Heinsberg-Studie: Bereits 1,8 Millionen Infizierte in Deutschland?
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ARCHIV - 28.02.2020, Nordrhein-Westfalen, Gangelt: Das Ortsschild der Stadt Gangelt im Kreis Heinsberg steht an der Ortseinfahrt. In der besonders vom Coronavirus betroffenen Gemeinde Gangelt in Nordrhein-Westfalen ist in einer Studie bei 15 Prozent der untersuchten Bürger eine Infektion nachgewiesen worden. Das berichtete der Leiter der Feldstudie im Kreis Heinsberg, Streeck, am Donnerstag in Düsseldorf. Foto: Roberto Pfeil/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Die Zwischenergebnisse der Heinsberg-Studie hatten bereits für erhebliches öffentliches Aufsehen gesorgt. Nun gibt es eine erste Version eines wissenschaftlichen Manuskripts der Forscher.
Darin berechnen die Forscher auf Grundlagen der Todeszahlen, wie viele Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert sein könnten. “Legt man für eine Hochrechnung etwa die Zahl von fast 6700 Sars-CoV-2-assoziierten Todesfällen in Deutschland zugrunde, so ergäbe sich eine geschätzte Gesamtzahl von rund 1,8 Millionen Infizierten”, schreiben die Forscher in einer Pressemitteilung. Diese Zahl ist rund zehnmal größer als die offiziell gemeldete Zahl der Infektionen.
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Infektionssterblichkeit in Gangelt 0,37 Prozent
Die Forscher hatten in ihrer Studie die Infektionssterblichkeit in der Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg ermittelt. Diese gibt den Anteil der Todesfälle unter den Infizierten an. “Sie liegt für Sars-CoV-2 für den Ausbruch in der Gemeinde Gangelt bei 0,37 Prozent“, sagte Studienleiter Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Anhand dieser Zahl ließe sich auch die Zahl der Infizierten an anderen Orten berechnen.
Eine Erkenntnis der Studie ist daher auch: Viele Menschen haben keine Symptome. Für Gangelt beziffert die Studie ihren Anteil auf 22 Prozent. “Dass offenbar jede fünfte Infektion ohne wahrnehmbare Krankheitssymptome verläuft, legt nahe, dass man Infizierte, die das Virus ausscheiden und damit andere anstecken können, nicht sicher auf der Basis erkennbarer Krankheitserscheinungen identifizieren kann”, sagt Martin Exner, Leiter des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit und Co-Autor der Studie.
Situation in Heinsberg nur bedingt vergleichbar
Ein Forscherteam um Streeck hatte in der Ortschaft 919 Einwohner in 405 Haushalten befragt und Corona-Tests vorgenommen. In dem Ort hatten sich nach einer Karnevalssitzung Mitte Februar viele Bürger mit dem neuartigen Virus infiziert. Die Gemeinde gilt daher als Epizentrum des Virus. Die Situation ist nur bedingt vergleichbar mit anderen Regionen Deutschlands. Darauf weisen die Forscher in ihrer Studie auch hin.
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“Welche Schlüsse aus den Studienergebnissen gezogen werden, hängt von vielen Faktoren ab, die über eine rein wissenschaftliche Betrachtung hinausgehen“, sagte Streeck. “Die Bewertung der Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen für konkrete Entscheidungen obliegen der Gesellschaft und der Politik.“ Die Studie war im Auftrag der NRW-Landesregierung entstanden.
RND/asu/dpa