Wie sinnvoll ist eine Zuckersteuer?

Süße Getränke: Wie sinnvoll ist eine Zuckersteuer gegen Adipositas und Co.?

Süße Getränke: Wie sinnvoll ist eine Zuckersteuer gegen Adipositas und Co.?

Die Deutschen nehmen im Durchschnitt viel zu viel Zucker zu sich. Hoher Zuckerkonsum gilt als wesentliche Ursache dafür, dass seit Jahren der Anteil übergewichtiger Menschen zunimmt. Im Jahr 2017 waren die Hälfte der Erwachsenen und jedes siebte Kind in Deutschland übergewichtig. Das hat gravierende Auswirkungen: Die gesundheitlichen Folgen von übermäßigem Zuckerkonsum reichen von Diabetes Typ 2 über koronare Herzerkrankungen zu Zahnkaries. Nichtsdestotrotz ist der Gesetzgeber in Deutschland bislang kaum tätig geworden, wenn es darum geht, hohen Zuckerkonsum einzuschränken.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Warum eigentlich?

Andere Länder zeigen, dass es durchaus Handlungsoptionen gibt. So hat eine Vielzahl von Staaten Steuern auf zuckergesüßte Getränke eingeführt, darunter Mexiko, Großbritannien, Frankreich, Norwegen und Finnland. Softdrinks und Limonaden stehen im Fokus, weil sie in der Regel keine Nährstoffe enthalten, kein Sättigungsgefühl erzeugen und so einen “unnötigen” Mehrkonsum von Zucker bedeuten. Zudem trinken insbesondere Kinder und Jugendliche, die die Langzeitfolgen von Limo nicht immer berücksichtigen dürften, solche Getränke. Obwohl Deutschland europaweit das Land ist, in dem die meisten Softdrinks pro Kopf getrunken werden, hat Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, die Wirkung einer Steuer bislang bezweifelt.

Softdrinksteuer kann einiges bewegen – das zeigen andere Länder

Doch schaut man sich an, was solch eine Softdrinksteuer in anderen Ländern bewegt, zeigt sich: Die Steuer wirkt. In Mexiko hat diese Abgabe die Preise um 10 bis 14 Prozent erhöht. Die Käufe sind nach der Steuereinführung um durchschnittlich 6 Prozent im ersten Jahr gesunken, im zweiten Jahr sogar um 10 Prozent. In Dänemark hat eine Steuererhöhung auf Softdrinks die Preise um 11 Prozent erhöht, woraufhin die Käufe um 13 Prozent gesunken sind. Auch in den USA haben Steuern in einer Reihe von Städten wie Philadelphia und Berkeley zu einem Rückgang im Konsum geführt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Doch reagieren jene Verbraucher, deren Zuckerkonsum besonders problematisch ist, auf die Steuer? Die Antwort lautet: teils, teils. Eine Studie mit britischen Daten zeigt, dass Jugendliche auf Preisanreize stärker ansprechen als Erwachsene. Der Effekt wäre somit an der richtigen Stelle eingetreten. Jedoch reagieren Menschen, die insgesamt viel Zucker zu sich nehmen, weniger stark auf die Steuer und die folgenden Preiserhöhungen. Dies wiederum relativiert die Wirkung.

Studien mit amerikanischen und mexikanischen Daten haben zudem gezeigt, dass ärmere Menschen ihren Softdrinkkonsum stärker reduzieren, wenn Steuern eingeführt werden. Gerade ärmere Menschen leiden aber auch häufiger unter Übergewicht. Das heißt: Gerade sie profitieren besonders von einer Reduktion des Zuckerkonsums.

Ärzte und Krankenkassen fordern immer wieder von der Bundesregierung Maßnahmen gegen Krankheiten, die durch Zucker ausgelöst werden können.

Ärzte und Krankenkassen fordern immer wieder von der Bundesregierung Maßnahmen gegen Krankheiten, die durch Zucker ausgelöst werden können.

Besonders vielversprechend an einer Zuckersteuer ist jedoch, dass sie den Produzenten ökonomische Anreize geben kann, ihre Produkte weniger gesundheitsschädlich zu machen. In Deutschland setzt die Politik dazu bislang auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Produzenten. Die Softdrinksteuer in Großbritannien zeigt jedoch, dass eine Steuer diesen Prozess beschleunigen kann. 2018 hat Großbritannien eine stufenweise Steuer eingeführt, die Softdrinks zwischen fünf und acht Gramm Zucker pro 100 Milliliter mit 18 Pence pro Liter besteuert, solche mit mehr als acht Gramm mit 24 Pence pro Liter.

Viele Hersteller haben daraufhin den Zuckergehalt ihrer Produkte reduziert, um der hohen Steuerrate zu entgehen. Die Anzahl an Produkten mit mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter ging um 33 Prozent zurück. Während Fanta den Zuckergehalt um 30 Prozent reduzierte, hat der Supermarktriese Tesco den Zuckergehalt aller Limonadeneigenmarken um durchschnittlich 20 Produzent gekürzt. Als positiver Nebeneffekt erhöht eine solche Steuer die Preise der ungesündesten Produkte am stärksten.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Jetzt ist entschiedenes politisches Handeln gefragt

Eine Softdrinksteuer wirkt also sowohl bei Konsumenten als auch bei Produzenten. Allerdings: Sie wird die Probleme mit Fehlernährung und Übergewicht nicht im Alleingang lösen können.

Um in diesem Feld einen Bewusstseinswandel zu erreichen, sind weitere Maßnahmen nötig. Vielversprechend ist die Lebensmittelampel, die dieses Jahr in Deutschland endlich genehmigt werden soll, die aber verpflichtend gemacht werden müsste, um effektiv zu sein. Darüber hinaus sollte über ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel nachgedacht werden. Produzenten von Limonaden und Süßigkeiten richten ihr aggressives Marketing häufig besonders auf Kinder und Jugendliche aus. Nach dem Vorbild von Tabakprodukten könnten auch Warnhinweise auf den Verpackungen von Süßigkeiten und Limonaden über die Folgen von hohem Zuckerkonsum informieren.

Um der sogenannten Adipositas-Epidemie zu begegnen, ist also entschiedenes politisches Handeln gefordert. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass klug gestaltete Steuern auf Softdrinks ein erster Schritt sein können. Um merkliche Erfolge zu erzielen, sollte eine Steuer auf den Zuckergehalt aber auf weitere Produkte ausgeweitet werden. Flankiert werden sollte eine Steuer durch Maßnahmen wie eine verpflichtende Lebensmittelampel, Informationskampagnen und mögliche Werbeverbote für gesundheitsschädliche Produkte.

Der lange Kampf gegen den Tabakkonsum hat gezeigt, dass nur ein breit angelegtes Maßnahmenpaket über die Zeit zu einem Kulturwandel im Konsumverhalten führen kann.

Mehr aus Gesundheit

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken