Keine Angst vor der Klinik
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Wie geht’s? Sind Kinder ernsthaft krank, sollten sie in Arztgespräche mit eingebunden und über Behandlungspläne aufgeklärt werden. Das schafft Vertrauen und nimmt Ängste.
© Quelle: Henning Kaiser/dpa
Sei es eine Hüftkrankheit, eine Augenfehlstellung oder chronisch entzündete Gaumenmandeln: Es kann viele Gründe geben, weshalb ein Kind stationär im Krankenhaus behandelt werden muss. Anders als bei akuten Erkrankungen, haben Eltern in solchen Fällen Zeit, sich mit dem anstehenden Aufenthalt auseinanderzusetzen und ihr Kind vorzubereiten. Manchmal sind sie damit aber überfordert, haben selbst Angst. Doch das sollten sie ihrem Kind nicht zeigen.
Angst vor der fremden Umgebung nehmen
„Kinder haben oft Angst vor dem Unbekannten“, gibt Sabrina Burschel, Bundesvorsitzende des Aktionskomitees Kind im Krankenhaus (AKIK), zu bedenken. „Sie sind von der Krankenhausumgebung häufig eingeschüchtert. Für sie ist alles neu, zudem haben sie es mit lauter fremden Menschen zu tun.“ Daher sei es wichtig, mit dem Kind darüber zu sprechen, was auf es zukommen könnte. Bereits kleine Kinder sind oft für ein Gespräch zugänglich, wenn man einfache Worte wählt. Ansonsten können ihnen Bilderbücher oder Spiele mit dem Arztkoffer helfen, sich auf das Thema einzustellen.
Zu einem floskelhaften „Das tut nicht weh“ sollten sich Erziehungsberechtigte nicht hinreißen lassen, wenn das Kind wahrscheinlich Schmerzen haben wird. „Sehr oft beobachten wir, dass Eltern zu Verharmlosungen neigen, um das Kind zu schützen. Wenn die Behandlung doch weh tut, kann das zu einem Vertrauensbruch führen. Manchmal bekommen Ärzte dann nur schwer Zugang zum Kind“, berichtet Burschel. In schwierigen Situationen – etwa vor riskanten Eingriffen – können sich Eltern auch von einem Klinikpsychologen beraten lassen, wie sie am besten mit ihrem Kind sprechen.
Rooming-In sorgt für Geborgenheit
Während des Aufenthalts ist wichtig, dass die kleinen Patienten viel Unterstützung von ihren Bezugspersonen bekommen. Dr. Beatrix Schmidt, Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Tempelhof, erklärt: „Bei Kindern bis neun Jahren sollte auf jeden Fall ein Elternteil mitaufgenommen werden. Auch bei älteren Kindern kann das notwendig sein, etwa dann, wenn sie extrem ängstlich oder schwer krank sind.“ Die meisten gesetzlichen Krankenkassen kommen bei Kindern bis zum achten oder neunten Lebensjahr für die Kosten des Rooming-Ins auf – bei älteren Kindern auch dann, wenn der Arzt es für nötig hält. Sicherheitshalber sollte man sich aber vorab bei der Kasse informieren. Nimmt ein Elternteil unbezahlten Urlaub, um beim Kind zu bleiben, kann es sich den Verdienstausfall in vielen Fällen von der Kasse erstatten lassen. Hat die Familie weitere Kinder, hat sie unter Umständen Anspruch auf eine Haushaltshilfe.
Lange Besuche sind wichtig
Wurden die jungen Patienten allein aufgenommen, sollten sie möglichst viel und lange Besuch von ihrer Familie bekommen, rät die Ärztin. Manchmal ist es für Eltern schwierig, oft in die Klinik zu kommen – etwa, weil sie lange Anfahrtszeiten haben. Daher gibt es in vielen Kinderkrankenhäusern einen Besuchsdienst, bei dem Ehrenamtliche sich um die Kinder kümmern.
Krankenhauszimmer wirken oft steril. Vertraute Dinge wie ein Kuscheltier, die Lieblingsdecke und Spielsachen helfen Kindern, sich an die Umgebung zu gewöhnen. Optimal ist es, wenn sich gleichaltrige Patienten ein Zimmer teilen: „Manchmal bilden sich da richtige Allianzen“, sagt Kinder- und Jugendärztin Schmidt.
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Ein karg eingerichtetes Krankenhauszimmer kann Kinder einschüchtern. Vertraute Gegenstände von daheim können für Vertrauen sorgen.
