Studien legen nahe: Auch zu viel Schlaf kann ungesund sein
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Nicht nur zu wenig, auch zu viel Schlaf kann schädlich sein.
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Schlafen gilt als gesund. Wer zu wenig schläft, heißt es, kann weniger leisten und wird anfälliger für Krankheiten. Das stimmt zwar, offenbar kann aber auch zu viel Schlaf schaden. Er könnte sich negativ auf den Stoffwechsel, die Hirnfunktion und das psychische Wohlbefinden auswirken.
Schon länger vermuten Forschende zum Beispiel, dass Schlafstörungen die Entstehung von Alzheimer begünstigen könnten. Das Gleiche dürfte jedoch für zu langen Schlaf gelten, wie eine neue Untersuchung von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Washington University School of Medicine ergeben hat. Für die Studie wurden die Schlafgewohnheiten von 100 Teilnehmenden analysiert. Dabei wurde nicht nur deren Schlafdauer ausgewertet, sondern es wurde mithilfe einer Hirnstrommessung auch die Abfolge der Schlafphasen und die Schlafqualität erfasst.
Außerdem absolvierten die Probanden und Probandinnen regelmäßig neuropsychologische Tests, mit denen ihre geistige Leistungsfähigkeit und ihr Erinnerungsvermögen überprüft wurden. Solche Tests werden zur Diagnose und Früherkennung der Alzheimer-Erkrankung eingesetzt. Aus den verschiedenen Testverfahren errechneten die Autoren und Autorinnen der Studie einen Messwert für die kognitiven Fähigkeiten, den Preclinical Alzheimer Cognitive Composite (PACC) score.
Bei der Auswertung zeigte sich, dass sich mangelnde Schlafqualität negativ auf die kognitive Fähigkeiten und den PACC-Score auswirkte. Das Gleiche galt für eine besonders kurze Schlafdauer: Versuchsteilnehmende, die weniger als 4,5 Stunden pro Nacht schliefen, schnitten bei den neuropsychologischen Tests durchschnittlich schlechter ab. Überraschend war, dass aber auch diejenigen schlechtere Werte erzielten, die länger als 6,5 Stunden pro Nacht schliefen. Nicht nur extreme Kurzschläfer, sondern auch Langschläfer hatten durchschnittlich schlechtere kognitive Fähigkeiten als Personen mit mittlerer Schlafdauer. Dieser Effekt zeigte sich auch, wenn weitere Risikofaktoren für eine Alzheimer-Erkrankung berücksichtigt wurden wie etwa das Alter und das Geschlecht.
Lange Bettzeiten ungünstig bei Depressionen
Die Ergebnisse legten nahe, dass eine mittlere Schlafdauer optimal sei und dabei helfen könne, die geistige Leistungsfähigkeit bei Menschen mit einem Risiko für Alzheimer zu erhalten, schreiben die Autoren und Autorinnen der Studie. Es sei nicht abschließend gesichert, ob der Schlaf wirklich die Ursache für die schlechteren kognitiven Fähigkeiten sei. Es gebe aber weitere Untersuchungen, die ebenfalls diesen Zusammenhang gezeigt hätten.
Auch das psychische Wohlbefinden kann in einigen Fällen unter einer zu langen Schlafdauer leiden. So können laut Stiftung Deutsche Depressionshilfe lange Bett- und Schlafzeiten depressive Symptome verschlimmern. Depressive Menschen litten unter einer chronisch erhöhten Wachheit und könnten sich nur schwer entspannen, heißt es in einer Erklärung der Stiftung. Entsprechend fühlten sie sich erschöpft und hätten eine große Sehnsucht nach erholsamem Schlaf. Der Versuch, sich auszuruhen, könne aber das Gegenteil bewirken: Zu viel Schlaf steigere die Wachheit und die Anspannung. Bei einigen wirke der Schlaf dadurch depressionsverstärkend.
In einem Pilotprojekt hatte die Stiftung den Zusammenhang zwischen Bett- und Schlafzeiten und einer depressiven Symptomatik selbst wissenschaftlich untersucht. Dazu wurden 22 an Depression erkrankte Studienteilnehmende gebeten, 173 Tage lang per App ihre Bett- und Schlafzeiten und ihre depressiven Symptome zu erfassen. Bei elf Teilnehmenden ging eine Verschlechterung der Symptomatik mit längeren Bett- und Schlafzeiten einher. In sechs dieser Fälle ging eine längere Bettzeit einer Zunahme der depressiven Symptome voraus, hatte diese also womöglich verursacht. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe empfiehlt Patienten und Patientinnen mit Depressionen die sich nach längeren Bett- oder Schlafzeiten noch erschöpfter fühlen, deshalb, ihre Bettzeit auf acht Stunden zu begrenzen.
Langer Schlaf fördert Stoffwechselstörungen
Drastischer Schlafentzug ist der Stiftung zufolge bereits eine etablierte Behandlungsform bei Depression und wird in vielen Kliniken angeboten. Patienten und Patientinnen blieben dabei eine ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte wach und sollen auch den nächsten Tag über nicht schlafen. Die Mehrheit von ihnen erlebe dabei eine Aufhellung der Stimmung, die jedoch nur bis zum nächsten Schlaf anhalte.
Auch dem Stoffwechsel scheinen allzu lange Schlafzeiten zu schaden. Das fanden koreanische Forschende heraus. Für eine Studie, die im Fachjournal „BMC Public Health“ veröffentlicht wurde, hatten sie Daten von mehr als 133.000 Probanden und Probandinnen ausgewertet.
Männer, die täglich weniger als sechs Stunden schliefen, hatten demnach einen größeren Taillenumfang und ein erhöhtes Risiko, ein metabolisches Syndrom zu entwickeln, also eine Neigung zu einem höheren Bauchumfang, Bluthochdruck, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen. Auffälligkeiten zeigten sich außerdem bei Männern und Frauen, die länger als zehn Stunden schliefen. Diese litten häufiger am metabolischen Syndrom und hatten höhere Blutfettwerte. Frauen, die länger schliefen, hatten zudem höhere Blutzuckerwerte und einen höheren Taillenumfang. Bessere Blutwerte als die Lang- und Kurzschläfer und -schläferinnen hatten Teilnehmende, die täglich zwischen sechs und acht Stunden schliefen. Allgemein könnte also für die Schlafdauer gelten: Schlafmangel ist zwar ungesund. Aber zu lange sollte man auch nicht im Bett bleiben. Am besten für die Gesundheit scheint eine mittlere Schlafdauer zu sein.