Nachruf auf Cartoonist Uli Stein: ein verdichtetes Leben

Uli Stein, deutscher Cartoonist und Fotograf, ist gestorben.

Uli Stein, deutscher Cartoonist und Fotograf, ist gestorben.

Der Mann hat nicht viele Worte gemacht. Und nicht viele gebraucht. “Dagegen!” ist alles, was auf dem Schild steht, das Uli Stein einem seiner berühmten Pinguine in die Hand gedrückt hat. Grimmig und streitlustig blickt der Pinguin auf einer Zeichnung sein Gegenüber an, doch ob das sich davon beeindrucken lässt, ist nicht zu erkennen – die Figur hat kein Gesicht.

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Stein konnte Mäusen, Pinguinen und anderen Wesen mit nur ein paar Strichen etwas sehr Menschliches ins Antlitz zaubern: Freude, Enttäuschung, Verliebtheit, Neugierde und immer wieder eine Art treudoofes Erstaunen, mit dem die Figur sich in eine unvorhergesehene Situation fügt. Bei Stein spiegelt sich in den Gesichtern das ganze Leben. Kein Wunder eigentlich, dass der Sensenmann bei ihm keins hat. In der Schmunzelwelt des Karikaturisten fällt diese Leerstelle aber besonders auf. Der Tod ist nichts, was man weglächeln kann. Man muss sich wehren: “Dagegen!”

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Protest hat nichts mehr genützt

Nun aber hat der Protest nichts mehr genützt: Uli Stein ist bereits in der vergangenen Woche im Alter von 73 Jahren gestorben, wie seine Stiftung für Tiere in Not am Freitag nach der Beisetzung des Künstlers auf dem Stöckener Friedhof in Hannover mitteilte. Er sei in der Nacht zum 29. August in seinem Haus in Bissendorf in der Wedemark gestorben. Die Beerdigung fand im engsten Freundeskreis statt, eine Familie hinterlässt der Zeichner nicht. Stein hatte seit Jahren an Parkinson gelitten. Trotzdem sei sein Tod überraschend gekommen.

In Steins Zeichnungen ist der Sensenmann immer wieder aufgetaucht. “Es tut mir leid, wir sterben nicht an der Haustür”, lässt er einen Mann mit typischer Knollennase und struppiger Wuschelfrisur zum gesichtslosen Tod sagen, der wie ein Hausierer an der Tür geklingelt hat. Doch natürlich hat auch Stein gewusst, dass man seinem Ende nicht entgehen kann: “Und Sie?”, fragt ein Mann mit typischer Knollennase seinen Mitreisenden, als er den Knopf im Fahrstuhl drückt – und der Tod antwortet: “Da, wo Sie hinwollen.”

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Solche Verdichtung einer (hier ausweglosen) Situation gehörte zu den großen Stärken von Steins Minicartoons, die er ab 1982 zuerst auf Postkarten veröffentlichte. Zwei Jahre später erschien bereits sein erstes Buch. Es war der Beginn einer in Deutschland wohl beispiellosen Erfolgsgeschichte: Bislang wurden rund 200 Millionen Stein-Postkarten und mehr als 13 Millionen Bücher verkauft. Seine Cartoons erschienen europaweit in mehr als 100 Zeitschriften und Magazinen.

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Geboren wurde Stein am 26. Dezember 1946 als Ulrich Steinfurth in Hannover, er besuchte die Goetheschule und zog nach Ableistung des Wehrdienstes nach West-Berlin, um Lehrer zu werden: Er studierte an der Freien Universität Deutsch, Erdkunde und Biologie. Schon während seines Studiums arbeitete er als Fotograf und Autor für Zeitungen. Kurz vor dem Examen brach er seine Ausbildung ab, um hauptberuflich Journalist zu werden. Stein arbeitete sechs Jahre für den Saarländischen Rundfunk, bis er sich Ende der Siebzigerjahre ganz auf das Zeichnen konzentrierte.

“Ich möchte den Leuten Spaß machen”

“Ich möchte den Leuten Spaß machen, sie unterhalten und ihnen schöne Momente geben in trüben Zeiten oder auch in guten Zeiten”, sagte Stein 2009 in einem Interview. Humor war für ihn das Ergebnis harter Arbeit – allerdings wusste er auch das auf seine typische Art zu formulieren: “Mich küsst die Muse nicht bei Aldi an der Kasse.”

Neben dem Zeichnen hat Stein immer mehr auch die Fotografie entdeckt. Motive fand er in der Natur und der Architektur seiner Nachbarschaft. Eindrucksvoll sind etwa seine Aufnahmen des Bahnausbesserungswerks Leinhausen. Zu dem Ort hatte Stein eine besondere Beziehung: Er ist ganz in der Nähe aufgewachsen, sein Vater war Inspektor bei der damaligen Bundesbahn.

Stein interessierte sich besonders für Tiere

Zuletzt interessierte sich Stein besonders für Tiere: Anders als in seinen Zeichnungen, die die Tiere vermenschlichen, fotografierte er vor allem Hunde in sehr eindringlichen Porträts. Von den Besitzern der Hunde erfuhr er, dass darunter auffallend viele ehemalige Straßenhunde waren, die aus elenden Verhältnissen gerettet wurden. “Das hat mich sehr berührt und beeindruckt”, sagte Stein 2018. Im selben Jahr gründete er die Uli Stein Stiftung für Tiere in Not. Die gemeinnützige Stiftung unterstützt seither kleinere Organisationen im In- und Ausland, die sich für Tierschutz einsetzen – vom unterfinanzierten Tierheim bis zum Gnadenhof.

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