Reproduktionszahl: Jetzt gibt es zwei RKI-Werte

Das RKI berichtet, dass R-Werte hochsensibel sind und durch einzelne Ausbruchsgeschehen leicht ins Wanken geraten können. Deshalb gibt es nun noch einen zweiten Wert, der langfristigere Trends im Blick hält.

Das RKI berichtet, dass R-Werte hochsensibel sind und durch einzelne Ausbruchsgeschehen leicht ins Wanken geraten können. Deshalb gibt es nun noch einen zweiten Wert, der langfristigere Trends im Blick hält.

Hannover. Regelmäßig errechnet das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Reproduktionszahl für Deutschland. Die Reproduktionszahl R bezeichnet die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden. Laut RKI wurde dieser R-Wert am Donnerstag, 14. Mai, auf 0,75 geschätzt – und liegt damit noch einmal etwas niedriger als am Vortag (0,81). Das bedeutet, dass jeder Infizierte im Mittel weniger als eine weitere Person ansteckt.

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Das RKI erklärte diese Woche, dass dieser errechnete R-Wert durch einzelne Ausbruchsgeschehen leichter kurzfristig schwankt. Daher gibt das RKI seit heute zusätzlich zu diesem sensitiven R-Wert einen weiteren stabileren “Sieben-Tage-R-Wert” in seinem Situationsbericht an. RKI-Vizepräsident Lars Schaade sprach bei einem Pressegespräch in dieser Woche von einem “geglätteten” R-Wert, der langfristige Trends sichtbarer machen könne. Der erste berechnete Sieben-Tage-R-Wert lag am 14. Mai bei 0,88.

Die Methode: Nowcasting

Der Sieben-Tage-R-Wert soll Schwankungen stärker ausgleichen. Der Wert vergleicht den Sieben-Tages-Mittelwert der Neuerkrankungen eines Tages mit dem Sieben-Tages-Mittelwert vier Tage zuvor. Laut RKI bildet er Trends zuverlässiger ab, beziehe sich dabei jedoch auf ein Infektionsgeschehen, das etwas länger zurückliegt als beim bisherigen sensitiven R-Wert. Der Sieben-Tage-R-Wert bildet das Infektionsgeschehen vor etwa einer bis etwas mehr als zwei Wochen ab.

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Technisch werden beide R-Werte auf der Basis des Nowcasting geschätzt. Das Modell Nowcasting erstellt eine Schätzung des Verlaufs der Anzahl von bereits erfolgten Sars-CoV-2-Erkrankungsfällen in Deutschland, aufbauend auf dem Nowcasting kann eine Schätzung der zeitabhängigen Reproduktionszahl R durchgeführt werden. Das Nowcasting endet jeweils am Datum von vor vier Tagen, da keine zuverlässige Aussage zur Anzahl der Neuerkrankungen der letzten drei Tage gemacht werden kann.

Lokale Ausbrüche verändern den R-Wert

Aufgrund lokaler Ausbruchsgeschehen, wie etwa in Schlachtereien, kann es zu kurzfristigen Schwankungen bei der ausgewiesenen Reproduktionszahl kommen, erläuterte das RKI zuletzt. Auch die derzeit niedriger ausfallenden Fallzahlen bei den Neuinfektionen spielten eine Rolle. Der Wert sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern zusammen mit Faktoren wie der Anzahl der Neuinfektionen und der Schwere der Covid-19-Erkrankungen.

Das RKI geht derzeit zwar nicht von einem erneuten Anstieg aus, auch die Anzahl der neu ermittelten Fälle sei rückläufig. Das RKI schätzt die Situation aber nach wie vor als ernst ein. Diese Einschätzung könne sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern.

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Bundesweit sind bis Donnerstagabend über 172.900 Infektionen mit dem Coronavirus registriert worden (Vortag Stand 20.15 Uhr: mehr als 172.000 Infektionen). Mindestens 7788 mit dem Erreger Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit gestorben (Vortag Stand 20.15 Uhr: 7711). Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt.

RKI hält Grenzöffnungen grundsätzlich für möglich
12.05.2020, Berlin: Lars Schaade, Vizepr���sident des Robert-Koch-Institutes RKI, erl���utert auf einer Pressekonferenz die aktuellen Zahlen und j���ngsten���Entwicklungen zur Corona-Krise. Foto: Tobias Schwarz/AFP/POOL/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wenn es einen Gleichklang und eine ähnliche epidemiologische Situation in den Nachbarstaaten gebe, könne man eine Grenzöffnung rechtfertigen.

Testkapazitäten nicht ausgeschöpft

Ein wichtiger Faktor sind auch die durchgeführten Tests. In Deutschland sind bisher insgesamt mehr als 3,1 Millionen Coronavirus-Tests durchgeführt worden. Davon sind rund 197.100 positiv ausgefallen, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht des RKI hervorgeht.

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Die darin veröffentlichten Statistiken zeigen auch, dass die Kapazitäten zuletzt bei Weitem nicht ausgeschöpft wurden. Nach den Zahlen aus der vergangenen Woche (4. bis 10. Mai) beispielsweise wurden nach zusammengezählten Daten von 173 Labors rund 382.000 Tests durchgeführt. Die angegebenen Testkapazitäten lagen um ein Mehrfaches höher.

Strategie: Mehr Menschen auf Corona testen

Die meisten Tests und die höchste Rate positiver Ergebnisse wurden laut RKI-Statistik in der Kalenderwoche 14 – Ende März, Anfang April – verzeichnet: Von rund 408.000 Tests wurde Sars-CoV-2 damals bei 9 Prozent der Proben nachgewiesen. In den Folgewochen sank die Rate der positiven Tests immer weiter, auf zuletzt noch 2,7 Prozent. 35 Labors gaben laut RKI Lieferschwierigkeiten für Reagenzien an, hauptsächlich Extraktionskits und Abstrichtupfer.

Nachdem die Testkriterien zu Beginn der Epidemie relativ strikt waren – mit Voraussetzungen wie einem Aufenthalt im Risikogebiet oder Kontakt zu einem bestätigten Fall –, wurden sie zuletzt nach und nach gelockert. So sollen nun zum Beispiel auch Menschen mit leichten Symptomen einer Atemwegserkrankung getestet werden.

RND/Alice Mecke mit dpa

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