WHO: Ernüchternde Ergebnisse zu Corona-Mittel Remdesivir
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Mehrere in weltweiten Testreihen überprüfte, potenzielle Corona-Medikamente haben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wenig oder keinen Nutzen gezeigt.
© Quelle: Ulrich Perrey/dpa-POOL/dpa
Genf. Mehrere in weltweiten Testreihen überprüfte, potenzielle Corona-Medikamente haben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wenig oder keinen Nutzen gezeigt. Darunter ist auch ein Mittel, das US-Präsident Donald Trump nach seiner Infektion mit dem Virus Sars-CoV-2 erhielt: Remdesivir. Das Arzneimittel ist auch in Europa zur Therapie von Covid-19 zugelassen. Der Hersteller von Remdesivir, Gilead, betonte am Freitag erneut die Wirksamkeit seines Medikaments. Man sei besorgt darüber, dass die Daten der WHO-Studie nicht die übliche strenge Überprüfung erfahren hätten.
Im Rahmen der von der WHO koordinierten Solidaritätsstudie mit Tausenden Patienten in fast 500 Kliniken in mehr als 30 Ländern waren Remdesivir, Chloroquin/Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir und Interferonregime geprüft worden. Die Medikamente waren ursprünglich für andere Krankheiten entwickelt worden.
Zwischenergebnisse legten nahe, dass die getesteten Medikamente wenig oder gar keinen Effekt hatten, teilte die WHO am Freitag mit. Geprüft wurden unter anderem, welchen Einfluss sie auf die Sterblichkeit, den Zeitpunkt für den Einsatz von Beatmungsgeräten und die Länge des Krankenhausaufenthalts hatten.
Rasche Besserung, aber nicht weniger Tote
Die bisher veröffentlichten Studien zu Remdesivir zeigten eine raschere klinische Besserung, vor allem bei schwer Erkrankten, aber keinen signifikanten Unterschied in der Mortalität zwischen einer Remdesivir-Therapie und einer Behandlung mit Placebo, erklärte Bernd Salzberger, Bereichsleiter Infektiologie, Universitätsklinikum Regensburg. Die WHO-Studie gebe nun einen deutlichen Hinweis, dass „ein Effekt von Remdesivir auf die Mortalität von Covid-19 gering ist“.
Salzberger vermutet allerdings, dass sich die Anwendung von Remdesivir durch die WHO-Studie nicht rasch ändern wird. „Eine klinische Wirksamkeit ist vorhanden, hier zeigen alle bisherigen Studien immerhin in die gleiche Richtung: eine raschere Verbesserung des klinischen Zustands. Was uns leider noch fehlt, ist eine Antwort auf die Frage, wie wir sinnvoll die beiden Therapiestrategien Dexamethason und Remdesivir kombinieren.“
„Enttäuschung“ über Versagen Remdesivirs
Da Remdesivir bereits im Klinikalltag eingesetzt wird, sind die – vorläufigen – Ergebnisse ein Schlag ins Kontor. „Dass hier auch Remdesivir bei größerer Fallzahl und im ‚real world setting‘ versagt hat, ist die eigentliche Enttäuschung“, sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin an der München Klinik Schwabing. Für andere Medikamente sei die Nichtwirksamkeit bereits belegt worden. Dass nun die „Hoffnungsträger“ Remdesivir, Hydroxychloroquin, Lopinar/Ritonavir und IFN-ß1a ebenfalls geringe bis keine Wirkung aufweisen, sei ernüchternd. „Denn inzwischen wissen wir, dass ein zu später Einsatz von Remdesivir, wenn bereits schwere Entzündungsreaktionen im Körper ablaufen, nutzlos ist.“
Die Ergebnisse seien noch nicht veröffentlicht, betonte die WHO, sondern müssten noch von Experten geprüft werden. Ein Manuskript wurde aber auf dem Server medRxiv der amerikanischen Yale-Universität hochgeladen.
Doch für Wendtner ist die Lage bereits klar: „Trotz der Einschränkung, dass bis dato keine detaillierten Daten auf dem Preprint-Server verfügbar sind und ein Peer Review Verfahren noch aussteht, kann festgehalten werden, dass die Studie ihren primären Endpunkt verfehlt hat: Durch keines der vier getesteten Medikamente lässt sich die Sterblichkeit von Covid-19 bei symptomatischen Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, verringern.“
RND/dpa/ame