Vom Impfweltmeister zum Hochrisikogebiet: Was ist in Israel schiefgelaufen?

In Israel galt die Pandemie schon fast als überwunden. Nun steigen die Infektionszahlen wieder rasant an.

In Israel galt die Pandemie schon fast als überwunden. Nun steigen die Infektionszahlen wieder rasant an.

Jerusalem. Vor wenigen Monaten lag das Ende der Corona-Pandemie in Israel zum Greifen nah: Anfang Juni registrierten die Behörden weniger als zehn Neuinfektionen pro Tag. Bereits Monate vorher machten hohe Impfquoten wieder viel öffentliches Leben möglich. Restaurants, Bars, Kinos und Clubs öffneten, im Juni wurde schließlich selbst die Maskenpflicht aufgehoben.

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Israel gilt als Hochrisikogebiet

Weniger als zwei Monate später ist die Situation eine völlig andere: Am Freitag wurden 4512 Neuinfektionen registriert. In absoluten Zahlen ist der Wert vergleichbar mit Deutschland – die Bevölkerung hierzulande ist allerdings rund neunmal so groß. Auch die Zahl der Corona-Patientinnen und -Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, steigt inzwischen wieder an. Erneut droht dem Gesund­heitssystem die Überlastung, fürchten Expertinnen und Experten.

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Seit Wochen steigen die Infektionszahlen in Israel wieder exponentiell an. Die Bundesregierung stuft das Land seit Sonntag als Hochrisikogebiet ein. Vor Ort werden wieder Maßnahmen eingeführt: Die Maskenpflicht in Innenräumen gilt bereits wieder seit Ende Juni. Ab kommenden Mittwoch wird auch die Anwendung des sogenannten Grünen Passes wieder auf fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens ausgeweitet. Die Bescheinigung erhalten Geimpfte, Genesene oder als temporäres Dokument auch Menschen, die negativ getestet sind.

Erneuter Lockdown soll vermieden werden

Israels Ministerpräsident Naftali Bennet will einen erneuten Lockdown unbedingt vermeiden. Eine Lockdown-Politik habe einen schrecklichen Preis und dürfe nur als letztes Mittel im Kampf gegen das Virus eingesetzt werden, schrieb Bennet auf seiner Facebook-Seite.

Ganz ausgeschlossen wird ein Lockdown inzwischen aber nicht mehr. Verteidigungsminister Benny Ganz hatte zuletzt gewarnt, man müsse die Bevölkerung auf einen Lockdown im September vorbereiten. In diesem Monat werden die wichtigen jüdischen Feiertage Neujahr und Jom Kippur gefeiert.

Impfunwillige sind schwer zu überzeugen

Wie konnten die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie in Israel verspielt werden? Das fragen sich derzeit viele Menschen im Land. Ein Grund liegt in der stagnierenden Impfkampagne: Obwohl Israel sich frühzeitig Impfdosen sicherte und die Bevölkerung großflächig impfte, liegt die Zahl der doppelt Geimpften derzeit nur bei 62,4 Prozent. Um die hochinfektiöse Delta-Variante aufzuhalten, bräuchte es einen deutlich höheren Anteil, sind sich Expertinnen und Experten sicher.

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Immer wieder ruft Regierungschef Naftali Bennet in eindringlichen Reden die Bevölkerung auf, sich impfen zu lassen. Viel zu bewirken scheinen die Aufrufe bisher nicht. Die Unwilligen sind kaum oder nur schwer von einer Impfung zu überzeugen, scheint die Erkenntnis. Viele streng religiöse Ultraorthodoxe und Muslime haben sich demnach nicht impfen lassen. Doch auch viele jüngere Menschen sind noch immer nicht geimpft. Sie halten das Virus für die eigene Gesundheit für kaum gefährlich.

Israel will über 60-Jährigen dritte Corona-Impfung geben
30.07.2021, Israel, Ramat Hasharon: Ein Mann erh��lt seine dritte Impfung mit dem Corona-Impfstoff von Pfizer-BioNTech. Der israelische Premierminister k��ndigte an, dass Israel eine Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus f��r bereits geimpfte Personen ��ber 60 Jahre anbieten wird. Foto: Sebastian Scheiner/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Angesichts steigender Infektionszahlen will Israel als erstes Land über 60-Jährigen eine dritte Impfdosis gegen das Coronavirus geben.

Delta-Variante breitet sich rasant aus

Die Impfmüdigkeit in der Gesellschaft fällt mit der Ausbreitung der besonders aggressiven Delta-Variante zusammen. Es handele sich im Grunde um ein neues Virus, betont ein Gremium aus israelischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Delta-Variante sei so schlimm wie befürchtet: Sie breitet sich schneller aus und ist auch gegenüber durch das Impfen gebildeter Antikörper aggressiver.

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Diese Antikörper könnten zudem schneller nachlassen als erwartet. Das legen zumindest Zahlen des israelischen Gesundheitsministeriums nahe. Demnach verhindert etwa der Impfstoff von Biontech/Pfizer eine Infektion mit dem Coronavirus nur noch zu 39 Prozent. Ein schwerer Verlauf wird durch eine Impfung aber immer noch zu 91 Prozent ausgeschlossen. Allerdings kritisieren auch Expertinnen und Experten der Regierung, dass die Zahlen zur Wirksamkeit nicht wissenschaftlich erhoben seien.

Israel hat damit begonnen, ältere Bevölkerungsgruppen zum dritten Mal zu impfen. Die Doppelimpfung liegt bei vielen von ihnen bereits über sechs Monate zurück. 750.000 Menschen haben laut Angaben der Regierung eine dritte Impfung erhalten. Seit Freitag können nun auch Geimpfte ab 50 Jahren eine Auffrischung erhalten. Im Moment ist allerdings noch unklar, wie effektiv Drittimpfungen tatsächlich sind.

Mit dpa

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