Sie wurden gebraucht, Emma Peel! Zum Tod der Schauspielerin Diana Rigg

Mit ihr wurde die Serie “Mit Schirm, Charm und Melone” zum TV-Klassiker: Dame Diana Rigg, die Darstellerin der Emma Peel, starb jetzt im Alter von 82 Jahren.

Mit ihr wurde die Serie “Mit Schirm, Charm und Melone” zum TV-Klassiker: Dame Diana Rigg, die Darstellerin der Emma Peel, starb jetzt im Alter von 82 Jahren.

Emma Peel saß auf dem Sofa, Tuba auf dem Schoß, einfach so. Das bauchige Blasgerät spielte vorher und nachher keine Rolle in jener Episode von “Mit Schirm, Charme & Melone”, und die wunderschöne Brit-Agentin tutete auch nur ein paar Mal rein, das wars. Aber was vom Zuschauer normalerweise als absurd oder “hä?” gewertet worden wäre, erschien hier ganz natürlich und supersexy. Auch wenn Emma Peel ohne Vorwarnung wie ein Slapstickmädchen im Zeitraffer hinter einem führerlosen Milchwagen herhopste, ging dieser eigentlich völlig unpassende Stimmungswandel von Thriller zu Klamauk okay. “Mit Schirm, Charme und Melone” ist eine Serie, die fast 55 Jahre später immer noch groovt. Verdienst von Diana Rigg, die von der Queen geadelte Schauspielerin, durch deren Figur der Emma Peel die britische Serie überhaupt erst zu Kult wurde. Jetzt ist sie mit 82 Jahren gestorben.

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Emma Peels Name war phonetisch mit dem Sechzigerjahre-Filmindustrie-Ausdruck “M-Appeal” identisch, der Abkürzung für Man-Appeal, also der (möglichst Bindung erzeugenden) Wirkung einer weiblichen Darstellerin auf einen männlichen Zuschauer. Wobei es ganz egal ist, ob Diana Rigg, die Tochter eines Eisenbahningenieurs, die ihre ersten acht Lebensjahre in Indien verbrachte, im Pelzkragen mondän auf Audrey Hepburn machte oder ob sie im hautengen schwarzen Lederdress (“Das Ding war ein Alptraum. Ich brauchte 45 Minuten, um da rauszukommen, wenn ich auf die Toilette musste”) Bösewichte windelweich klopfte. M-Appeal war immer.

Diana-Rigg-Junkies wurden die Deutschen 1966

Seit 1961 lief die Serie im Königreich, ab der zweiten Saison stand dem Helden John Steed (Patrick MacNee) mit Catherine Gale erstmals eine Partnerin zur Seite (gespielt von Honor Blackman, dem späteren Bond-Girl Pussy Galore). In Deutschland wurde erst ab Mrs. Peels (Diana Rigg) Dienstantritt gesendet, Peel/Rigg-Junkies wurden die Deutschen ab 18. Oktober 1966. Und mit wöchentlich bis zu 16 Millionen Zuschauern war die Serie 1967 der Hit im ZDF, nur Lou van Burgs Straßenfegershow “Der Goldene Schuss” kam da ran. 36 (von 51) Folgen gab’s im Zweiten, Sexappeal ohne Blankziehen, dank Karate-Emma. Wobei ... eigentlich war’s ja Kung-Fu. Das Diana Rigg heimlich beigebracht werden musste, weil die Produzenten erstmal auf Judo bestanden hatten – Cathy Gale hatte all ihre Schurken noch über die kalte Schulter geworfen.

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“Mrs. Peel, wir werden gebraucht”, mit diesen Worten lud John Steed seine Partnerin vorzugsweise ins Abenteuerland ein. Dann tuckerte er in seinem Bentley-Schnauferl über die britischen Landstraßen der Swinging Sixties und kämpfte mit Ironie und Paraplü, während Diana/Emma im schnittigen Lotus Elan heranbrauste (am besten zu Laurie Johnsons ohrwurmiger, thrillend-ironischer Erkennungsmelodie) und auf Entfernung auch schon mal ihren Webley-Mk-IV-Revolver mit Perlmuttbeschlägen einsetzte. Gekämpft wurde in Geisterschlössern und High-Tech-Laboren, gegen Schrullopathen, Geheimorganisationen und Roboter, der plakative Grusel- und Science-Fiction-Touch schlug die damals knapp gehaltenen Fans des Fantastischen in Bann. All das, samt der Bond-artigen Weltrettungsdimension hat die Serie, die auch mit frühen ökologischen Statements und Visionen von winzigen Computern aufwarten kann, bis heute im Kultstatus gehalten.

Uma Thurman war kein Emma-Ersatz für Diana Rigg

Ob da was knisterte zwischen Peel und Steed? Für “Avengers”-Schreiber Brian Clemens war das Nothelferpärchen ganz klar miteinander im Bett gewesen. Pst! Glauben wir nicht! In Quentin Tarantinos “Pulp Fiction” (1994) gestand John Travolta als Vincent Vega gegenüber Uma Thurman Gewalterotisches, nämlich dass er davon träume, von Emma Peel verdroschen zu werden. Vier Jahre später schlüpfte Thurman dann für ein Kino-Remake in Emmas Rolle. Aber das war nicht das, was Vega gemeint hatte. Der Film war eine royale Lusche. Weil: Diana Rigg ist Emma. Für immer. Und immer. Und immer.

Im Kino blieb Diana Rigg unter “ferner liefen”, dafür wurde sie ein gefeierter Theaterstar, war Mitglied der Royal Shakespeare Company. 1997 gewann sie den TV-Preis Emmy für eine Neuverfilmung von Daphne DuMauriers Roman “Rebecca”, den – fast 50 Jahre zuvor – Hitchcock verfilmt hatte. Zuletzt hatte Rigg in der Comedyserie “Detectorists” und der Royals-Serie “Victoria” gespielt. Die Miniserie “Narcissus” über Nonnen im Himalaya ist derzeit in der Nachproduktion. Ein beeindruckendes Comeback war ihr in 2013 als spitzzüngige Lady Olenna Tyrell, “Königin der Dornen”, in der gern als “Serie aller Serien” apostrophierten Fantasysaga “Game of Thrones” geglückt. Die sprachgewandte Dame musste in der siebten Staffel unter Jaime Lennisters Augen leider einen Giftkelch leeren – sie fehlte in der finalen “GoT”-Runde in jeder Hinsicht.

Rigg wäre die perfekte weibliche 007 gewesen

Dann war da noch der Agentenfilm “Im Geheimdienst Ihrer Majestät” von 1969. Da war Diana Rigg tatsächlich die Ehefrau von James Bond. Nein, leider nicht von dem gerade 90 Jahre alt gewordenen Sean Connery – sondern von dem inzwischen halb vergessenen Einmal-007 George Lazenby. Eigentlich wäre sie damals, nach Connerys (vorläufigem) Abschied von Bond, die beste Wahl für die jüngst viel diskutierte weibliche 007 gewesen. Aber die Zeit war noch nicht so weit.

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Heute gehört der DVD-Abend “Mit Schirm, Charme und Melone”. Sie wurden gebraucht, Diana Rigg. Und werden es immer noch. Bye-bye!

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