Russischer Impfstoff: Forscher zweifeln Daten zu Sputnik V an
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Ein medizinischer Mitarbeiter bereitet eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff Sputnik V vor. Er wurde für eine breite Anwendung in der russischen Bevölkerung registriert.
© Quelle: Alexander Zemlianichenko Jr/AP/d
Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler hat Zweifel an der Aussagekraft der Daten aus der klinischen Studie des russischen Impfstoffs Sputnik V geäußert. In einer an “The Lancet” übermittelten und auf dem Blog des Molekularbiologen Enrico Bucci veröffentlichten “Note of Concern” fordern Forscher aus mehreren Ländern dazu auf, die Originaldaten der Experimente zur Verfügung zu stellen.
Der Impfstoff gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 ist der bislang einzige bereits zugelassene weltweit. Im Eilverfahren hatte Russland ihn für die breite Anwendung in der Bevölkerung freigegeben – obwohl die sonst üblichen drei Phasen einer klinischen Studie nicht abgeschlossen wurden. Das Mittel wurde in der Studie nur an 76 Menschen erprobt, vergleichsweise wenig, weil die Testphase III ausgelassen wurde. International fürchten Experten, mögliche Nebenwirkungen und kein ausreichender Schutz vor einer Coronavirus-Infektion könnten aufgrund mangelnder Forschung die Folge sein.
Russischer Impfstoff nur an wenig Probanden untersucht
Anfang September haben die Moskauer Impfstoffforscher aus dem Gamaleja-Forschungszentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie zwar aufbereitete Daten aus den ersten beiden Testphasen im internationalen Wissenschaftsmagazin “The Lancet” veröffentlicht. Der auf Adenoviren basierende Impfstoff sei bei den Probanden weitestgehend verträglich gewesen und rufe auch eine starke Immunantwort hervor, resümierten die Studienautoren darin.
Andere Wissenschaftler zweifeln die Ergebnisse aber an. Sie seien nicht spezifisch genug und würden Fragen aufwerfen. “Während die in dieser Studie beschriebene Forschung potenziell bedeutsam ist, wirft die Darstellung der Daten mehrere Bedenken auf, die den Zugriff auf die Originaldaten erfordern, um eine vollständige Untersuchung durchzuführen”, heißt es im Schreiben der internationalen Forschergruppe. Der Brief wurde von bislang 38 Wissenschaftlern von Universitäten in Frankreich, Italien, Großbritannien, Schweden, Deutschland, den USA und Japan unterschrieben.
Daten aus Impfstoffstudie nicht eindeutig
Einer der Unterzeichner ist der Molekularbiologe Konstantin Andreev von der Northwestern University, Illinois. “Solche ähnlichen Datenmuster zwischen nicht verwandten Messungen zu sehen ist wirklich unwahrscheinlich”, wird der Wissenschaftler in einem Artikel von “Nature” zitiert. “Diese Diskrepanzen sind nicht gering.” Laut dem Unterzeichner und Epidemiologen Michael Favorov sei es zudem unüblich, eine Studie ohne die zugrunde liegenden Daten zu veröffentlichen. Mitunterzeichnerin Andrea Cossarizza, Professorin für Pathologie und Immunologie an der University of Modena, sagte gegenüber der “Moscow Times”, die Daten sähen aus, als seien sie mit Photoshop bearbeitet.
Einer der russischen Studienautoren, Denis Logunov vom Gamaleja-Forschungszentrum, äußerte sich gegenüber der russischen Internetzeitung “Meduza" zum Brief der internationalen Forschergruppe. ”Wenn die Herausgeber von ‘The Lancet’ um Klarstellung bitten, sind wir bereit zu antworten”, wird er im Artikel zitiert. Zudem betonte er dort, die Veröffentlichung enthalte keine Fehler.