Regierung greift durch: Neuseeland kündigt weitreichendes Impfmandat an
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Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hat am Dienstag ein umfassendes Impfmandat für zahlreiche Unternehmen angekündigt.
© Quelle: Mark Mitchell/NZ HERALD POOL/dpa
Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hat am Dienstag ein umfassendes Impfmandat für zahlreiche Unternehmen angekündigt. Wer in Bereichen arbeitet, in denen Kundinnen und Kunden ihre Impfzertifikate vorzeigen müssen, muss künftig selbst auch gegen das Coronavirus geimpft sein. Angestellte haben vier Wochen Zeit, sich impfen zu lassen – ansonsten riskieren sie, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Betroffen ist von dem neuen Impfmandat vor allem das Gastgewerbe, aber auch Angestellte in Fitnessstudios oder Friseursalons müssen sich impfen lassen. Zuvor hatte die Regierung bereits angeordnet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gesundheitswesen geimpft sein müssen. Die neue Regelung gilt nicht für Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
Regierung geht damit „nicht zu weit“
Ardern stritt ab, die Regierung würde mit dem neuen Mandat zu weit gehen. Man wolle nur sicherstellen, dass alle in riskanten Bereichen geimpft seien, meinte sie. Dies betreffe Geschäfte, in denen sich Angestellte und Kunden auf engstem Raum oder in engem Kontakt zueinander befinden, wie beispielsweise beim Friseur.
Es sei nur „fair“, dass – wenn Kunden in diesen Geschäften geimpft sein müssten –auch das Personal geimpft sein müsse. Wer sich weigert, sich impfen zu lassen und deswegen seinen Arbeitsplatz verliert, soll aber trotzdem Zugang zum staatlichen Arbeitslosengeld und anderen Leistungen haben.
Ziel: 90-prozentige Impfrate
Nachdem die Impfkampagne in Neuseeland schleppend startete, hat sie inzwischen an Fahrt aufgenommen. Inzwischen sind 71 Prozent der insgesamt 4,21 Millionen berechtigten Neuseeländerinnen und Neuseeländer doppelt geimpft, weitere 15,6 Prozent haben die erste Dosis erhalten. Das Land, das bisher kaum Covid-Fälle verzeichnete und eine No-Covid-Strategie fuhr, musste diese wegen eines Ausbruchs der Delta-Variante aufgeben. Trotz der Strategieänderung sind die Infektionszahlen aber nach wie vor moderat: Am Dienstag verzeichnete das Land 79 neue Covid-Fälle. Insgesamt haben sich in dem Inselstaat etwas über 5700 Menschen angesteckt. 28 Menschen sind am Coronavirus gestorben.
Sobald 90 Prozent der berechtigten Neuseeländer geimpft sind, will die Regierung möglichst auf Lockdowns verzichten und zu einer Strategie „der Minimierung und des Schutzes“ übergehen. Dafür soll ein Ampelsystem eingeführt werden, das auf die Anzahl der Infektionen und die Belastung des Gesundheitssystems reagiert. Außerdem will sich Neuseeland in den kommenden Monaten dann auch stufenweise wieder öffnen und geimpfte Urlauber und Geschäftsreisende im Land empfangen.
Ungewöhnliche Impfaktionen
Um die Impfquote nach oben zu schrauben, hat sich das Land vor dem derzeitigen Impfmandat bereits einiges einfallen lassen. So hielt der Inselstaat am vergangenen Wochenende einen Super-Impf-Samstag ab. Die neuseeländische Fluggesellschaft Air New Zealand, die wie auch die australische Fluglinie Qantas künftig nur geimpfte Reisende auf Langstreckenflügen zulassen will, stellte dafür einen ihrer Boeing 787 Dreamliner-Jets zur Verfügung und verwandelte das Flugzeug in eine Impfklinik.
Impfwillige wurden in Economy Class mit Snacks versorgt und dann in der Business Class geimpft. Außerdem fuhren Impf-Wohnmobile durchs Land und die neuseeländische Abteilung für Naturschutz stellte Geländewagen und Boote zur Verfügung, um Menschen in abgelegenen Gebieten zu impfen. Außerdem wurden Impfungen in Hausarztpraxen, Apotheken, in den Marae – den Versammlungsorten der Ureinwohner – in Kirchen, Moscheen, Gemeindezentren und Drive-Through-Zentren angeboten. Der insgesamt auf acht Stunden angelegte „Vaxathon“ wurde sogar im neuseeländischen Fernsehen übertragen.
Eine weitere ungewöhnliche Strategie, die Ardern im Kampf gegen die Delta-Variante verfolgte, war, einen Ganganführer als „essenziellen Arbeiter“ zu klassifizieren. Dies erlaubte dem Bandenchef der sogenannten Mongrel Mobs, nach Auckland einzureisen, das sich zu diesem Zeitpunkt eigentlich in einem strengen Lockdown befand. Dort sollte er helfen, die Ausbreitung von Covid-19 in der schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppe zu minimieren und Bandenmitglieder zum Testen und Impfen zu überreden.