Wer haftet für Impfschäden durch die Corona-Impfung?
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Eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca wird in einem Impfzentrum aufgezogen. In Deutschland sind bis Mitte April 63 Fälle von Thrombosen nach einer Impfung mit dem Mittel gemeldet worden, zwölf davon sind tödlich verlaufen.
© Quelle: Matthias Bein/dpa
Joachim Cäsar-Preller vertritt als Rechtsanwalt Patienten, bei denen es nach der Corona-Impfung zu schweren Nebenwirkungen gekommen ist. Im RND-Interview erklärt Cäsar-Preller, wer für Impfschäden haftet und wie sich Betroffene und deren Angehörige am besten verhalten sollten.
Herr Cäsar-Preller, ganz allgemein gefragt: Wer haftet für Gesundheitsschäden, die durch Impfungen verursacht werden?
Joachim Cäsar-Preller: Haftbar gemacht werden können der Hersteller, unter bestimmten Umständen auch der Arzt oder in einigen Fällen sogar der Staat. Zum Teil können auch gleichzeitig Ansprüche bei mehreren Stellen geltend gemacht werden. Dabei muss normalerweise der Geschädigte nachweisen, dass es wirklich einen Zusammenhang zwischen der Impfung und den Gesundheitsschäden gab, was oft gar nicht so leicht ist.
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© Quelle: dpa-Video
Bei der Impfung von Astrazeneca gehen selbst offizielle Stellen wie die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) inzwischen davon aus, dass die Impfung in einigen Fällen gefährliche, teils tödliche Hirnvenen-Thrombosen auslösen kann.
Wenn eine Nebenwirkung auftritt, über die schon zuvor mehrfach berichtet wurde wie bei Astrazeneca und auch offizielle Stellen schon Bedenken hatten, dann sieht es anders aus. In diesem Fall müsste eher der Hersteller nachweisen, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Nebenwirkungen und der Impfung gab.
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Der Wiesbadener Anwalt Joachim Cäsar-Preller vertritt die Rechte von Impfgeschädigten.
© Quelle: privat
Wenn sich jemand selbst dafür entscheidet, dass er mit einem bestimmten Impfstoff geimpft werden möchte, obwohl er die Risiken kennt: Entfällt dann bei Nebenwirkungen sein Anspruch auf Entschädigung?
Nein, und das ist auch gut so. Denn als Laie können Sie ja weder die medizinische noch die juristische Tragweite sicher beurteilen. Deshalb besteht die Gefahr, dass Sie Risiken leichtfertig in Kauf nehmen. Weder der Arzt, der Sie impft, noch der Hersteller oder der Staat sind daher automatisch aus der Verantwortung für Impfschäden entlassen.
Nachdem die ersten Verdachtsfälle bekannt geworden waren, stoppten Länder wie Dänemark die Impfungen mit Astrazeneca sofort. In Deutschland wurde zunächst weiter geimpft. Auch die Entscheidung, Jüngere nicht mehr mit Astrazeneca zu impfen, fiel erst später als in anderen Ländern. In der Zwischenzeit kam es zu weiteren Todesfällen. Was bedeutet das für die Rechtsprechung?
Bei Impfschäden, die in diesem Zeitraum aufgetreten sind, stehen die Chancen gut, dass Ansprüche gegenüber dem Hersteller geltend gemacht werden können. Wenn es bereits Verdachtsfälle auf schwere Nebenwirkungen gab, egal ob im In- oder Ausland, wirkt sich das bei der Rechtsprechung negativ für den Hersteller aus.
Ich vertrete momentan eine Geschädigte und die Angehörigen einer Frau, die nach der Impfung verstorben ist. Beide waren unter 60 Jahre alt und beide Fälle haben sich ereignet, nachdem es bereits Zweifel an der Sicherheit von Astrazeneca gegeben hatte. Wir befinden uns momentan noch in außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Hersteller.
Die EU soll die Hersteller von Corona-Impfstoffen durch bestimmte Vertragsklauseln aus der Haftung entlassen haben. Die Verträge werden hierbei nicht offengelegt. Was ändert das für Impfgeschädigte?
Die Ansprüche von Impfgeschädigten gegenüber den Herstellern werden davon nicht berührt. Sie können nicht durch Verträge ausgeschlossen werden. Ein solcher Haftungsausschluss hätte bei Impfschäden keinerlei Relevanz.
Impfungen sind nun auch beim Arzt möglich. Wann steht dieser in der Haftung für Impfschäden?
Ärzte haben die Pflicht, ihre Patienten gut zu beraten und wie bei jeder Behandlung Risiken und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Außerdem müssen sie über das Impfrisiko aufklären. Wenn ein Arzt zum Beispiel im Fall von Astrazeneca die Impfrisiken verschweigt oder verharmlost, dann kann ihn ein Geimpfter bei schweren Impfnebenwirkungen auf Schadensersatz verklagen.
Ärzte sind verpflichtet, für solche Fälle eine Vermögenshaftpflichtversicherung abzuschließen, die für die Kosten aufkommt. Wenn ein Arzt Sorge hat, dass ein Impfstoff seinem Patienten schaden könnte und er haftbar gemacht wird, muss er die Impfung aber auch nicht durchführen.
