Schwere Corona-Verläufe: Warum ist Bluthochdruck ein Risikofaktor?

Eine verstärkte Entzündungsreaktion könnte bei Bluthochdruck-Patienten der Grund für schwerere Covid-19-Verläufe sein.

Eine verstärkte Entzündungsreaktion könnte bei Bluthochdruck-Patienten der Grund für schwerere Covid-19-Verläufe sein.

Ein interdisziplinäres Team aus 40 Wissenschaftlern aus Deutschland hat mögliche Ursachen für schwerere Covid-19-Verläufe bei Patienten mit Bluthochdruck gefunden. Außerdem fanden die Forscher heraus, dass sich ACE-Hemmer womöglich positiv auf den Infektionsverlauf mit Sars-CoV-2 auswirken könnten. Die Studie ist Ende Dezember im Fachjournal Nature Biotechnology veröffentlicht worden. Beteiligt daran war auch der bekannte Charité-Virologe Christian Drosten.

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Bluthochdruck trifft viele Menschen. Weltweit sind laut Robert-Koch-Institut jährlich rund 9,4 Millionen Todesfälle auf erhöhten Blutdruck zurückzuführen, auch als Hypertonie bekannt. Die wichtigsten Risikofaktoren für erhöhten Blutdruck sind mangelnde Bewegung, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Stress sowie erhöhter Alkoholkonsum.

Seit Beginn der Pandemie gilt Bluthochdruck als ein relevanter Risikofaktor. Das betrifft auch in Deutschland sehr viele Menschen. Schätzungen eines RKI-Reports zufolge haben hierzulande rund 20 bis 30 Millionen Menschen erhöhten Blutdruck.

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Oft schwerer Covid-19-Verlauf bei Bluthochdruck

Aber wieso erkranken Menschen mit hohem Blutdruck häufig schwerer an Covid-19 und weisen damit auch ein höheres Sterberisiko auf? Für ihre Erkenntnisse hat das Forscherteam einen detaillierten Blick auf die Immunantwort einiger Patienten geworfen. Sie untersuchten 114.761 Zellen, die von 48 Patienten stammen – davon 32 Covid-19-Erkrankte und 16 Gesunde als Kontrollgruppe. Alle hatten Bluthochdruck.

Das Ergebnis: Ursache für einen komplizierten Covid-19-Verlauf ist oft eine überschießende Reaktion des Immunsystems. Und diese Reaktion wird wohl dadurch begünstigt, dass die Immunzellen durch den Bluthochdruck schon auffällig voraktiviert sind. Bluthochdruckpatienten zeigen meistens erhöhte Entzündungswerte im Blut, was laut Studie im Fall einer Sars-CoV-2-Infektion fatale Folgen haben kann. „Erhöhte Entzündungswerte sind unabhängig vom Herzkreislaufstatus immer ein Warnsignal, dass die Covid-19-Erkrankung schwer verlaufen wird“, wird Prof. Ulf Landmesser von der Berliner Charité in einer Mitteilung zitiert.

Medikamente: Blutdrucksenker als Therapie in der Pandemie?

Bislang gab es die Befürchtung unter Medizinern, dass Menschen, die Medikamente wie ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker zum Senken des Bluthochdrucks erhalten, womöglich mehr ACE2-Rezeptoren auf ihren Zelloberflächen aufweisen – und sich Patienten dadurch leichter mit Sars-CoV-2 infizieren könnten. Die Charité-Forscher geben nun mit Blick auf ihre Untersuchungen aber Entwarnung. „Unsere Studie gibt keine Hinweise darauf, dass die Behandlung mit bluthochdrucksenkenden Medikamenten das Infektionsrisiko für das neuartige Coronavirus erhöht“, sagt Landmesser. Dem Virus werde der Eintritt in die Zellen durch die Mittel wohl eher nicht erleichtert.

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Die Studienergebnisse legen stattdessen nahe, dass eine Behandlung des Bluthochdrucks mit ACE-Hemmern für die Patienten, die an Covid-19 erkranken, sogar von Vorteil sein und das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf senken könnte. Durch sie könnte die Viruslast schneller eingedämmt und die Wirtszellen resistenter werden. In der Studie habe sich gezeigt, dass Herz-Kreislauf-Patienten, die ACE-Hemmer erhielten, fast das gleiche Risiko wie die Covid-19-Patienten ohne Risikofaktor hatten. Die Wirkung konnte bei Angiotensin-Rezeptorblockern nicht im gleichen Maße beobachtet werden. Die Forscher räumen aber ein, dass weitere Untersuchungen nötig seien, um eindeutige Ergebnisse vorlegen zu können.

Es braucht noch mehr Daten für Therapieansätze

Wir hoffen, dass diese zentrale Botschaft Patientinnen und Patienten motiviert, ihre Blutdruckmedikamente konsequent einzunehmen.

Prof. Ulrich Wenzel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention

Auch anderen Experten zufolge sind die Daten noch nicht aussagekräftig genug, um konkret Einfluss auf die Behandlung von Bluthochdruckpatienten in der Pandemie zu nehmen. „Die Zahl der Studienteilnehmer war zu klein und die Studie auch gar nicht dafür ausgelegt, um verschiedene blutdrucksenkende Therapien im Hinblick auf ihr ‚Anti-Covid-19-Potenzial‘ vergleichen zu können“, sagt Prof. Ulrich Wenzel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention, in einer Mitteilung.

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Die wesentliche Erkenntnis der Studie sei für ihn, dass Bluthochdruck ein eigenständiger Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe sei, wenn er nicht behandelt werde und die gefundene verstärkte Entzündungsreaktion dafür verantwortlich sein könnte. „Wir hoffen, dass diese zentrale Botschaft Patientinnen und Patienten motiviert, ihre Blutdruckmedikamente konsequent einzunehmen“, appelliert Wenzel.

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