Praxisärzte: Schutzkleidung wird nicht für alle ausreichen
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Herausforderung für deutsche Allgemeinmediziner: Der Kölner Hausarzt Andreas Koch hatte am Montagmorgen eine lange Schlange von Patienten vor seiner Praxis. Der Allgemeinmediziner musste schnell eine Methode entwickeln, um mögliche Corona-Infizierte von Risikogruppen - ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen - fernzuhalten.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Berlin. Die deutschen Praxisärzte sehen sich gewappnet für den Umgang mit dem neuen Coronavirus in Deutschland - aber Handlungsbedarf beim Nachschub an Schutzausrüstung. “Der Grundbestand, über den die niedergelassenen Kollegen in ihren Praxen verfügen, wird bundesweit nicht ausreichen, wenn die Zahl der Verdachtsfälle steigen wird”, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. “Und darauf deutet ja alles hin.”
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"Es besteht kein Grund zur Panik": Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
© Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/
Das Bundesgesundheitsministerium ist bereits eingeschaltet
Man sei daher im Gespräch mit dem Bundesgesundheitsministerium und allen Beteiligten, um rasch Abhilfe schaffen zu können und Schutzbekleidung dort vorzuhalten, wo sie gebraucht werde. "Es muss Klarheit darüber herrschen, wie die Ärzte an das notwendige Material gelangen können." Auch hierzu sei man in ständiger Abstimmung.
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© Quelle: RND
Chef der Kassenärztlichen Vereinigung: Es besteht kein Grund zur Panik
Gassen betonte: "Wir nehmen die Situation ernst. Aber es besteht unverändert kein Grund zur Panik." Es sei zu erwarten gewesen, dass die Zahl der bestätigten Fälle zunehme und wohl auch noch weiter zunehmen werde. "Wichtig ist aber: Viele Infizierte haben überhaupt keine Symptome, die meisten haben nur grippeähnliche Beschwerden, nur wenige erkranken schwer." Nicht vergessen werden sollte auch, dass unabhängig vom Coronavirus derzeit viele Menschen an einer Erkältung oder einem grippalen Infekt leiden.
Experte: Arztpraxen werden die Lage bewältigen
Auf die Frage, ob die Praxen die Lage bewältigen könnten, sagte der Kassenärzte-Chef: “Ein klares Ja!” Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen seien gut organisiert und aufgestellt. Was Tests auf das neue Virus angehe, habe man sich über die Kostenübernahme mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen schnell einigen können. “Wenn ein Arzt einen solchen Test aus medizinischer Sicht für angebracht hält, dann soll er ihn auch durchführen.” Es handele sich um einen Rachenabstrich, der in einem Labor ausgewertet werde. “Hier sind keine Kapazitätsprobleme bekannt.”
Bei Corona-Verdacht: Bundesweite Hotline wählen
Gassen erläuterte generell, er könne Sorgen von Patienten natürlich verstehen. “Sie können uns unterstützen: Wer beunruhigt ist, dass er sich angesteckt haben könnte, weil er unter Erkältungssymptomen leidet und sich in einer Region aufgehalten hat, in der Coronafälle aufgetreten sind, wendet sich – das ist wichtig – zunächst telefonisch an eine Arzt- oder Bereitschaftsdienstpraxis.” Möglich sei auch, die bundesweite Hotline 116 117 zu wählen. Dort werde, wenn erforderlich, eine weitere Abklärung vorgenommen.
Hausärzte sind zurzeit im Dauereinsatz
Die deutschen Hausärzte haben wegen der Verbreitung des Coronavirus derzeit einen deutlich höheren Beratungsaufwand. „Da ist schon sehr, sehr viel zu tun“, sagte am Montag der Sprecher des Deutschen Hausärzteverbands, Christian Schmuck. Ein regionaler Schwerpunkt sei Nordrhein-Westfalen, wo es bisher die meisten Infektionen gebe. Alles in allem sei aber alles zu schaffen. „Die Verunsicherung ist ein bisschen das größte Thema“, sagte Schmuck.
An Patienten mit Grippesymptomen appellierte er: „Erstmal anrufen und nicht direkt in die Praxis rennen, denn wenn man nun wirklich daran erkrankt sein sollte, dann muss man das ja nicht unbedingt in ein voll besetztes Wartezimmer mit ohnehin schon geschwächten Immunsystemen reintragen.“
Warteschlangen vor den Praxen
Auch der Kölner Hausarzt Andreas Koch hatte am Montagmorgen eine lange Schlange von Patienten vor seiner Praxis - und musste sich etwas einfallen lassen. Der Allgemeinmediziner brauchte eine schnelle Methode, um mögliche Corona-Infizierte von seinen sonstigen Patienten fernzuhalten. Alle regulären Termine hat er aus Kapazitätsgründen erst einmal gestrichen.
„Ich versuche natürlich, die Panik rauszunehmen. Heute Morgen habe ich mich vor die Tür gestellt und jeden einzelnen abgefragt“, sagte Koch. Von allen Patienten mit einem Erkältungsinfekt habe er sich die Namen aufgeschrieben und sie dann erst einmal wieder nach Hause geschickt. Anschließend habe er sie nacheinander angerufen und befragt. Aufgrund dieser Gespräche entscheide er jeweils, ob er dem Patienten eventuell einen Hausbesuch abstatte oder ihn außerhalb der Sprechzeiten noch einmal isoliert einbestelle.
dpa/RND