Fragen und Antworten

Affenpocken in Europa: Wie gefährlich ist das Virus?

Elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt reife, ovale Affenpockenviren (links) und kugelförmige unreife Virionen (rechts), die aus einer menschlichen Hautprobe stammen.

Elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt reife, ovale Affenpockenviren (links) und kugelförmige unreife Virionen (rechts), die aus einer menschlichen Hautprobe stammen.

Fälle der eigentlich seltenen Affenpocken werden mittlerweile in immer mehr Ländern nachgewiesen. Am Donnerstag, den 19. Mai, wurde nun der erste Fall in Deutschland bestätigt. Was Sie über die Krankheit wissen müssen:

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Was sind Affenpocken und wie werden sie übertragen?

Als Affenpocken bezeichnet man eine seltene Viruserkrankung, die vom Affenpockenvirus ausgelöst wird. Sie kam bisher vor allem in tropischen Regenwäldern in Zentral- und Westafrika vor. Erstmals festgestellt wurde die Erkrankung 1958 bei Makaken in einem Zoo in Kopenhagen. Die erste Infektion bei Menschen wurde 1970 bei einem Kind in Kongo festgestellt.

Die Hände eines Menschen, der sich bei einem Ausbruch 1997 in der Demokratischen Republik Kongo mit Affenpocken infiziert hatte.

Die Hände eines Menschen, der sich bei einem Ausbruch 1997 in der Demokratischen Republik Kongo mit Affenpocken infiziert hatte.

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Affenpocken sind eine Zoonose, eine Erkrankung, die zwischen Menschen und Tieren übertragen werden kann. Das Hauptreservoir für Affenpockenviren sind keine Affen, wie ursprünglich angenommen, sondern vermutlich Nagetiere wie Riesenhamsterratten oder Flughörnchen. Aber auch Affen und weitere Säugetiere können das Virus übertragen. Menschen können sich beim engen Kontakt mit infizierten Tieren anstecken. Ein klassischer Infektionsweg ist das Verspeisen von “bushmeat”, selbst erlegten Tieren aus dem tropischen Regenwald.

Affenpocken breiten sich aus: Fälle in Australien und Kanada gemeldet

Nach Ausbrüchen in Europa sind nun auch erste Fälle von Affenpocken in Australien und in Kanada bekanntgeworden.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist ebenfalls möglich und wurde in den vergangenen Jahren häufiger beobachtet. Laut Robert Koch-Institut breitet sich das Virus normalerweise aber nur begrenzt in menschlichen Populationen aus. So wurden bisher nur Infektionsketten von bis zu sechs Personen beschrieben. Ein Risiko besteht beim engen Kontakt mit Körperflüssigkeiten einer infizierten Person oder Krusten, die sich bei Affenpocken auf der Haut bilden (siehe unten). Außerhalb Afrikas wurden bisher nur wenige Fälle von Affenpockeninfektionen berichtet. Betroffen waren fast ausschließlich Reiserückkehrende aus den betroffenen Regionen. Momentan werden aber in mehreren nicht-afrikanischen Ländern Infektionen beobachtet.

Erste Untersuchungen des Erbguts des Affenpockenvirus, die in Portugal durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass es sich um einen Erreger der sogenannten westafrikanischen Klade handelt. „Das ist potentiell eher günstig, weil diese bislang seltener schwer bzw. tödlich verläuft im Vergleich zur Congo-Basin Klade“, schrieb Leif Erik Sander, Leiter der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité, auf Twitter. Die Congo-Basin Klade – auch als Kongobecken-Klade oder zentralafrikanische Klade bekannt – gilt zudem als leichter übertragbar.

Die Ergebnisse aus Portugal basieren auf vorläufigen Daten und Analysen. Um das Erbgut des Affenpockenvirus untersuchen zu können, hatten die Forschenden Anfang Mai Abstriche von Hautläsionen bei Betroffenen genommen.

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Wo kam es in den vergangenen Tagen zu Affenpocken-Ausbrüchen?

In den vergangenen Wochen waren aus Großbritannien mindestens sieben Fälle von Affenpocken-Erkrankungen gemeldet worden, die offenbar überwiegend auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch zurückgingen. In vier Fällen davon waren Männer, die Sex mit Männern hatten, betroffen, weshalb die Behörden momentan von einer sexuellen Übertragung des Virus ausgehen.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO handelte es sich um die westafrikanische Variante des Affenpockenvirus, die milder verläuft und auch ohne Behandlung meist von selbst wieder ausheilt (siehe unten). Auch aus Spanien wurden zuletzt 23 Infektionen gemeldet, die Behörden gehen davon aus, dass diese durch sexuellen Kontakt übertragen wurden. Betroffen sind überwiegen, aber nicht ausschließlich Männer, die Sex mit Männern hatten. In Portugal wurden in der Region Lissabon 20 Fälle von Affenpockeninfektionen registriert, die überwiegend bei jungen Männern auftraten. Auch in Kanada werden mehrere Dutzend Fälle untersucht. In den USA, Schweden, Italien, Belgien sowie in Frankreich wurde jeweils ein erster Fall bestätigt. Am Freitag wurde ebenfalls ein Fall in Australien gemeldet. Der Mann war kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrt, wie die Gesundheitsbehörden mitteilten.