© Quelle: GUSK Ehf./Getty Images
Recht auf Information einfordern
Auf Arztgespräche sollten sich Eltern gut vorbereiten und ihre Fragen im Vorfeld am besten notieren. In der Regel sind die Kinder bei den Gesprächen dabei. „Ich spreche sie immer als Erste an, wenn ich ins Zimmer komme. Schließlich sind sie die Hauptpersonen“, betont Schmidt. Allerdings kann es auch Situationen geben, in denen sie mit den Eltern zuerst allein spricht – etwa bei schwerwiegenden Diagnosen. „In solchen Fällen mache ich einen weiteren Termin aus, bei denen auch das Kind dabei ist“, sagt sie. „Kinder müssen mit eingebunden werden.“ Mit fortschreitendem Alter hat die Meinung der Minderjährigen immer mehr Gewicht. Das kann dann schwierig werden, wenn sich Eltern und Kind uneins sind. „Wer über 16 Jahre alt ist, darf gegen seine Eltern entscheiden“, sagt Schmidt. „Im Alter zwischen 14 und 16 Jahren kommt es auf die Reife des Jugendlichen an.“
Häufig leiden Patienten und ihre Angehörigen im Krankenhaus darunter, dass sie wenig erfahren. Für Eltern kranker Kinder kann das eine nervliche Zerreißprobe bedeuten, insbesondere dann, wenn das Kind ständig nachbohrt: „Wann darf ich nach Hause?“ Ein Patentrezept für solche Situationen gibt es nicht. „Ich würde Eltern dazu ermutigen, das Recht auf Information einzufordern“, sagt Burschel vom AKIK. „Wichtig ist aber, dabei Ruhe zu bewahren.“ Dadurch, dass man gestresste Krankenschwestern beschimpfe, sei niemandem gedient. Medizinerin Schmidt äußert sich ähnlich: „Oft warten aufgelöste Eltern auf den Arzt und erwarten sofort Auskunft, obwohl er gerade gar keine Zeit hat. Da ist es besser, einen Termin auszumachen.“
Strenge Handhygiene ist unerlässlich gegen Keime
Abgesehen davon, fürchten sich Eltern, bei deren Kind eine stationäre Behandlung ansteht, häufig vor multiresistenten Keimen, bei denen die üblichen Antibiotika nicht wirken. Das kann dann bedrohlich werden, wenn derlei Bakterien in eine frisch operierte Wunde gelangen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entwickeln in Deutschland etwa 500.000 Menschen pro Jahr Krankenhausinfektionen, von denen etwa 30.000 von multiresistenten Erregern ausgelöst werden. „Einen hundertprozentigen Schutz vor diesen Erregern gibt es nicht“, sagt Schmidt. „Wenn wir wissen, dass ein Kind besiedelt ist, dann isolieren wir es.“ So wird bei Frühchen, die wegen ihres schwachen Immunsystems besonders gefährdet sind, ein Abstrich genommen. Ansonsten lautet die wesentliche Vorsichtsmaßnahme: strenge Handhygiene! Alle Besucher sollten sich beim Betreten und Verlassen des Krankenhauses gründlich die Hände desinfizieren. „Wichtig ist, keinen Schmuck an Händen oder Unterarmen zu tragen“, betont die Kinderärztin. Am besten lässt man Ringe, Armbanduhren und Co. gleich daheim: Daran sitzen häufig Keime, die man unbemerkt in die Klinik einschleppt.
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© Quelle: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dp
Wann muss das Kind zum Arzt?
Immer wieder gibt es Situationen, in denen Eltern sich fragen: Wie krank ist mein Kind? Braucht es ärztliche Hilfe? Eindeutige Kriterien dafür gibt es oft nicht. Im Zweifelsfall ist es immer besser, eine Arztpraxis zu kontaktieren. Hier ein paar Grundregeln:
Je kleiner ein krankes Kind ist, desto schneller sollte man handeln. Bei Babys unter drei Monaten gilt schon eine Temperatur von 38 Grad Celsius als Fieber und ist ein Grund, sofort einen Arzt aufzusuchen. Dasselbe gilt, wenn ein junger Säugling zwar kein Fieber hat, aber andere Symptome, etwa: Teilnahmslosigkeit, eine ungewöhnliche Gesichtsfarbe, Trinkschwäche, wiederholtes Erbrechen, Durchfall.
Fiebernde Kinder genau beobachten
Bei größeren Babys und Kleinkindern sollten die Eltern einen Arzt einschalten, wenn das Fieber länger als 24 Stunden anhält. Bei Kindern ab zwei Jahren gilt das, wenn sie länger als drei Tage fiebern. Außerdem steht ein Arztbesuch auch dann an, wenn das Fieber trotz fiebersenkender Maßnahmen nicht zurückgeht oder weitere Krankheitszeichen hinzukommen (z.B. Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Hautausschlag, Atemnot, schlechter Allgemeinzustand).
Bei rasch ansteigendem Fieber können kleine Kinder einen Fieberkrampf bekommen. Dabei verlieren sie das Bewusstsein, spannen den Körper an, beginnen zu zucken, oder werden schlaff. Hat ein Kind erstmals solche Symptome, sollten Eltern den Notarzt (112) rufen. In der Regel ist der Krampf allerdings harmlos.
Alarmierend sind bei Fieber folgende Begleitsymptome: starke Kopfschmerzen, ein steifer Nacken, Lichtempfindlichkeit, Erbrechen, Benommenheit, rötliche oder bläuliche Flecken auf der Haut, die nicht verblassen, wenn man ein Trinkglas darauf drückt. Diese Symptome deuten auf eine Meningitis (Hirnhautentzündung) hin. Bei Verdacht Notarzt rufen oder ins Krankenhaus fahren!