

Der leitet sie mit seinen Berichten und Anmerkungen zu den Kandidaten an den Papst weiter. Aus Rom kommt dann eine Liste mit drei Kandidaten nach Paderborn zurück. Auf der sogenannten Terna, eine Liste mit drei Kandidaten, müssen jedoch nicht die oder nicht alle Kandidaten der ursprünglichen Liste stehen. Er kann eigene Kandidaten benennen.

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Binnen drei Monaten muss dann der neue Bischof im Metropolitankapitel geheim gewählt werden. In Paderborn sind laut Konkordat die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen verpflichtet zu bestätigen, dass es keine politischen Bedenken gegen eine Ernennung gibt – die dann schließlich vom Papst vollzogen wird.

Der zurückgetretene Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

Der zurückgetretene Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

In Bamberg gilt das Bayerische Konkordat von 1924. Das Bamberger Domkapitel muss dem Papst alle drei Jahre – also präventiv – eine Liste geeigneter Kandidaten zustellen. Die letzte, erklärt Bistumssprecher Harry Luck, muss nun einem Update unterzogen werden. Zusätzlich können noch Nachbarbischöfe und die Bayerische Bischofskonferenz Vorschlagslisten nach Rom schicken. Es gelte der Grundsatz: „Der Papst hat freie Hand“, so Luck.

Laien sollen mitmachen

Kirchenrechtler Thomas Schüller weist jedoch darauf hin, dass nach Bayernkonkordat der Papst nicht frei ernennen könne, „sondern aus der Liste der Vorgeschlagenen einen neuen Erzbischof ernennen muss“. Der Nachfolger Schicks trete in ziemlich große Fußstapfen, glaubt Schüller. Wer es wird, sei „schwer zu sagen“.

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In Bamberg ist auch noch unklar, wie die Beteiligung der Laien aussehen könne, räumt Bistumssprecher Luck ein. „Knackpunkt ist das päpstliche Geheimnis.“ Niemand, erläutert er, dürfe über die Namen auf den Listen reden. Mit der Einbeziehung von Laien und Laiinnen würde, so die momentane Ansicht, das Geheimnis verletzt, so Luck. „Wir wollen aber die Laien beteiligen.“

Und hier schließt sich auch der Kreis mit dem derzeitigen „Ad-Limina-Besuch“ der deutschen Bischöfe bei Vertretern der vatikanischen Behörden in Rom und dem Papst, findet die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp.

Wahlempfehlung

„Mir persönlich drängt sich der Eindruck auf, dass die zunehmende Synodalität der katholischen Kirche in Deutschland von vielen Klerikern in Deutschland, zumal von vielen Bischöfen, gut gefunden wird“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Diese Überzeugung gilt es beim Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe aktiv zu vertreten.“

Bezogen auf die Kandidatenfindung unter Laieneinbeziehung in den beiden Bistümern und auf künftige Bischofswahlen bleibt Stetter-Karp vorsichtig. „Eine kritische Intervention aus Rom gerade zu diesem Beschluss der Synodalversammlung wäre ein Zeichen dafür, dass die Beteiligung von Laien und Laiinnen schon im Keim erstickt werden soll. Denn der Beschluss tangiert die bestehenden Konkordate nicht unmittelbar.“

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Irme Stetter-Karp ist Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und des Synodalen Wegs.

Irme Stetter-Karp ist Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und des Synodalen Wegs.

Stetter-Karp, die auch Präsidentin des Synodalen Wegs ist, hofft, dass die Dom- oder Metropolitankapitulare vor den Bischofswahlen die Laiengremien nochmals anhören. „Von den Laien und Laiinnen kann eine Wahlempfehlung ausgesprochen werden. Ich halte das für ein wichtiges Zeichen für zukunftsorientierte Synodalität, das der katholischen Kirche gut ansteht.“

Kirchenrechtler Schüller sieht einen erweiteren Bedarf. Nach dem Rücktrittsgesuch von Erzbischof Hans-Josef Becker aus Paderborn sei das Gesuch des Bamberger Erzbischofs Schick schon das zweite in kurzer Zeit, das Franziskus vor der Altersgrenze angenommen habe.

„Man würde sich wünschen“, so Schüller, „diese Entscheidungsfreudigkeit würde der Papst auch beim dritten Erzbischof, dem Kardinal von Köln, Herrn Rainer Maria Woelki, der seine Rücktrittsbitte schon länger eingereicht hat, an den Tag legen.“

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