Deutscher Kameramann nominiert

Warum Florian Hoffmeister die Oscars nicht fair findet – aber trotzdem gewinnen will

Der deutsche Kameramann Florian Hoffmeister.

Der deutsche Kameramann Florian Hoffmeister.

Der deutsche Kameramann Florian Hoffmeister ist nach 20 Jahren der erste Deutsche, der nach Michael Ballhaus in der Sparte „Beste Kamera“ für einen Oscar nominiert wurde. Ballhaus sagte einst in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, dass das man am Set lieber nicht über die Oscars sprechen solle. „Schon die Erwähnung ist kritisch“, so die Kameralegende. Ballhaus war drei Mal nominiert. Den Oscar bekam er nie.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Und Hoffmeister? Er tritt für Todd Fields Film „Tár“ an, in dem Cate Blanchett die titelgebende Dirigentin Lydia Tár spielt, die sich zwischen Macht, Leistungsdruck und Erfolg einnistet. Er muss sich bei dem Filmpreis in seiner Sparte mit einem der Favoriten der diesjährigen Oscarverleihung messen: „Im Westen nichts Neues“, dem Antikriegsepos von Edward Berger, der vom Streamingdienst Netflix ins Rennen geschickt wurde.

Dabei ist Konkurrenz gar nicht sein Ding. „Ich kenne den nominierten Kameramann James Friend sehr gut. Wir träumen beide denselben Traum, einmal einen Oscar zu gewinnen“, sagt Florian Hoffmeister im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er wisse, wie hart die Dreharbeiten in Dreck und Schlamm gewesen seien. Doch ein Wettbewerb in direkter Konkurrenz? „Die beiden Arbeiten sind überhaupt nicht miteinander zu vergleichen.“

Kameramann Florian Hoffmeister bei der Arbeit.

Kameramann Florian Hoffmeister bei der Arbeit.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Ich will das Ding jetzt auch haben“

Und doch: Die Oscars haben eine riesige Anziehungskraft. „Das wird ein Riesenspektakel“, so Hoffmann, der jedoch klar macht: „Die Oscars sind ein knallharter Wettbewerb.“ Es sei auch egal, wenn die Academy sage, dass man die gemeinsamen Errungenschaften der ganzen Branche feiere. „Am Ende steht einer da und kriegt das Ding in die Hand gedrückt, die anderen sitzen da unten und klatschen.“ Es sei wirklich schwierig, sich von diesem Konkurrenzdenken nicht anstecken zu lassen. „Irgendwie spüre ich dann doch, dass ich das Ding jetzt auch haben will“, drückt der Kameramann seine Hoffnung aus.

Doch wären die Oscars nicht die Oscars, wenn es nur darum ginge, wer am Ende das goldene Männchen mit nach Hause nehmen darf. Roter Teppich, Blingblingoutfits und zuweilen ein eingefrorenes Lächeln vor einer Masse Fotografen und Fotografinnen – das sind unter anderem die Bilder, die die Gala jahrjährlich zuverlässig liefert. „Das ist nicht mein Ding. Ich bin ja nicht ohne Grund eben hinter der Kamera gelandet“, sagt Hoffmeister im Gespräch und lacht. Er ist derzeit für Dreharbeiten für die bekannte US-Krimi-Serie „True Detective“ auf Island – und dreht vor allem nachts. Für die Oscars unterbricht er seine monatelange Arbeit im Inselstaat. Beruflich sei es vor allem wichtig, nominiert worden zu sein. Ob er die Auszeichnung letztendlich gewinnt, sei für seinen Werdegang nicht mehr entscheidend.

„Im Westen nichts Neues“ vs. „Tár“

Doch gute Arbeit, Leistung und Leidenswillen während harter Dreharbeiten entscheiden nicht unbedingt über Erfolg oder Misserfolg. „Ich muss schon aufpassen, dass ich mich da nicht mitziehen lasse und mir keine Hoffnung auf einen Oscar mache. Ich rechne mir aber keine großen Chancen aus. Ich glaube, „Tár“ ist viel zu sehr Sparte“, glaubt Hoffmann, der auch schon bei zwei deutschen Filmen Regie geführt hat.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wenn man den Kameramann fragt, ob die Oscars fair seien, kommt sofort, ohne zu zögern: „Nein. Das sind sie nicht.“ Die Oscars seien vielmehr riesige Marketingevents. Damit die Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences überhaupt eine Filmproduktion für eine Nominierung in Betracht ziehen, verschreiben sich die Filmmachenden einen monatelangen Kampagnenmarathon. Interviews, Festivals, noch mehr Interviews, Screening, private Screenings – und das bevor der Film überhaupt gezeigt wird. „Unser Regisseur Todd Field ist seit Monaten pausenlos in einer Oscarkampagne unterwegs“, sagt Hoffmeister.

