Studie: Die Deutschen werden immer träger – junge Erwachsene sind sogar „Sitzweltmeister“

Bayern, München: Ein Mann sitzt zu Hause an einem Schreibtisch.

Ein Mann sitzt zu Hause an einem Schreibtisch. Wer viel im Sitzen arbeitet, muss regelmäßig für körperlichen Ausgleich sorgen.

Nur etwa jeder neunte Bürger führt einen „rundum gesunden“ Lebensstil: Das ist das Ergebnis des „DKV-Report 2021″, den Studienleiter Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln und die Deutsche Krankenversicherung am Montag vorstellten. Untersucht wurden hierfür die Bereiche Ernährung, körperliche Aktivität, Rauchen, Alkoholkonsum und Stresslevel. Im Vergleich zum ersten Report im Jahr 2010 ist die Entwicklung im Negativtrend: Damals führten noch 19 Prozent der Deutschen einen gesunden Lebensstil. Bei der Vorgängerstudie im Jahr 2018 waren es immerhin 16 Prozent.

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Deutsche bewegen sich immer weniger: „Deutschland wird zur Vielsitzernation“

Für den spürbaren Verfall der Gesundheit sind vor allem mehr Stress und längeres Sitzen verantwortlich: „Deutschland wird zur Vielsitzernation“, erklärt Clemens Muth, Vorstandschef des Krankenversicherers DKV. Auf im Schnitt achteinhalb Stunden täglich bringt es mittlerweile jeder Bundesbürger und jede Bundesbürgerin in dieser Disziplin – eine Stunde mehr als noch 2018. Noch schlimmer sieht es bei jungen Erwachsenen von 18 bis 29 Jahren aus. Die sind mit im Schnitt 10,5 Stunden täglichem Sitzen mittlerweile Sitzweltmeister. „Das wird zur Hypothek für die Gesundheit“, weiß Muth. Überlanges Sitzen sei Ursache für viele spätere Erkrankungen. Als Ursache für die langen Sitzzeiten wird die Arbeit im Homeoffice genannt, für Arbeit und Studium.

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„Ausreichend Bewegung ist der Schlüssel für eine gute Gesundheit“, betont der Manager. 2800 Probandinnen und Probanden ab 18 Jahren – also pro Bundesland mindestens 200 Menschen – haben die Studienmacher zwischen März und Mai befragt und damit ein repräsentatives Bild der Gesellschaft gezeichnet. „Es ist der Tiefpunkt“, stellt Studienleiter Ingo Froböse klar und legt den Finger vor allem in zwei Wunden. Fast ein Fünftel aller Deutschen würden sich nicht mehr bewegen und nur noch herumsitzen oder sich zur Entspannung maximal auf das Sofa flüchten, betont der Professor der Sporthochschule Köln. „Die machen nichts mehr“, sagt er resignierend. Dabei gehe es keineswegs nur um reinen Sport: Mit körperlicher Aktivität seien physische – moderate wie intensive – Tätigkeiten im Job oder im Alltag gemeint, die stimulierend wirken.

Immerhin: Rund 70 Prozent der Befragten sind gemäß Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation mehr als 300 Minuten pro Woche körperlich aktiv. Allerdings bestand diese Gruppe in der Vergangenheit laut „DKV-Report 2010″ noch aus 83 Prozent der Probandinnen und Probanden. Auffällig sind aber auch die unterschiedlichen Sitzzeiten auf Arbeit je nach Bildungsgrad. Während Personen mit Hauptschulabschluss im Median nur 30 Minuten pro Tag sitzen, sind es mit mittlerer Reife 120 Minuten. Mit Abitur sind es dann bereits 240 Minuten und Akademiker sitzen im Median sogar 300 Minuten pro Tag.

Sitzen im Homeoffice: Wichtig ist, auch mal eine Runde zu gehen oder zu stehen

Für die Entwicklung sei – durch die Verlagerung vom Schreibtisch ins Homeoffice – auch die Corona-Pandemie verantwortlich. „Da reicht es auch nicht, im Feierabend eine Stunde Sport zu treiben, wenn wir im Büro oder Homeoffice die ganze Zeit inaktiv sind“, sagt Froböse. Er empfiehlt, zwischendurch in Bewegung zu bleiben. Telefonate oder Meetings auch mal im Stehen oder im Gehen abzuhalten.

