Golden Globes in Zeiten von Corona: Die Preisverleihung steht vor einer Zäsur

Globe-Siegerin: Chloe Zhao, Regisseurin des Films „Nomadland“.

Globe-Siegerin: Chloe Zhao, Regisseurin des Films „Nomadland“.

In früheren Jahren wäre diese Entscheidung bei einer Golden-Globe-Gala mit uneingeschränktem Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden: Chloé Zhao gewann am Sonntagabend mit ihrem anrührenden Sozialdrama „Nomadland” nicht nur den Golden Globe in der Königskategorie „Bestes Filmdrama”, sie wurde auch als beste Regisseurin gekürt.

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So unglaublich das klingen mag: Die chinesischstämmige Filmemacherin ist damit in der langen Geschichte dieses Preises erst die zweite Frau, der diese Ehre zuteil wird. Das Selbstverständliche gilt hier (wie auch immer noch bei den Oscars) als Sensation: Vor Zhao gelang das nur Barbra Streisand mit „Yentl“. Und das ist 36 Jahre her.

RND-Videoschalte nach den Golden Globes: Darüber spricht Hollywood nach den Verleihungen

In der Nacht zu Montag wurden die Golden Globe Awards verliehen. Einschätzungen dazu gibt es von Hollywoodexpertin Natascha Wittmann in der RND-Videoschalte.

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Im Kreuzfeuer der Kritik

Bewegt sich die Goldene Weltkugel, gehandelt als zweitwichtigster Filmpreis nach den Oscars, also doch? Dies war jedenfalls alles andere als ein normales Jahr für die Vereinigung der Auslandspresse in Hollywood. Und das lag nicht nur an den Kommunikationsproblemen bei der wegen Corona virtuell organisierten 78. Globe-Show, bei der sich die meisten Stars zuschalten ließen (Bill Murray in einem knallbunten Hawaiihemd – etwa aus tropischen Gefilden?).

Nach einem Bericht der „Los Angeles Times“ ist das Häuflein der 87 Auslandsjournalisten in Hollywood kurz vor der Verleihung heftig ins Kreuzfeuer geraten: Längst nicht alle Mitglieder der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) seien journalistisch tätig, kein einziger Schwarzer sei darunter, und der Verband stehe unter dem Verdacht, sich durch großzügige Einladungen beeinflussen zu lassen.

Der Elefant war also im Raum, und die beiden Moderatorinnen Tina Fey und Amy Poehler, die eine in New York, die andere in Los Angeles, packten ihn lieber gleich bei den Stoßzähnen: Einige der Mitglieder könnten sogar Gespenster sein, unkte Fey. „Es gibt ein Gerücht, dass das deutsche Jurymitglied nur eine Wurst ist, auf die jemand ein Gesicht gemalt hat.“

Netflix bei der Verleihung vorn

Vage gelobte ein Abgesandter der Vereinigung am Sonntag Reformwillen. Manche, wie die für ihr Lebenswerk geehrte Jane Fonda, sprachen die Misere offen an: Die Film- und Fernsehindustrie müsse künftig mehr darauf achten, wen sie ausblende. Sacha Baron Cohen, gleich zweifacher Preisträger als Hauptdarsteller und Regisseur der bissigen Satire „Borat Anschluss Moviefilm“, dankte süffisant dem „komplett weißen Verband“. Wenn nicht alles täuscht, stehen die Golden Globes vor einer echten Zäsur, wenn sie ihre Bedeutung behalten wollen.

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Klare Sieger gab es einige: Die viel diskutierte britische Königshausserie „The Crown“ räumte gleich vier Preise ab. Globes für die Netflix-Produktion gab es als beste Dramaserie, für Josh O’Connor als Prinz Charles, für Emma Corrin als Prinzessin Diana und für Gillian Anderson als Margaret.

Netflix hatte 42 Nominierungen eingesammelt und gewann in vielen Top-Fernsehkategorien – auch mit „Damengambit“ und „The Trial of the Chicago 7″. Der Übermacht der Streamingdienste stemmte sich allein „Nomadland“ entgegen. Auch bei dem Kräfteverhältnis zwischen Leinwand und Bildschirm ist etwas ins Rutschen gekommen. Ob das allein daran liegt, dass viele Kinos weltweit noch immer dicht sind?

Der wohl bewegendste Moment des Abends: Die Witwe des im Vorjahr an Krebs gestorbenen Schauspielers Chadwick Boseman nahm unter Tränen dessen Golden Globe entgegen. „Wir müssen diesen Augenblick nutzen, um diejenigen zu würdigen, die wir lieben“, sagte Taylor Simone Ledward. Boseman wurde posthum als bester Hauptdarsteller im Drama „Ma Rainey’s Black Bottom“ geehrt.

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Deutsche gehen leer aus

Und wie schlugen sich die deutschen Kandidatinnen? Maria Schraders Serie „The Unorthodox“ ging ebenso leer aus wie die für ihren Western „Neues aus der Welt“ nominierte Helena Zengel. Die Zwölfjährige hatte sich in Berlin die Nacht um die Ohren geschlagen und musste am Ende Jodie Foster im Drama „The Mauritanian“ den Vortritt lassen.

Zengel wird es verschmerzen können: Erstens hat sie am Montag schulfrei bekommen, und zweitens werden Mitte dieses Monats die Oscarnominierungen bekannt gegeben. Könnte gut sein, dass sie sich auf die nächste Nachtschicht bei der Oscargala Ende April einstellen muss.

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