Divi gibt neue Triageleitlinien bekannt: Impfstatus darf kein Kriterium für Behandlung sein
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Laut neuer Divi-Leitlinie darf der Impfstatus eines Corona-Patienten im Falle eine Triage keine Rolle für dessen Behandlung spielen.
© Quelle: Matthias Balk/dpa
Berlin/Hannover. Der Impfstatus eines Corona-Patienten darf keine Rolle spielen, wenn es zu wenige Intensivbetten gibt und die Ärzte auswählen müssen, welche Patienten behandelt werden. Das geht aus den aktualisierten Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hervor, die am Freitag vorgestellt wurden. „Die ärztliche Hilfspflicht gilt unabhängig davon, ob jemand geimpft ist“, sagte der letztjährige Divi-Präsident und jetzige Sprecher der Sektion Ethik, Uwe Janssens.
Die Vereinbarung stellt nun außerdem klar, dass Covid-19-Erkrankte und alle anderen Patientinnen und Patienten bei Auswahlentscheidungen gleichbehandelt werden müssen. Auch jene, die auf eine Operation warten und deren Zustand sich durch eine weitere Verschiebung lebensbedrohlich verschlechtern würde.
Die Empfehlungen richten sich an alle medizinischen Teams, die Auswahlentscheidungen treffen müssen. Das entscheidende Kriterium ist die Erfolgsaussicht für die Behandlung eines Patienten. In die ärztliche Bewertung gehen zahlreiche Faktoren ein. Die Empfehlungen wurden am 25. März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie erstmals veröffentlicht, als es noch keine Impfungen gab. Deshalb und wegen der sich dramatisch zuspitzenden Lage in der vierten Welle wurden sie jetzt zum zweiten Mal aktualisiert.
Spahn: „Es braucht deutlich mehr Kontaktbeschränkungen“
„Diese Welle wird auch in Deutschland weiter gen Westen und Norden ziehen“, warnt Spahn.
© Quelle: AFP
Ex-Divi-Präsident Jannsens fordert Rechtssicherheit
Janssens appellierte eindringlich an die Politik, jetzt „schnellste Entscheidungen für ganz Deutschland“ zu treffen. Die Infektionsketten müssten endlich unterbrochen werden. „Wir können es uns nicht leisten, jeden Tag zuzuschauen“, mahnte er und verdeutlichte: „Wir wissen, was auf uns zukommt.“ Angesichts der Infektionszahlen sei in den nächsten Tagen täglich mit Hunderten neuer Intensivpatienten zu rechnen. In Kürze werde der Höchststand von 5.723 Covid-19-Patienten vom Januar dieses Jahres auf den Intensivstationen erreicht sein und mit Sicherheit deutlich überschritten werden – bei knapper gewordenen Ressourcen.
„Keiner von uns will in diese Situation einer Triage kommen“, sagte Janssens. Entscheidungen treffen zu müssen, „die keiner treffen will“, wäre eine furchtbare Belastung für die Teams in den Kliniken. Im Notfall seien die Mediziner aber darauf vorbereitet, entsprechende Entscheidungen treffen zu müssen. Sollte der Fall eintreten, forderte Janssens Rückendeckung von der Politik und eine „entsprechende Rechtssicherheit“.
Divi: Planbare OPs müssen verschoben werden
Die Ärzteschaft warne in vielen Regionen bereits vor der Triage, so der letztjährige Divi-Präsident, also dem Zwang, Patienten zur Behandlung auszuwählen, weil die Betten und das personal nicht für alle reichen. Es könnten nicht mehr alle akut erkrankten Patienten mit und ohne Covid-19 qualitativ und ausreichend versorgt werden. Die Intensivmediziner fordern, dass planbare Operationen in allen Krankenhäusern in Deutschland verschoben werden, um mehr freie Kapazitäten zu schaffen und die Kliniken in den Regionen mit extrem hohen Patientenzahlen zu entlasten. Die Politik müsse eine entsprechende Verordnung erlassen, sagte Janssens.
Das Robert Koch-Institut meldete am Freitag mit 76.414 Neuinfektionen binnen 24 Stunden erneut einen Höchststand. Die 7-Tage-Inzidenz stieg auf 438,2. 357 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung.
RND/jst/epd