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Ohne körperliche Arbeit würden die Ergebnisse der Studie zudem noch schlimmer aussehen: Sie ist vor allem beim statistisch besonders aktiven Teil der Bevölkerung das dominierende Element vor der Freizeit.

„DKV-Report 2021″: Das Stresslevel der Deutschen ist in der Pandemie hoch

Dazu kommt der Auswertung nach ein alarmierend hohes Stressempfinden, mit dem immer mehr psychische Erkrankungen in der Bevölkerung einhergehen: Aktuell fühlen sich 60 Prozent aller Befragten betont gestresst. Vor drei Jahren waren es erst 43 Prozent. „Noch nie haben sich mehr Deutsche gestresst gefühlt“, betont Froböse und führt das unter anderem auf Homeschooling in der Pandemie zurück. „Sie schaffen es einfach nicht mehr, ihren Akku aufzuladen“, erklärt der Professor.

Hochgegangen sei das Stresslevel dabei vor allem bei Frauen. Das wirke trotz zunehmender Normalisierung des Lebens immer noch nach. Frauen würden sich andererseits gesünder als Männer ernähren, deutlich weniger Alkohol trinken und auch weniger rauchen. Insgesamt leben noch 14 Prozent aller Frauen und nur noch 9 Prozent aller Männer gesund.

Gesunder Lebensstil: Das Schlusslicht im Bundesländervergleich bildet Köln

Bei den Bundesländern hat Sachsen (18 Prozent) die Nase vorn, gefolgt von Hamburg, Brandenburg und Rheinland-Pfalz/Saarland. „Warum diese Bundesländer vorne liegen, können wir nicht genau sagen. Wir vermuten, dass es auch an der Altersstruktur liegt“, so Froböse. Die Älteren würden zwar auch viel Fernsehen, aber sich insgesamt mehr bewegen. Außerdem gibt es mit 89 Prozent die meisten Nichtraucher in Sachsen. Im Mittelfeld in Bezug auf den gesunden Lebensstil liegen Bayern, Niedersachsen/Bremen, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Analyse ergibt, dass die Bürger und Bürgerinnen in Nordrhein-Westfalen (7 Prozent) am wenigsten auf einen gesunden Lebensstil achten.

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Erstmals habe man auch auf die Metropolen geschaut, schilderte Muth: Top sei Hamburg mit 17 Prozent. Das Schlusslicht beim gesunden Lebensstil bilde Köln mit nur 4 Prozent. In den Großstädten sei der Altersdurchschnitt jünger, gebildeter und damit auch die Sitzzeiten im Büro länger. Gleichzeitig sei das Stressempfinden auch höher, sodass laut Froböse der schlechte Wert im Lebensstil erreicht werde.

„Deutsche fühlen sich gesünder, als es ihrem Lebensstil entspricht“

Ein Hoffnungsschimmer sei, dass gut ein Fünftel der 18- bis 29-jährigen mittlerweile Fitness-Apps nutze. Zugleich hätten allerdings Fitnessstudios 30 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Den eigenen Gesundheitszustand schätzen übrigens mehr als sechs von zehn Deutschen trotz der Warnhinweise der Studie als gut oder sehr gut ein. „Deutsche fühlen sich gesünder als es ihrem Lebensstil entspricht“, lautet entsprechend ein weiteres Kernurteil der Studie.

„Wir brauchen Antistressstrategien“, regt Froböse an. Muth macht sich für New-Work-Konzepte stark, die regelmäßige Bewegung in sitzende Arbeiten bringen. Neben Arbeitgebern sowie Krankenversicherern sei es auch an der neuen Bundesregierung, sich dem Thema Volksgesundheit zu widmen, sagen der Manager und der Professor. Letzterer appelliert auch an Einzelpersonen. „Der Mensch ist für sich selbst verantwortlich und muss achtsam mit sich umgehen“, stellt Froböse klar. Er rät zu Bewegung, bis der Herzschlag steigt.

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Mit Material von dpa

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