RKI-Daten: Risiko für schweren Covid-19-Verlauf bei 40- bis 59-Jährigen womöglich unterschätzt
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Covid-19: Bei einem schwereren Krankheitsverlauf werden Patienten auf der Intensivstation behandelt – mitunter wochenlang.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Hannover. Das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Statistische Bundesamt (Destatis) haben die erste Covid-19-Welle in Deutschland im Rahmen der Vorbereitung auf einen möglichen erneuten Anstieg der Fallzahlen genauer untersucht. Analysiert wurde, wie schwer die Mehrzahl der Infizierten erkrankte, welche Altersgruppe betroffen war und welche Risikofaktoren schwer Erkrankte vorrangig aufwiesen. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch im „Journal of Health Monitoring (S11/2020)“ veröffentlicht.
Die Analyse basiert auf laborbestätigten Covid-19-Fällen von Januar bis Mitte Juni. Für die Auswertung wurden zudem nur diejenigen eingeschlossen, zu denen Informationen zum Alter, zum Krankenhausaufenthalt sowie zum Tod vorlagen, was 152.984 Fälle einschließt. Darüber hinaus wurden Angaben zum Aufnahme- und Entlassungsdatum benötigt, um ausgewählte Intervalle in Zusammenhang mit einer Hospitalisierung berechnen zu können.
Durchschnittsalter der Erkrankten lag bei 43 Jahren
Mit einem Anteil von 80 Prozent erkrankte die Mehrzahl der Patienten vergleichsweise mild. Das heißt: Es gab keine schwere Lungenentzündung und keinen Krankenhausaufenthalt. Zudem war ein hoher Anteil der registrierten mit Sars-CoV-2 Infizierten zwischen 20 und 59 Jahre alt (63 Prozent). Mit einem Altersdurchschnitt von 43 Jahren zu Beginn der ersten Welle war ein großer Anteil der Infizierten vergleichsweise jung.
Schwer erkrankten hingegen viele Männer im Alter ab 60 Jahren, bei denen mindestens ein Risikofaktor bekannt war. Dazu zählen beispielsweise Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Diabetes, neurologische Störungen oder Lungenerkrankungen. Auch Erkrankungen der Niere wurden als möglicher Risikofaktor benannt. Obwohl das in den Meldedaten insgesamt weniger häufig benannt wurde, scheint dieser Faktor insbesondere unter den Todesfällen eine stärkere Rolle zu spielen.
Ab 80 Jahren traten schwere und kritische Verläufe am häufigsten auf. Fast jeder zweite Patient unter den ab 80-Jährigen wurde im Krankenhaus behandelt und jeder dritte Patient ist verstorben. Die hohe Anzahl könnte mit der Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Corona-Welle zusammenhängen, die ab Mai kontinuierlich zunahmen. Mit der Auswertung wurden erste Einschätzungen, dass die Krankheitsschwere mit steigendem Alter zunimmt, bestätigt.
US-Krankenpfleger am Ende der Kräfte
Offiziellen Angaben zufolge gibt es in den USA über 11 Millionen Corona-Infektionsfälle und fast 250.000 Todesfälle.
© Quelle: Reuters
40- bis 59-Jährige: Schwerer Krankheitsverlauf wird oft unterschätzt
Erkrankte aus der Altersgruppe der 40- bis 59-Jährigen wurden laut Bericht spät hospitalisiert und lagen im Mittel am längsten auf der Intensivstation. Im Schnitt landeten die Patienten sechs Tage nach Symptombeginn in der Klinik. Bei einer Behandlung auf einer Intensivstation dauerte die intensivpflichtige Behandlung elf Tage. 20 Prozent der Menschen aus dieser Altersgruppe mussten auf einer Intensivstation behandelt werden.
Ein möglicher Grund für längere Krankenhausaufenthalte und eine längere intensivmedizinische Betreuung: Die Patienten in dieser Altersgruppe kommen den Daten zufolge erst vergleichsweise spät und damit bereits in einem schweren Stadium der Covid-19-Erkrankung in ein Krankenhaus. „Die Rolle der 40- bis 59-Jährigen, insbesondere unter den kritischen Fällen, könnte darauf hinweisen, dass das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf früher ansteigt als bisher angenommen, und sollte weiter untersucht werden“, heißt es im Bericht.
Corona-Symptome: Husten, Fieber, Gliederschmerzen
Alle Altersgruppen berichteten am häufigsten (51 Prozent) von Husten als Symptom, gefolgt von Fieber (42 Prozent). Auch allgemeine Krankheitszeichen wie ein Gefühl von Schwäche sowie Muskel- und Gliederschmerzen wurden mit 38 Prozent oft genannt. Bei jüngeren Altersgruppen kamen Schnupfen (22 Prozent) und Halsschmerzen (19 Prozent) hinzu. Ab 60 Jahren traten häufiger Lungenentzündungen und Atemnot auf.
Behandlung auf Intensivstation: Besonders oft Männer betroffen
Von 24.827 hospitalisierten und intensivpflichtigen Patienten (ITS) war die Mehrzahl, mit 70 Prozent, männlich. Von den ITS-Fällen wurden 23 Prozent beatmet. Darüber hinaus entwickelten 17 Prozent ein akutes Lungenversagen. Außerdem lag für 61 Prozent der Patienten eine Angabe zu bekannten Risikofaktoren vor.
Am häufigsten verstarben Patienten in der Altersgruppe ab 60 Jahren (95 Prozent). Unter den Verstorbenen waren insgesamt mehrheitlich Männer (56 Prozent). Im Durchschnitt vergingen neun Tage von der Aufnahme bis zum Versterben im Krankenhaus, 75 Prozent der Patienten verstarbe bis zum 18. Tag nach stationärer Aufnahme.