„Im Westen nichts Neues“ als großer Gewinner bei den Britischen Filmpreisen
ARCHIV - 01.02.2023, ---: Felix Kammerer (r) als Paul Bäumer, Albrecht Schuch (l) als Stanislaus Katczinsky und Edin Hasanovic als Tjaden Stackfleet in einer Szene des Films «Im Westen nichts Neues» (undatierte Filmszene). (zu dpa ««Im Westen nichts Neues» geht bei Szenenbild-Preisen leer aus») Foto: Reiner Bajo/Netflix/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Film und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

„Was für ein Abend, ich kann es nicht glauben“, schwärmte Regisseur Edward Berger.

Inzwischen setzen manche Filmschaffenden auch auf Social Media. Die bisher mäßig bekannte Schauspielerin Andrea Riseborough wurde kurzfristig von der Academy in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ in der Indieproduktion „To Leslie“ nominiert. Dem vorangegangen ist eine Kampagne von Hollywoods Créme-de-la-Créme-Schauspielerinnen wie Gwyneth Paltrow, Kate Winslet oder Demi Moore. Sie sprachen sich in den sozialen Medien, aber auch bei privaten Screenings für den Film aus.

Riseborough wurde nominiert – obwohl der Film international nur 27.000 US-Dollar eingespielt hat. Laut der „Los Angeles Times“ hätten die Regisseure Michael Morris und Mary McCormack „eigentlich alle kontaktiert“, die sie kannten und die berühmt sind, um öffentlich über den Film zu sprechen. Erfolg hatten sie damit. Die Nominierung ist zwar umstritten – doch sie ist durchgegangen.

Werden Oscars diverser? Ein bisschen

Doch die Kritik für die Nominierungen des Academy Awards of Merit, wie die Oscars offiziell heißen, geht seit 2014 eigentlich in eine ganz andere Richtung. In dem Jahr hat die Aktivistin April Reign bei Twitter den Hashtag #OscarsSoWhite ins Leben gerufen – und über die mangelnde Diversität bei Nominierten sowie Gewinnerinnen und Gewinnern geklagt. Seitdem hat sich etwas getan – zumindest ein bisschen. Die Journalistenschule USC Annenberg hat untersucht, wie sich die Zusammensetzung der Nominiertenliste bei den Oscars gestaltet. Für den Zeitraum 2008 bis 2015, also bis die Hashtagkampagne Wirkung zeigte, kamen nur 8 Prozent der Nominierten aus einer unterrepräsentierten ethnischen Gruppe. Von 2015 bis 2023 waren dies bereit 17 Prozent. Bei nominierten Frauen stieg der Anteil im selben Zeitraum von 21 bis 27 Prozent.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Bei den Oscars stellt jeweils eine Sparte die Liste der Nominierten in ihrer Berufsgruppe auf. So entscheiden Kameraleute beispielsweise über die Auswahl für die Kategorie „Beste Kamera“. Über die Preisvergabe aber stimmt die gesamte Academy mit ihren etwa 10.000 Mitgliedern, eine offizielle Zahl gibt es nicht, ab. Alle Mitglieder sind auf Lebenszeit gewählt – Ausschlüsse gibt es nur in extremen Ausnahmefällen wie bei #MeToo-Präzidenzfall Harvey Weinstein.

Wie steht Kameramann Hoffmeister zu April Reigns Forderung, die Oscars diverser zu machen? „Da arbeitet ja die Zeit für die junge Generation. Die Alten sterben irgendwann mal weg“, sagt er abgeklärt. Doch liegt die Verantwortung nicht nur bei der Academy, sondern auch bei den Filmschaffenden selbst: „Wir müssen diesen Prozess zur Diversifizierung aber aktiv unterstützen. Wenn ich jetzt ein Kamerateam zusammenstelle, achte ich darauf, dass es divers ist.“

Mehr aus Kultur

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken