Ein Fall für die Polizei? Wie Apotheken mit gefälschten Impfpässen umgehen

Seitdem für viele Bereiche des Lebens die 2G-Regel gilt, nehmen die Täuschungsversuche bei der Erstellung digitaler Impfzertifikate zu.

Seitdem für viele Bereiche des Lebens die 2G-Regel gilt, nehmen die Täuschungsversuche bei der Erstellung digitaler Impfzertifikate zu.

Seitdem für viele Bereiche des Lebens die 2G-Regel gilt, nehmen die Täuschungsversuche bei der Erstellung digitaler Impfzertifikate zu. Das berichten einige Kriminalämter und Apothekerverbände der Länder. Die Pressesprecherin Nina Grunsky des Apothekerverband Westfalen-Lippe sagt etwa: „Gab es im Sommer nur vereinzelte Verdachtsfälle, sind diese in Westfalen-Lippe mittlerweile nahezu an der Tagesordnung.“

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Auch das Bundeskriminalamt (BKA) bestätigt die Beobachtungen auf Bundesebene: „Im Vergleich zu sonstigen kriminellen Angeboten an Personal- und Ausweisdokumenten handelt es sich bei der Fälschung von Impfbüchern um ein zahlenmäßig ansteigendes Phänomen“, sagt BKA-Sprecherin Hanna Hammer. Auch die Nachfrage nach gefälschten Impfbüchern auf diversen Messenger- und Social-Media-Kanälen sei gestiegen.

Aber wie gehen Apotheken mit gefälschten Impfzertifikaten um? Und was braucht es, um Betrug zukünftig besser zu vermeiden? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Wie werden die Impfpässe geprüft?

Ob ein Impfpass möglicherweise gefälscht ist, müssen in erster Linie die Apothekenteams beurteilen. Sie überprüfen die Impfdokumentationen auf Plausibilität und Vollständigkeit. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob die Impftermine in einem realistischen Zeitraum liegen. Auch sei es wichtig, dass die Impfung in räumlicher Nähe, zum Beispiel in der gleichen oder umliegenden Gemeinde, demselben Landkreis oder Regierungsbezirk erfolgt ist.

Außerdem können die Apothekenteams nun beim Erstellen der digitalen Zertifikate die Chargennummer checken. Eine wichtige Änderung, denn bisher war es gar nicht so einfach, Fälschungen direkt zu erkennen.

„Die Impfbücher haben keinerlei eindeutige Sicherheitsmerkmale, wie man sie etwa von Banknoten oder vom Personalausweis kennt, also zum Beispiel Hologramme oder Sicherheitsfäden“, sagt Pressesprecherin Nina Grunsky vom Apothekerverband Westfalen-Lippe. Das liege auch daran, dass die Impfbücher ursprünglich einen anderen Zweck hatten. „Es gab keinen Grund, dass diese fälschungssicher sein mussten. Das hat sich nun mit der Corona-Pandemie geändert.“

Außerdem gebe es keine einheitlichen Regelungen für die Impfdokumentationen, meint Thomas Preis, Apotheker und Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. „Jeder Impfnachweis sieht anders aus. Das ist ein großes Problem für die Überprüfung“, sagt er. „Eine unklare Impfdokumentation ist nicht immer eine Fälschung.“

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Der Eintrag einer richtigen und zum Impfzeitpunkt passenden Chargenbezeichnung sei nun allerdings eine große Hürde. „Einen Impfpass mit einer gefälschten Dokumentation zu erschleichen ist dadurch wesentlich schwieriger. Jetzt kann man mit einem Klick feststellen, ob es die Nummer überhaupt gibt und ob sie zum Impfzeitpunkt passt.“

Was machen Apotheken, wenn sie eine Fälschung vermuten?

