DIVI-Präsident warnt: Angaben zu freien Intensivbetten nicht immer korrekt

Anfang November hat die DIVI knapp 7900 noch belegbare Intensiv-Betten erfasst.

Anfang November hat die DIVI knapp 7900 noch belegbare Intensiv-Betten erfasst.

Berlin. Die Angaben der Kliniken zur Zahl belegbarer Intensivbetten sind der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zufolge nicht immer korrekt. Hinweise und Stichproben zeigten, dass mitunter auch Betten als frei gemeldet würden, für die gar kein Pflegepersonal verfügbar sei, sagte DIVI-Präsident Uwe Janssens der Deutschen Presse-Agentur. Das Ausmaß der fehlerhaften Meldungen sei unklar. Krankenhäuser sind seit dem Frühjahr verpflichtet, die Zahl belegbarer Intensivbetten täglich an die DIVI zu melden. Dabei zählt ausdrücklich die Zahl der Betten, für die ausreichend Intensivkräfte für die Betreuung und Behandlung zur Verfügung stehen.

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Klinken laufen derzeit noch im Regelbetrieb

Janssens will sich am Dienstag (12.30 Uhr) in Berlin mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und mehreren Experten zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie äußern. Erwartet werden auch Vertreter des bundeseigenen Robert Koch-Instituts (RKI) und von Corona-Testlaboren. Spahn hatte zum Start des von Bund und Ländern beschlossenen Teil-Lockdowns am Montag bereits deutlich gemacht, dass es um eine „nationale Kraftanstrengung“ gehe. Ziel ist auch, eine Überlastung der Krankenhäuser abzuwenden.

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Momentan liefen die Kliniken anders als bei der Infektionswelle im Frühjahr noch im Regelbetrieb, sagte Janssens. Manche Kliniken meldeten ihre Intensivbetten-Zahl aber offenbar so, als seien sie bereits aus dem Regelbetrieb genommen. Dann würden Eingriffe, die problemlos später vorgenommen werden können, verschoben - und es stehe mehr Intensivpersonal etwa aus der Anästhesie zur Verfügung. „Diesen Zustand haben wir aber momentan noch gar nicht.“

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Zu wenig Pflegepersonal für belegbare Betten möglich

Die Grünen forderten ein rasches Gegensteuern gegen drohende Engpässe bei Pflegekräften. „Betten pflegen keine Menschen - erst recht nicht auf einer Intensivstation“, sagte Grünen-Fachpolitikerin Kordula Schulz-Asche der dpa. Es sei allerhöchste Zeit, dafür zu sorgen, dass die Personalsituation in Intensivstationen nicht zum „Waterloo der Pandemiebekämpfung“ werde. Bemühungen vom Frühjahr für den Aufbau einer Notfallreserve müssten wieder aufgenommen werden. Nötig seien außerdem auch Delegationskonzepte, damit Intensivpflegefachkräfte von Teams aus erfahrenen Pflegefachkräften unterstützt werden könnten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte zuvor Zweifel daran angemeldet, dass tatsächlich nur belegbare Betten von den Kliniken gemeldet werden. „Anspruch und Wirklichkeit gehen da auseinander“, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Zu befürchten ist demnach, dass die Kliniken eine merkliche Zahl von Betten als belegbar melden, für die in Wahrheit gar kein Pflegepersonal verfügbar wäre.

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Länder sollten die tatsächliche Verfügbarkeit der Betten verstärkt prüfen

Die DIVI selbst hat keine Kontrollfunktion. Es müssten vielmehr die Bundesländer verstärkt ihre Aufgabe wahrnehmen, die tatsächliche Verfügbarkeit zu prüfen, forderte Brysch. Verstöße müssten geahndet werden. Als einen möglichen Grund für Falschmeldungen der Kliniken sieht er, dass Leerbetten in Verhandlungen einen finanziellen Vorteil bedeuten könnten und ihre Zahl darum eher zu hoch angegeben werde. Bis September hatte es demnach zum Beispiel Pauschalzahlungen für frei gehaltene Betten gegeben, diese Regelung könnte wieder eingeführt werden.

Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fälle hat sich in den vergangenen zwei Wochen von 851 Patienten (19.10.) auf 2243 Patienten (2.11.) nahezu verdreifacht, wie die DIVI-Daten zeigen. Der bisherige Höchststand hatte bei 2933 am 18. April gelegen. Damals waren noch rund 3400 der Betten in den Kliniken als frei gemeldet. Für den 2. November waren beim DIVI knapp 7900 noch belegbare Intensiv-Betten erfasst.

Arbeitsbedingungen auf den Intensivstationen könnte sich in den kommenden Monaten verschlechtern

Insgesamt haben sich seit Beginn der Corona-Krise 560.379 Menschen in Deutschland nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt, wie das RKI am frühen Dienstagmorgen meldete (Datenstand 03.11., 00.00 Uhr). Zuletzt hatten die Gesundheitsämter in Deutschland dem Robert Koch-Institut (RKI) 15.352 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet. Mit 19.059 Neuinfektionen war am Samstag ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden.

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Das „Deutsche Ärzteblatt“ berichtete am Montag, das einer Umfrage nach der weit überwiegende Teil der Mitarbeiter auf Intensivstationen nicht daran glaubt, dass alle vorhandenen Intensivbetten auch tatsächlich eingesetzt werden können. 97 Prozent der rund 1000 Befragten gehen demnach davon aus, dass nicht ausreichend Intensivpflegekräfte zur Verfügung stehen, um alle etwa 30.000 im DIVI-Register gemeldeten Intensivbetten in der laufenden Welle der Corona-Pandemie einsetzen zu können. 93 Prozent befürchten eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf den Intensivstationen in den kommenden Monaten. Das gehe aus einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin hervor.

Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat sich besorgt über die steigende Zahl an Corona-Patienten auf den Intensivstationen gezeigt. Der Anteil der älteren Patienten habe wieder zugenommen, sagte Reinhardt der „Passauer Neue Presse“ (Dienstag). „Damit werden wir auch wieder mehr schwerere Verläufe und Todesfälle haben.“ Zudem fehle es an ausreichend Personal. Im Notfall müsse Personal aus anderen Bereichen der Kliniken herangezogen werden. „Davon sind wir aber noch ein ganzes Stück entfernt“, sagte Reinhard. In etwa vier Wochen werde man wissen, ob die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gegriffen haben oder ob man nachjustieren müsse.

RND/dpa

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