Die Impfempfehlung zu Astrazeneca ist nicht ganz eindeutig und wird von Ärzten und Politik derzeit unterschiedlich interpretiert. So ist nicht klar, in welchem Fall auch Jüngere durch die Empfehlung abgedeckt sind. Welche Bedeutung haben die Impfempfehlungen der Stiko überhaupt, wenn es später um die Haftung für Impfschäden geht?
Wenn ein Arzt nicht im Rahmen der Stiko-Empfehlung impft, kann er bei Impfschäden leichter haftbar gemacht werden. Allerdings bedeutet auch eine Impfempfehlung der Stiko nicht automatisch, dass der Arzt aus seiner Verantwortung entlassen wird. Er muss trotzdem den allgemeinen Gesundheitszustand seines Patienten berücksichtigen und mögliche Vorerkrankungen oder spezielle Risikofaktoren, die das Risiko schwerer Nebenwirkungen erhöhen könnten. Im Impfzentrum hingegen kennen die Ärzte den Patienten ja gar nicht, da kann man das nicht erwarten.
Bei einer Impfung, die von der Stiko empfohlen wird, gibt es außerdem bei einem Impfschaden den Anspruch auf bestimmte Versorgungsleistungen der Länder. Diese fallen aber nicht sehr hoch aus und sind nicht mit echten Schadensersatzansprüchen zu vergleichen.
Die offiziellen Stellen wie das Paul-Ehrlich-Institut und auch Politiker hatten stets behauptet, die Impfung von Astrazeneca sei „sicher und verträglich“. Wenn ich mich darauf verlassen habe und dann doch zu Schaden komme, kann ich dann nicht doch Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Staat geltend machen?
Behörden wie das PEI sind dem BMG unterstellt. Wenn man Vertretern einer solchen Behörde im Extremfall nachweisen könnte, dass sie sich schuldhaft verhalten haben, könnte man sie wegen einer Amtspflichtverletzung klagen. Ansprüche auf Schadensersatz könnten dann nicht gegenüber den Behörden sondern stellvertretend gegenüber dem Staat geltend gemacht werden. Politiker hingegen haften vor allem bei Wahlen.
Wenn ich mich impfen lassen möchte: Wie kann ich meine Ansprüche im Fall eines Impfschadens von vornherein besser absichern?
Ich empfehle, am besten den Partner zum Impftermin mitzunehmen. So kann man es später besser beweisen, wenn man nicht richtig aufgeklärt wurde. Es gibt auch schon spezielle Angebote von Versicherungen, die das Impfrisiko besonders absichern, also ganz gezielt für Impfschäden gedacht sind.
Was sollte man tun, wenn nach der Impfung gesundheitliche Probleme auftreten und man den Verdacht hat, dass es sich um eine Nebenwirkung handelt?
Wenn die Impfung im Impfzentrum stattgefunden hat, sollten Sie bei Beschwerden zunächst den Hausarzt konsultieren. Falls es der Hausarzt war, der geimpft hat, sucht man am besten einen anderen Arzt auf. Dann ist es wichtig, sich die Symptome bestätigen zu lassen, sie müssen von einem Mediziner diagnostiziert und dokumentiert werden.
Bei starken Beschwerden, die nicht weggehen oder wiederkehrend auftreten, kann man einen Anwalt in Anspruch nehmen. Es gilt dann auch, schnell auf den Hersteller zuzugehen, um die Haftung geltend zu machen, denn hierbei gelten Verjährungsfristen. Diese liegen momentan bei drei Jahren.
Was ist zu tun, wenn jemand nach der Impfung stirbt?
Beim Verdacht auf eine tödliche Nebenwirkung der Impfung sind die Angehörigen gefragt und müssen sofort reagieren: Sie sollten im Krankenhaus auf eine Obduktion drängen. Wenn nötig, muss die Polizei benachrichtigt werden, um beim Verdacht auf eine tödliche Nebenwirkung die Obduktion durchzusetzen. Es liegt dann nämlich der Verdacht auf ein möglicherweise strafbares Verhalten von Arzt oder Hersteller vor. All das ist für die Angehörigen nicht angenehm. Aber wenn ein Leichnam erst einmal eingeäschert ist, kann die Impfung als Todesursache kaum noch nachgewiesen werden.
Was können Impfgeschädigte oder deren Angehörige mit einer Klage auf Schadensersatz erreichen?
Bei schweren Impfschäden die zur Arbeitsunfähigkeit führen, kann der Schadensersatz zum Beispiel in einer lebenslangen Rente bestehen, die sich mit einigen Abzügen am letzten Gehalt orientiert. Bei Verstorbenen gehen die Ansprüche auf die Hinterbliebenen über. Auch hier besteht Anspruch auf eine Rente oder Unterhaltszahlungen, wenn der oder die Verstorbene zum Unterhalt einer Familie beigetragen hat. Dazu können Schmerzensgeldzahlungen an die Hinterbliebenen kommen, was den Verlust eines Angehörigen aber natürlich nicht aufwiegt.