Erster Fall von Affenpocken in Deutschland: Lauterbach sieht „keine hohe Dunkelziffer“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hält die erste Feststellung einer Affenpocken-Erkrankung in Deutschland für einen isolierten Fall.

Der erste Fall in Deutschland wurde am Donnerstag, den 19. Mai, bekannt. Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München hatte bei einem Patienten mit charakteristischen Hautveränderungen das Affenpockenvirus zweifelsfrei nachgewiesen.

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Was sind die Symptome einer Affenpocken-Infektion?

Bei einer Ansteckung treten meist nach sechs bis 13 Tagen Inkubationszeit die ersten Symptome einer Affenpocken-Infektion auf. Dazu gehören plötzliches Fieber, das in Phasen verläuft, ein Ausschlag auf der Rachenschleimhaut und eine Schwellung der Lymphknoten. Es treten Kopf- und Gliederschmerzen sowie charakteristische Hautveränderungen auf, die im Gesicht, an den Händen und Unterarmen beginnen und sich dann über den Körper ausbreiten. Dabei entstehen zunächst Flecken auf der Haut, die sich zu Knötchen und dann zu eitrigen Bläschen weiterentwickeln.

Es können auch Geschwüre der Mund- und Rachenschleimhaut auftreten, Bindehautentzündungen und schmerzhafte Hautläsionen im Genitalbereich. Nach einer überstandenen Erkrankung können Narben zurückblieben. In den meisten Fällen verläuft eine Infektion mild, es kann in einigen Fällen zu einer Erblindung durch die Erkrankungen kommen. In Endemiegebieten sind vor allem bei Kindern und immungeschwächten Personen schwere Verläufe und Todesfälle möglich.

In einer Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts von 2019 heißt es, dass bei Kindern bis zu 10 Prozent der Infizierten versterben können. Allerdings gibt es nur wenig verlässliche Informationen zur Sterblichkeit und der Häufigkeit schwerer Verläufe, da diese Daten in den betroffenen Ländern nicht systematisch erhoben werden. Wie schwer Infektionen verlaufen, hängt dabei aber auch von der jeweiligen Variante ab: So drohen vor allem bei der zentralafrikanischen Variante des Virus Komplikationen. Die WHO gibt hierbei eine Sterblichkeit von etwa 10 Prozent an. Zumindest bei den nun in Großbritannien aufgetretenen Infektionen ist aber bekannt, dass sie auf eine westafrikanischen Virusvariante zurückgehen, die meist zu milderen Verläufen führt. Die WHO schätzt hierbei die Sterblichkeit auf etwa ein Prozent.

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Was ist der Unterschied zwischen Affenpocken und Menschenpocken?

Das Affenpockenvirus ist nicht mit dem humanen Pockenvirus (Variola-Virus) zu verwechseln. Dieses wurde durch Impfungen zurückgedrängt. 1980 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Pocken offiziell für ausgerottet, sie sollen nur noch in Hochsicherheitslaboren in den USA und Russland existieren. Das humane Pockenvirus wurde im Gegensatz zum Affenpockenvirus sehr viel leichter von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Ansteckung war nicht nur durch engen Kontakt, sondern auch durch die Atemluft oder kontaminierte Gegenstände möglich, weshalb es immer wieder zu Endemien kam. Humane Pockenviren konnten je nach Stamm in bis zu 30 Prozent der Fälle oder mehr tödlich verlaufen. Da die humanen Pocken zurückgedrängt wurden, wird die Pockenimpfung nicht mehr routinemäßig eingesetzt, auch da sie schwere und in seltenen Fällen tödliche Nebenwirkungen haben kann.

Wie lassen sich Affenpocken behandeln?

Seit Januar 2022 ist in der Europäischen Union ein antivirales Medikament zur Behandlung von Affenpocken zugelassen (Tecovirimat), das nach Angaben des RKI bisher aber noch nicht breit verfügbar ist. Eine Impfung gegen Affenpocken ist in Europa nicht zugelassen.

In den USA ist eine Impfung zugelassen, die sowohl vor Affenpocken also auch vor humanen Pockenviren schützen soll. Geimpft werden aber nur bestimmte Risikogruppen, wie Personen, die im Labor mit humanen Pockenviren arbeiten. Nach Angaben der amerikanischen Behörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) soll die Impfung einen Schutz von bis zu 85 Prozent vor Affenpocken bieten. Sollte es zu einem größeren Ausbruch von humanen Pocken oder Affenpocken kommen, will die CDC neue Richtlinien für den möglichen Einsatz der Impfung erarbeiten. Eine Impfung könnte bei einer Infektion mit Affenpocken auch nach der Ansteckung den Verlauf abmildern. Sie müsste also nicht vorbeugend erfolgen, sondern könnte ähnlich wie ein Medikament eingesetzt werden.

Worauf gilt es zu achten?

Bei typischen Symptomen sollten insbesondere Reiserückkehrer aus West-Afrika laut RKI eine Affenpockeninfektion in Betracht ziehen. Da theoretisch auch eine Ansteckung außerhalb Afrikas möglich ist, sollten Hautveränderungen unklarer Ursache zudem grundsätzlich abgeklärt werden. Da die Behörden zuletzt von einer sexuellen Infektionskette von Männern, die Sex mit Männern hatte ausgehen, rät das RKI dieser Gruppe, bei Hautveränderungen „unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen“.

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Wir haben den Text am 20. Mai um den ersten Affenpocken-Fall in Deutschland ergänzt.

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