Familiengeschichte im pittoresken Valldemossa

Teigkneten als Meditation: Der Kinofilm „Die Insel der Zitronenblüten“

Heimat geht durch den Magen: Marilu Marini als Ursula (von links), Mariona Pages als Anita, Eva Martin als Anna und Elia Galera als Marina in einer Szene des Films „Die Insel der Zitronenblüten“.

Heimat geht durch den Magen: Marilu Marini als Ursula (von links), Mariona Pages als Anita, Eva Martin als Anna und Elia Galera als Marina in einer Szene des Films „Die Insel der Zitronenblüten“.

Unterschiedlicher können zwei Schwestern kaum sein: Die blonde Anna hat nie Mallorca verlassen, ist mit einem Macho verheiratet und ärgert sich über die Quengelei der pubertierenden Tochter. Die dunkelhaarige Marina dagegen zog neugierig durch die Welt und arbeitet als Gynäkologin bei einer NGO in Afrika. Sie ist glücklich mit dem viel jüngeren Mathias, der ihr jeden Wunsch von den Augen abliest.

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Was er nicht weiß: Die Frau in den Vierzigern überlegt, ein Baby zu adoptieren, dessen Mutter sie auf dem Sterbebett bat, sich um ihr Kind zu kümmern. Noch bevor eine Entscheidung fällt, erfährt sie überraschend von einer Erbschaft auf der Insel Mallorca, die sie nie wieder betreten wollte.

Nun muss Marina es doch tun. Die Begrüßung zwischen den Schwestern fällt nicht gerade überschwänglich aus.

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Eine Bekannte der Großmutter hat den beiden ihre Besitztümer vermacht, darunter auch eine Bäckerei. Doch wer ist diese Lola? Warum hat sie die Schwestern als Erbinnen eingesetzt? Diese Fragen führen zu einem gut gehüteten Familiengeheimnis.

Nach dem gleichnamigen Debütroman von Cristina Campos, die mit am Drehbuch schrieb, bricht der Spanier Benito Zambrano eine Lanze für selbstbewusste Frauen, die auch mal Schwäche zeigen dürfen, aber immer wieder ihr Leben in den Griff kriegen und einen Neustart wagen. Produziert wurde der melancholisch-wehmütige Film mit letztlich optimistischem Touch von Désirée Nosbusch, die sich neben ihrer Schauspielerei zunehmend der Filmproduktion widmet.

Die Familiengeschichte spielt im pittoresken Valldemossa im Nordwesten Mallorcas, weit weg von Ballermann und Bettenburgen. Hier gibt sich die Insel noch ursprünglich, halten die Bewohner zusammen, wissen viel voneinander und schweigen auch miteinander.

Ein Joint für die Entspannung

So scheint Lolas Freundin, die langjährige Bäckereimitarbeiterin, Kenntnisse zu haben, die sie nicht preisgeben will. Auch eine Nachbarin belässt es bei Andeutungen und sorgt lieber mit einem Joint für Entspannung.

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Langsam beginnen Marina und Anna eine Reise in die Vergangenheit, ungeachtet schmerzhafter Erinnerungen und einiger Leerstellen. Während Anna als Hätschelkind der Mutter galt, schickten die Eltern die 14-jährige Marina weit weg von zu Hause in ein Internat. Das empfand sie als harsches Zeichen mangelnder Zuneigung und emotionaler Abweisung.

Zwischen den Streifzug in frühere Zeiten drängen sich die Gegenwartsprobleme. Obgleich ihr Herz für Afrika schlägt, entwickelt Marina eine unerklärbare Lust, in der Bäckerei mit anzupacken, und richtet sich sogar eine Wohnung im Obergeschoss ein. Sie will das Anwesen nicht verkaufen und bleibt länger als geplant.

Vertrauen und Zärtlichkeit

Anna verlässt ihren Mann und versucht sich trotz kürzlich diagnostizierter schwerer Krankheit in ungewohnter Unabhängigkeit, aufgemuntert von ihrer Schwester. Beide Frauen sind Kämpferinnen und folgen ihrem inneren Kompass. Die eine ist das gewohnt, die andere muss es noch lernen. Ihre Annäherung ist geprägt von Vertrauen und Zärtlichkeit. Sie fühlen sich wie die damals gemeinsam spielenden Kinder, vergessen Streit und langjährige Distanz. Bis dahin ist in diesem Film alles eine runde Sache.

Leider springt die Handlung immer wieder nach Afrika und zu den bürokratischen Adoptionsregularien. Marina weiß nicht, ob der Freund ihren Weg mitgeht. Die Afrikaszenen wirken mit guten, gütigen und gefühligen Menschen bilderbuchmäßig gestanzt. Wenn der vor guter Laune platzende Ehemann in spe mit Blümchen in der Hand um Marinas Hand anhält, ist das Kitschpensum mehr als erfüllt.

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Dagegen fällt es nicht schwer, eine Beziehung zu den Figuren auf der Baleareninsel aufzubauen. Langsam lichtet sich der Nebel des Ungefähren. Komplizierte Familienverhältnisse werden enthüllt.

Warmherzige Frauen sind hier am Drücker, ob als Schwestern, Töchter oder Mütter, kleine Intrigen eingeschlossen. Da punktet der Film mit stimmiger Atmosphäre, in der sich auch die verschlossene Marina öffnet und von Selbstkontrolle befreit. Schon allein das Teigkneten hat eine sinnliche Anmutung, Brotbacken wird zu einer Form von Meditation, und dem Charme der Landschaft samt flirrender Sommerluft kann man kaum widerstehen.

Das eigentliche Pfund, mit dem der Regisseur wuchern kann, sind die fulminanten Schauspielerinnen, Eva Martín als Anna, die ihr altes Leben abwirft wie eine alte Haut, Elia Galera als seelisch unbehauste Marina, die Halt und Heimat aufspürt. Und wenn beide es sogar schaffen, Lolas im Ort berühmten Zitronenkuchen zu backen, dessen Geschmack auf der Zunge zergeht und dessen verführerischer Duft die Gassen durchzieht, dann meint man fast, den Kuchen im Kino zu riechen.

„Die Insel der Zitronenblüten“, Regie: Benito Zambrano, mit Elia Galera und Eva Martín, Claudia Faci, 122 Minuten, FSK 12

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