„Der erste Schritt ist, die Ausgabe des Impfzertifikats zu verweigern. Das ist gesetzlich vorgegeben“, sagt Christian Splett, stellvertretender Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. „Ob der Apotheker oder die Apothekerin dann Anzeige erstattet, ist eine Frage seines Ermessens.“

Dementsprechend gibt es keine einheitliche Vorgehensweise. „Die Strategien sind unterschiedlich. Fakt ist: Apotheken dürfen keine Impfzertifikate ausstellen, wenn sie Zweifel an der Authentizität haben. Ob sie die Polizei rufen, den Impfpass einbehalten oder die Menschen nur wegschicken, ist der Apotheke überlassen“, sagt eine Sprecherin des Apothekerverbands Hessen.

Dadurch komme es aber teilweise zu schwierigen Situationen. Manche Apotheken hätten die mutmaßlichen Impfpassfälscherinnen und -fälscher 20 Minuten in der Apotheke hinhalten müssen, bis die Polizei eintraf, erzählt die Sprecherin. „Das ist einfach eine unschöne Situation. Man weiß ja auch nicht, ob die Beschuldigten nicht auch gewalttätig werden. Da haben auch die Apothekenteams ihre Ängste.“ Auch Nina Grunsky berichtet davon, dass die Besitzerinnen und Besitzer gefälschter Impfpässe in den Apotheken vor Ort zunehmend verbal aggressiv auftreten würden.

Corona-Impfung soll in Apotheken möglich werden
14.06.2021, Bayern, M������nchen: Ein Apotheker h������lt einen Impfpass und einen digitalen Impfnachweis in den H������nden. Ein Teil der Apotheker startet mit dem Ausstellen des neuen digitalen Nachweises einer Corona-Impfung. Dabei wird f������r vollst������ndig Geimpfte ein QR-Code erstellt, der in Apps mit dem Handy verwendet werden kann. Foto: Sven Hoppe/dpa - ACHTUNG: Teile des Bildes wurden aus rechtlichen Gr������nden gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++

Laut einem Beschluss der Länder könnten Corona-Impfungen in Apotheken über eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung ermöglicht werden.

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Ein Apotheker hatte gegenüber der „Tagesschau“ angemerkt, dass es nicht klar geregelt sei, ob er mit einer Anzeige gegen das Berufsgeheimnis für Apothekerinnen und Apotheker verstößt. Aus Sicht des Apothekerverband Westfalen-Lippe ein nachvollziehbarer Konflikt: „Einerseits gilt für pharmazeutisches Personal grundsätzlich die Schweigepflicht. Andererseits gefährden die Nutzerinnen und Nutzer von gefälschten Dokumenten Menschenleben“, sagt Pressesprecherin Nina Grunsky. „Es kann nach Prüfung des Einzelfalls also gerechtfertigt sein, die Polizei zu kontaktieren.“

Wie kann Betrug künftig vermieden werden?

Wenn es nach den Apothekenverbänden geht, müssen die Impfpässe hinsichtlich ihrer Fälschungssicherheit überarbeitet werden und bestenfalls in ein digitales Impfregister übertragen werden. Angesichts der schwierigen Echtheitsüberprüfung von Impfpässen durch fehlende Sicherheitsmerkmale hatte die Apothekerkammer Schleswig-Holstein bereits von der Politik eine Überarbeitung gefordert.

Diesen Wunsch teilen auch andere Apothekenverbände: „Mittelfristig muss die Politik sich möglichst europaweit auf eine fälschungssichere Form der Impfausweise verständigen“, sagt Petra Engel-Djabarian, Pressesprecherin Apothekerverband Rheinland-Pfalz.

Einige Apothekerverbände sowie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände plädieren daher für eine zentrale, elektronische Datenbank. „Mit einem digitalen Impfregister wäre es für die Apotheken sehr gut nachvollziehbar, ob die Impfpässe authentisch sind oder nicht“, heißt es vom Apothekerverband Hessen.

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Und auch Christian Splett, stellvertretender Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, sagt: „Eine Fälschung der Impfausweise würde natürlich erschwert werden, wenn wir eine elektronische zentrale Datenbank wie das Impfregister hätten.“

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