Corona-Verdacht: Kassenärzte machen Hausbesuche, Kliniken diskutieren über Quarantäne

Einen Abstrich für das Testverfahren auf das Coronavirus führen Kassenärzte mancherorts auch zuhause beim Patienten durch.

Einen Abstrich für das Testverfahren auf das Coronavirus führen Kassenärzte mancherorts auch zuhause beim Patienten durch.

München. Angesichts der steigenden Zahlen von Coronavirus-Verdachtsfällen gibt es neue Vorgehensweisen von Kassenärzten, um potenziell Infizierte zu testen - und das Ansteckungsrisiko für andere Praxisbesucher zu verringern. So bietet etwa die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) einen eigenen Hausbesuchsdienst an. Damit solle vermieden werden, dass das Virus Sars-CoV-2 in den Praxen der Haus- und Fachärzte verbreitet werde, teilte die KVB am Donnerstag mit.

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Bei einem Verdacht komme der Arzt mit einem Fahrzeug, das die nötige Schutzausrüstung an Bord habe. Die Mediziner hätten sich freiwillig zu dem Dienst gemeldet, sagte ein KVB-Sprecher. Der Arzt nehme die Probe für den Virus-Test dann zu Hause bei dem Betroffenen. Nach der Analyse im Labor werde der Betroffene über das Ergebnis und eventuelle weitere Maßnahmen informiert. Von Freitag bis Mittwoch seien so bereits rund 250 Tests durchgeführt worden. Bis zu 160 Fahrzeuge seien in Spitzenzeiten im Einsatz. Schon bisher kommen Ärzte über die KVB zu Hausbesuchen, wenn dies medizinisch nötig ist. Diese Kapazitäten seien nun aufstockt worden.

Bewährungsprobe für Gesundheitssystem in Deutschland

“Unser Gesundheitssystem steht vor einer großen Bewährungsprobe”, sagte KVB-Vorstand Wolfgang Krombholz zu der Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19. “Alle zuständigen Stellen arbeiten intensiv daran, die weitere Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.” Patienten mit Verdacht auf eine Infektion sollten sich an die Rufnummer 116117 wenden und nicht ohne Rücksprache in Praxen gehen. Da die Anruferzahlen stetig stiegen, könne es zu Wartezeiten kommen.

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Nicht nur in Bayern werden Hausbesuche für Patienten angeboten, die einen Corona-Verdacht haben. “Patienten, die nicht schwer erkrankt sind, sollen unbedingt zuhause verbleiben”, betont auch die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein auf ihrer Homepage. “Sofern sie gemäß Anamnese Verdachtsfälle sind, kann entweder zu einer separaten Sprechzeit oder in seinem separaten Raum oder auch durch Hausbesuch ein Abstrich genommen werden.”

“Drive In” mit dem Auto zum Testen auf Coronavirus

Der Landkreis Esslingen richtet die zwei ersten Stationen für Coronavirus-Tests im Land ein, an denen Menschen aus ihrem Auto heraus eine Probe entnehmen lassen können. Einwohner des Landkreises, die aufgrund ihrer Symptome befürchten, am neuartigen Coronavirus erkrankt zu sein, können von Montag an zu einer der beiden Stationen fahren und einen Abstrich entnehmen lassen. „Man bleibt dann einfach im Auto sitzen und kurbelt das Fenster runter“, sagte am Freitag der Leiter des Landratsamts, Peter Keck.

Voraussetzung ist allerdings ein Anruf beim Hausarzt. Dieser vergibt einen Code. Ärzte und Helfer in Schutzkleidung nehmen direkt am Auto einen Abstrich für den Test. Bis das Ergebnis da ist, müssen die Betroffenen zu Hause in Quarantäne bleiben. Dies seien die ersten „Drive-In“-Teststationen für das neue Virus Sars-CoV-2 in Baden-Württemberg, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. In Hessen gebe es schon gute Erfahrungen damit, heißt es beim Landratsamt.

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Berlin und NRW: Mobiler Dienst unterwegs

In Berlin hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und die Hauptstadt-Feuerwehr am Mittwoch einen Fahrdienst für immobile Patienten mit schweren Erkältungssymptomen gestartet. Die Ärzte kommen nach Hause oder ins Pflegeheim und können bei Bedarf auch Tests auf das neue Coronavirus anbieten. Diese Lösung solle zur Entlastung der Hausarztpraxen beitragen. Im Einsatz sind zwischen 7 und 22 Uhr vier Feuerwehr-Fahrzeuge. KV-Ärzte und Assistenten sind mit Schutzkleidung ausgestattet. Der fahrende Dienst wird über die Leitstelle der KV mit der Telefonnummer 116 117 gesteuert.

Besonders betroffen ist Nordrhein-Westfalen, auch hier gibt es erste Ansätze. Seit Mittwoch ist im besonders betroffenen Kreis Heinsberg eine mobile Arztpraxis als Diagnosezentrum für Patienten mit Verdacht auf eine Coronainfektion errichtet worden, heißt es in einer Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Das Zentrum befinde sich in der West-Promenade im Willy-Stein-Stadion und könne von Patienten nach vorheriger Terminvereinbarung unter der kostenlosen Rufnummer 116 117 an allen Wochentagen von 8 bis 18 Uhr aufgesucht werden.

Sind Quarantäne-Regeln vom RKI in Kliniken umsetzbar?

Wenn wir das gesamte medizinische Personal, das mit Infizierten Kontakt hatte, in Quarantäne schicken, bricht die medizinische Versorgung für die Bevölkerung zusammen.

Christian Drosten, Virologe

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Derzeit wird auch über die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Quarantäne-Regeln debattiert. Nach Ansicht des Berliner Virologen Christian Drosten sollte das Institut die Empfehlungen zum Coronavirus für medizinisches Personal lockern. “Wenn wir das gesamte medizinische Personal, das mit Infizierten Kontakt hatte, in Quarantäne schicken, bricht die medizinische Versorgung für die Bevölkerung zusammen. Nicht nur für Corona-Patienten, sondern auch für alle anderen", sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité der “Neuen Osnabrücker Zeitung”.

Die Charité werde die Empfehlungen nicht mehr 1:1 umsetzen, kündigte Drosten an. Es sei notwendig, dass das RKI seine Empfehlungen “nach und nach” der Realität anpasse, so der Experte. Virologen der Universitätskliniken diskutierten derzeit über mögliche Lösungen, sagte Drosten weiter. “Denkbar wäre, das gesamte Personal einer Ambulanz jeden Tag zu testen. Dann würden Pfleger oder Ärzte maximal einen Tag nach einer Infektion noch arbeiten, bevor wir sie in Quarantäne schicken könnten.” In dieser Zeitspanne wären die Betroffenen wahrscheinlich noch nicht ansteckend.

RND/ sbu/ dpa

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