Studie: Herzkranke können ihr Sterberisiko durch Bewegung verringern
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Tägliche Bewegung kann bei Herz-Kreislauf-Patienten das Sterberisiko verringern.
© Quelle: Bodo Marks/dpa-tmn
Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen profitieren von regelmäßiger körperlicher Bewegung sogar noch mehr als Gesunde. Das berichten südkoreanische Mediziner um Sang-Woo Jeong von der Seoul National University nach einer großen Studie im "European Heart Journal", zudem stellten sie die Ergebnisse auf einem Fachkongress in Paris vor. Der Kardiologe Martin Halle von der Technischen Universität München, der nicht an der Arbeit beteiligt war, spricht von einer "immensen Effektstärke". Nun könne man Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachdrücklicher dazu raten, Sport zu treiben.
Studie: Herz-Kreislauf-Patienten senken mit Sport ihr Sterberisiko
Die Studie untersuchte gut 440.000 Frauen und Männer mit einem durchschnittlichen Alter von knapp 60 Jahren, die zwischen 2009 und 2015 an einem Untersuchungsprogramm für Krankenversicherte teilnahmen. Etwa 130.000 von ihnen hatten eine Diagnose aus dem Bereich der Herz- und Gefäßerkrankungen - etwa Herzinfarkt, Schlaganfall, chronische Herzinsuffizienz oder koronare Herzerkrankung. Die übrigen 310.000 Teilnehmer hatten keine solche Diagnose. Zudem gaben alle Probanden in einem Fragebogen an, wie viel sie sich bewegten.
Das Ausmaß der Bewegung verglichen die Wissenschaftler dann mit den Todesfällen in den folgenden sechs Jahren. Resultat: Die Herz-Kreislauf-Patienten senkten ihr Sterberisiko mit körperlicher Aktivität deutlich stärker als die gesunden Teilnehmer. "Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewegten sich weniger als die anderen Teilnehmer, aber je mehr Sport die Leute trieben, desto geringer war das Sterberisiko in den folgenden sechs Jahren", wird Jeong in einer Mitteilung der Zeitschrift zitiert.
Jene Patienten, die fünf Mal pro Woche eine halbe Stunde lang flott gingen oder sich vergleichbar viel bewegten, reduzierten ihr Sterberisiko demnach um 14 Prozent. Bei Herzgesunden senkten vergleichbare Aktivitäten die Mortalität nur um 7 Prozent. Außerdem brachte bei den Gesunden ein stärkeres Ausmaß an Bewegung nur noch eine geringe Verbesserung. Herzkranke dagegen profitierten auch bei deutlich intensiverer Aktivität noch weiter. Sportabstinent waren 24 Prozent der Herzgesunden und 27 Prozent der Herz-Kreislauf-Patienten.
Mindestens 30 Minuten Sport für Patienten die "richtige Dosis"
"Wenn Sport ein Medikament wäre, dann ein Blockbuster - jeder würde es verschreiben", kommentiert der Münchner Kardiologe Halle die Ergebnisse. Der Ärztliche Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar weist aber darauf hin, dass die Studie sich auf Sport fokussierte, nicht aber auf andere körperliche Tätigkeiten wie Staubsaugen oder sonstige Hausarbeit. "Was Herzkranke leisten müssen, um die Effekte zu erzielen, ist gar nicht wenig", erklärt Halle, der auch dem wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung angehört. "Körperliche Aktivität zählte in der Studie nur, wenn sie mindestens 30 Minuten am Stück durchgeführt wurde. Nur bei höchster Intensität reichten auch 20 Minuten. Gemeint ist also: nicht hier und da ein bisschen, sondern längere Einheiten."
Wichtig sei zudem, dass die Patienten in der Studie ihr Sterberisiko nicht allein durch Sport senkten, sondern zusätzlich Medikamente nahmen. Dennoch betont der Experte: "Jetzt kann man Patienten mit noch mehr Nachdruck dazu raten, dass sie sich für Sport Zeit nehmen sollten." Auch im Gesundheitssystem könne ein Umdenken angestoßen werden: "Zu Motivationszwecken sind die typischen Sportgruppen für Herzpatienten, die von den Krankenkassen gefördert werden, gut geeignet", sagt Halle. "Allerdings ist ein- oder zweimal pro Woche eine Dreiviertelstunde nicht genug. Jeden Tag 30 Minuten zügiges Gehen: Das ist für einen Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung die richtige Dosis."
"Eine Reihe früherer Studien hat gezeigt, dass körperliche Aktivität dazu beiträgt, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie hohen Blutdruck, hohe Cholesterinwerte und hohen Blutzucker zu kontrollieren", erläutert Ko-Autor Si-Hyuck Kang. "Menschen, die körperlich aktiv sind, schlafen besser, fühlen sich besser und funktionieren besser."
Von RND/dpa