„Little Women“: Es geht auch ohne Männer

Diese Schwestern halten zusammen: Meg (Emma Watson), Jo (Saoirse Ronan), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) in „Little Women“.

Diese Schwestern halten zusammen: Meg (Emma Watson), Jo (Saoirse Ronan), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) in „Little Women“.

Der Verleger hat klare Vorstellungen davon, was mit Frauenfiguren in Romanen passieren sollte: Entweder sie heiraten am Ende der Geschichte, oder sie sterben. Beides zusammen ginge auch. Das sagt der selbstzufriedene Bartträger der jungen Autorin Jo March mitten ins Gesicht, die mit tintenverschmierten Händen in seinem Büro sitzt und sich in ihrem Leben vor allem für eines entschieden hat: niemals zu heiraten und ihre Freiheit zu genießen – auch wenn diese um den Preis der Einsamkeit erkauft sein sollte.

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Rebellische Teenager

Man könnte sich gut vorstellen, dass er sogleich eine wütende feministische Gegenrede zu hören bekommt – zumal die für Jo verantwortliche Filmemacherin Greta Gerwig heißt. Wie kaum eine andere Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin hat die New Yorkerin uns mit selbstbewussten Frauen bekannt gemacht, die Männer für ihr Glück nicht brauchen.

Man denke nur an Gerwigs Regiedebüt „Lady Bird“ (2017), in dem auch schon ein rebellischer Teenager in die Welt hinausstürmte. Auch dieser wurde – wie nun die literarisch so begabte Jo – von der Irin Saoirse Ronan gespielt. Ronan hat für ihre Leistung in „Little Women“ ihre bereits vierte Oscarnominierung eingeheimst, der Film insgesamt sechs – eine davon gilt Gerwig in der Königskategorie um den besten Film. Gerwig ist die einzige Frau, der in diesem Jahr eine Nennung vergönnt ist. Soweit zum aktuellen Stand der Geschlechtergleichheit in Hollywood.

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Es gibt noch etwas Kennzeichnendes für Filme, an denen Gerwig beteiligt ist: neben funkelnder Ironie ein gewisses Harmoniestreben. Jo wird sich die Ausführungen des Verlegers gelassen anhören und ihn bei der nächsten Honorarverhandlung auf seinem ureigenen Feld schlagen: Clever wird sie gute Konditionen für sich herausschlagen.

Man kann verstehen, dass sich die bislang auf eigene Stoffe konzentrierte Gerwig des Romanklassikers der US-amerikanischen Schriftstellerin Louisa May Alcott (1832–1888) angenommen hat – auch wenn dieser schon mehrfach verfilmt wurde, etwa 1949 unter dem Titel „Kleine tapfere Jo“ mit Elizabeth Taylor oder 1994 als „Betty und ihre Schwestern“ mit Winona Ryder, Kirsten Dunst, Claire Danes und Christian Bale. Gerwig macht uns nun mit erstaunlich modern wirkenden Charakteren vertraut.

Ausdrücklich für Mädchen geschrieben

Man könnte den autobiografisch inspirierten Roman und nun auch Gerwigs Film durchaus als Frauenermutigungsprogramm bezeichnen. Alcott hatte ihr Jugendbuch ausdrücklich für Mädchen geschrieben. Sie war in Armut aufgewachsen und musste früh zur Versorgung ihrer Familie beitragen.

Eine Mutter (Laura Dern) und ihre vier Töchter müssen sich in der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs behaupten. Der Ehemann der Mutter ist damit beschäftigt, gegen die Sklaverei zu kämpfen. In Kriegszeiten waren es schon immer die Frauen, die den Laden zu Hause zusammenhalten mussten.

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Im Zentrum des Films steht der Unabhängigkeitsdrang Jos. Vielerorts eckt sie an. Im 19. Jahrhundert müsse man erst mal mit der Enttäuschung fertig werden, als Mädchen geboren worden zu sein, heißt es hier einmal süffisant. Die furchtlose Jo wächst mit künstlerisch ähnlich talentierten Schwestern auf. Nur träumen nicht alle von einer beruflichen Karriere, die zu jener Zeit fürs weibliche Geschlecht eine gesellschaftlich keinesfalls geschätzte Option war.

Der Charmebolzen von nebenan

Meg (Emma Watson) zum Beispiel glaubt an Liebe und Heirat, ganz ohne dabei pekuniäre Vorteile herausschlagen zu wollen, wie es die schmallippige Tante (Meryl Streep) den Schwestern dringend empfiehlt. Amy (Florence Pugh) will sich zwar malerisch verwirklichen, ist aber schwer angetan von dem reichen Charmebolzen Laurie (Timothée Chalamet) aus der prächtigen Villa nebenan – der allerdings hat nur Augen für Jo. Und dann ist da noch Beth (Eliza Scanlen), das kranke Nesthäkchen, deren Gesundheitszustand der Familie Sorgen bereitet.

Mit einem Esprit, wie auch bessere Jane-Austen-Verfilmungen ihn verströmen (Paradebeispiel: Ang Lees „Sinn und Sinnlichkeit“ von 1995), verfolgt Gerwig auf zwei Zeitebenen die Geschicke der March-Schwestern. Wie in jeder guten Familie wird zwar auch hier tüchtig gestritten, in der Not halten die Schwestern jedoch auf Gedeih und Verderb zusammen.

„Little Women“ ist charmant

Gerwig versieht ihre Geschichte mit einem ein wenig zu hoch dosierten Wohlfühlfaktor – muss aber auch gegen die Tragödie an inszenieren, die in dem Stoff steckt. Keineswegs darf Jos Aufbruch von familiärem Unglück erstickt werden.

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„Little Women“ ist eine charmante Angelegenheit – und in Hollywoods aktueller Preissaison eine Konkurrenz für die viel gelobte Komödie „Marriage Story“. Diese hat, welche Ironie, Gerwigs Lebenspartner Noah Baumbach inszeniert.

Und was wird nun aus Jo, der Schriftstellerei und der Liebe, der auch sie nicht entkommt? Da sollten die Zuschauer fein säuberlich zwischen Literatur und Leben trennen. Jo tut das schließlich auch.

„Little Women“, Regie: Greta Gerwig, mit Saoirse Ronan, Emma Watson, Florence Pugh, Meryl Streep, 134 Minuten, FSK 0

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