Hormontherapie oder Naturmedizin – was hilft bei Beschwerden in den Wechseljahren?

Ob pflanzliche Präparate oder Hormonersatztherapie: Es gibt verschiedene Wege durch die Lebensphase Wechseljahre.

Ob pflanzliche Präparate oder Hormonersatztherapie: Es gibt verschiedene Wege durch die Lebensphase Wechseljahre.

Hannover. Im ersten Moment sieht es schon danach aus, als hätte die Natur eine Menge ungerechte Entscheidungen getroffen: Schon die Mädchen müssen sich mit dem Thema Blut beschäftigen. Und das jeden Monat – knapp eine Woche lang! Binden oder Tampons besorgen, immer griffbereit haben und Menstruationsbeschwerden möglichst wegatmen oder mit viel Schokolade ruhigstellen.

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Und auch mit den Wechseljahren kommt noch lange keine Ruhe rein. Die Natur legt nach: Hitzewellen, Nachtschweiß, Stimmungsschwankungen – trotz Menstruation. Eine Phase, die im Schnitt noch mal 6,5 Jahre dauert.

Chance auf einen Neuanfang

Katrin Schaudig, Expertin für gynäkologische Hormone, beruhigt: „Das ist nicht das Ende der Welt. Die Wechseljahre führen bei vielen Frauen sogar zu einem Neuanfang“, sagt die Hamburger Gynäkologin. „Denn statistisch gesehen rutscht das Thema fast in die Mitte des Lebens. Schließlich werden Frauen häufig über 90 Jahre alt, haben also nach der Menopause oft noch rund ein Drittel Lebenszeit vor sich.“

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Vor 100 Jahren hätten viele Frauen die Wechseljahre gar nicht mehr erlebt. Kein Wunder also, wenn die eine oder andere noch mal „die Reset-Taste drückt“, sagt Schaudig, räumt aber ein, dass die körperlichen Begleiterscheinungen bei diesem Vorhaben sehr hinderlich sein können.

Die Hormonproduktion nimmt ab

Nehmen wir uns das Thema einmal medizinisch vor: Bei den meisten Frauen produzieren die Eierstöcke ab Mitte 40 allmählich weniger Geschlechtshormone, der Eisprung bleibt häufiger aus und die Fruchtbarkeit nimmt ab. Ein Anzeichen dafür ist, dass die Monatsblutungen unregelmäßiger kommen. Die Zyklen sind anfangs oft kürzer, später oft länger. Schließlich stoppt die Menstruation ganz. Die allerletzte Monatsblutung wird Menopause genannt.

Hierzulande sind die Frauen im Durchschnitt 51 Jahre alt. Doch die Bandbreite ist groß: Bei manchen Frauen hört die Periode schon im Alter von 45 Jahren oder früher auf. Andere erleben die Menopause erst mit Mitte 50. Bis die hormonelle Umstellung ganz abgeschlossen ist, vergehen üblicherweise noch weitere Jahre.

Von Hitzewallung bis Verstimmung

Wechseljahre – der Fachbegriff lautet Klimakterium – bezeichnen also die Jahre vor und nach der letzten Regelblutung: den Übergang von der Lebensphase, in der Frauen Kinder bekommen können, hin zu der Lebensphase, in der sie nicht mehr schwanger werden. Bei etwa zwei Drittel der Frauen werden die Wechseljahre von zahlreichen Beschwerden begleitet.

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Eine Umfrage von Stiftung Warentest unter 1500 Frauen hat ergeben, dass die meisten unter Hitzewallungen (87 Prozent) und Schlafstörungen (71 Prozent) leiden. Auch Herzklopfen, Schwindel und Scheidentrockenheit können in den Wechseljahren verstärkt auftreten. Außerdem klagen manche Frauen über depressiven Verstimmungen, Antriebslosigkeit, Nervosität und innerer Unruhe. Gefühlt geht es häufig um Angst, Alter und Abschied – das Thema wird noch allzu häufig tabuisiert. Wer kennt schon Frauen, die in großer Runde zugeben, in den Wechseljahren zu sein?

Über den physiologischen Ablauf der Wechseljahre ist sich die Medizinwelt weitgehend einig. Doch über den Umgang damit gibt es sehr verschiedene Ansichten: Die einen favorisieren eine gezielte Hormontherapie, die anderen schwören auf homöopathische Hilfe, wieder andere raten zum bewussten Älterwerden ohne jegliches Präparat.

Behandlung abhängig vom Leidensdruck

Dr. Katrin Schaudig lehnt eine Hormonersatztherapie keinesfalls ab. „Das kommt ganz auf den Leidensdruck der Frau an“, sagt die Expertin, die sich in ihrer Praxis auf gynäkologische Endokrinologie spezialisiert hat. „Das muss im Einzelfall entschieden werden.“ Dabei spielten Risiken wie Brustkrebs, Thrombose und Schlaganfall eine Rolle, aber auch, ob die Patientin noch ihre Gebärmutter habe.

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„Vor allem das Thema Brustkrebs macht vielen Frauen Angst“, weiß Schaudig. Dazu habe es früher zahlreiche Studien gegeben, die heute differenzierter betrachtet werden. Das sei auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit: „Wer Alkohol trinkt, Übergewicht hat und keinen Sport treibt, erhöht sein Brustkrebsrisiko um ein Vielfaches. Aber das wollen die meisten nicht ändern, weil sie dafür aus ihrer Komfortzone raus müssten.“

Dabei würde vor allem Bewegung gegen Schlafstörungen und depressive Stimmung helfen und Yoga gegen Hitzewallungen. Auch pflanzliche Präparate könnten Begleiterscheinungen lindern. „Aber da ist die Datenlage nicht gesichert – es gibt so gut wie keine Langzeitstudien.“

Homöopathie und hormonähnliche Pflanzenstoffe

Prof. Dr. Ingrid Gerhard, Gynäkologin aus Heidelberg, sieht die Hormonersatztherapie eher kritisch. „Erste Wahl für die Frauen in den Wechseljahren sollte immer eine naturheilkundliche Therapie sein“, sagt die Frauenärztin, die sich auf Naturheilkunde und Umweltmedizin spezialisiert hat. „Dazu gehören Akupunktur, Homöopathie und hormonähnliche Pflanzenstoffe, die man über die Ernährung oder auch als Medikament einnehmen kann.“ Dazu zählt die Autorin standardisierte Präparate auf Sojabohnenbasis, Rotklee, Türkischem Rhabarber, Salbei oder Traubensilberkerze.

„Aber Vorsicht, nur weil die Pflanzenhormone als sanft gelten, muss das nicht heißen, dass sie nicht auch unerwünschte Nebenwirkungen haben könnten“, warnt die Medizinerin. „Besonders wenn der Körper fast keine eigenen Östrogene mehr produziert, können manche Pflanzenöstrogene auch stimulierend auf das Zellwachstum von Brust oder Gebärmutterschleimhaut wirken.“

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Vor allem Frauen mit Brustkrebsrisiko rät Gerhard deshalb von hoch konzentrierten Präparaten ab, während in die Ernährung eingebaute Sojaprodukte durchaus gegessen werden dürfen. „Lediglich bei der Traubensilberkerze scheint es einen anderen Wirkmechanismus zu geben, sodass standardisierte Wurzelstockextrakte nach dem heutigen Erkenntnisstand als sicher gelten.“

Pflanzenkost an erster Stelle

Generell sieht Gerhard großes Potenzial im Lebensstil. „Die Ernährung kann eine ganz große Hilfe sein, die wir normalerweise noch viel zu wenig nutzen. Pflanzenkost steht an oberster Stelle. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Salat und Kräuter enthalten neben den wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auch sekundäre Pflanzenstoffe, die jede Körperzelle zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion und zum Schutz vor vorzeitiger Alterung braucht. Durch eine gesunde Ernährung wird gleichzeitig das Wachstum der guten Darmbakterien angeregt und die Leberfunktion unterstützt, sodass die Hormone wieder ins Gleichgewicht kommen können.“

Das Hier und Jetzt genießen

Auch regelmäßige Bewegung spiele eine wichtige Rolle, weiß Gerhard: „Unzählige Studien zeigen, dass Sport Frauen vor Wechseljahresbeschwerden schützt, aber auch noch hilfreich ist, wenn bereits Beschwerden bestehen.“ Außerdem würden so die Alterungsprozesse verlangsamt. „Das gilt sowohl für die körperlichen als auch für die geistigen Fähigkeiten.“

Und was rät die Medizinerin für die Lebensphase nach der Menopause? „Frauen sollten sich über ihre Bedürfnisse klar werden, ihren Körper und ihre Seele pflegen.“ Dazu gehöre einerseits, aktiv zu bleiben, sich aber anderseits auch Auszeiten zu gönnen. Gerhard ermutigt, das Hier und Jetzt zu genießen und täglich zu meditieren. „Suchen Sie solange, bis sie den richtigen Lehrer dafür gefunden haben, und wenden Sie die Meditation täglich an.“

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Erklären, was im Körper vorgeht

Für Petra Bentz vom feministischen Frauengesundheitszentrum in Berlin ist die Hormonersatztherapie ebenfalls keine Alternative. Die Diplompädagogin versteht ihre Arbeit als ein Angebot für Frauen, die sich in der gynäkologischen Praxis nicht ausreichend informiert fühlen. Sie und ihre Kolleginnen bieten Beratungen an, halten Vorträge, organisieren Veranstaltungen und helfen mit einer speziellen Broschüre. „Dabei klären wir Fragen, was im Körper vorgeht, was sich verändert und was jede selbst tun kann.“

Gegen die körperlichen Beschwerden rät Bentz zum Beispiel, Salbeitee zu trinken oder sich nach dem Zwiebelprinzip zu kleiden. Pflanzlichen Präparaten wie Traubensilberkerze oder Mönchspfeffer steht sie offen gegenüber.

Als Zeichen von Schwäche empfunden

„Auch der psychische Druck ist häufig ein Thema“, sagt die Diplompädagogin. Da gehe es viel um Angst und Unsicherheit. „Vielen Frauen sind ihre Hitzewallungen peinlich. Sie empfinden sie als Zeichen von Schwäche, fühlen sich nicht leistungsfähig genug.“

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Bentz empfiehlt ein Innehalten und „ein wenig Sortierarbeit, indem sich frau fragt: Was habe ich alles schon geschafft? Wofür will ich meine Kräfte noch nutzen? Und wofür nicht mehr?“ Durch die nachlassende Östrogenproduktion, aber gleichbleibende und damit relativ erhöhte Testosteronkonzentration würden Frauen nach der Menopause oft etwas kampfbereiter auftreten. „Positiv egoistisch“, nennt Bentz das Phänomen, „eine gute Basis für einen Neubeginn.“

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