Coronavirus: Sterberate in Deutschland niedriger als befürchtet – Übersterblichkeit ist ausgeblieben

In Deutschland ist eine Übersterblichkeit bisher glücklicherweise ausgeblieben.

In Deutschland ist eine Übersterblichkeit bisher glücklicherweise ausgeblieben.

Trotz des Corona-Ausbruchs sind in Deutschland nicht mehr Menschen gestorben als in den Jahren zuvor. Anders als sonst schwere Grippewellen oder sogar Sommerhitze hat das Virus nicht zu einer Übersterblichkeit der Bevölkerung geführt. Das geht aus einem Beitrag hervor, der im hessischen Ärzteblatt erschienen ist.

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Keine Zunahme der Todesfälle in erster Jahreshälfte

Die Autoren sind René Gottschalk, Leiter des Gesundheitsamts in Frankfurt am Main, und Ursel Heudorf, seine ehemalige Stellvertreterin. Beide sind Professoren und Fachärzte für öffentliches Gesundheitswesen. Für den Artikel hatten sie Zahlen des statistischen Bundesamtes für Hessen und Deutschland ausgewertet.

Wie eine Abbildung in dem Beitrag zeigt, starben während der Grippewellen in den Jahren 2017 und 2018 deutlich mehr Menschen als sonst zu dieser Jahreszeit. Man spricht hierbei von einer Übersterblichkeit. Auch in den Hochsommern 2018 und 2019 zeigte sich ein kurzer Anstieg der Todeszahlen.

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In der ersten Jahreshälfte 2020 ist hingegen keine Zunahme der Sterbefälle verzeichnet. Das Coronavirus hatte also nicht zu einem allgemeinen Anstieg der Sterbefälle in der Bevölkerung geführt. Selbst in den Frankfurter Altenpflegeheimen starben im Frühjahr 2020 nicht mehr Menschen als noch in den Jahren zuvor.

Grippeinfektionen sind nicht meldepflichtig

Der Vergleich mit den Todeszahlen der vergangenen Jahre ist ein Hilfsmittel, um ein Infektionsgeschehen besser zu beurteilen. Bei Grippeausbrüchen wird er schon länger dazu genutzt, um die Zahl der Toten überhaupt abschätzen zu können.

Weil die Grippe nicht meldepflichtig ist, werden nämlich längst nicht alle Infektionen offiziell registriert. Da aber in jeder schweren Grippesaison mehr Menschen sterben als durchschnittlich im Winter (man spricht hierbei von einer Übersterblichkeit), werden diese den Grippetoten zugerechnet.

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Corona oder Grippe? Wie erkenne ich, ob ich betroffen sein könnte?

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Bisher keine Übersterblichkeit in 2020

Auch im Fall von Corona wäre es theoretisch möglich, dass mehr oder weniger Menschen an dem Virus gestorben sind, als offiziell erfasst wurde. Würde trotz verhältnismäßig wenig bestätigten Todesfälle eine hohe Übersterblichkeit registriert, könnte das bedeuten, dass nicht alle Corona-Toten erfasst wurden.

Genau das ist aber nun nicht der Fall: Trotz der rund 9000 gemeldeten deutschen Corona-Opfer ließ sich im ersten Halbjahr 2020 keine Übersterblichkeit feststellen. Das kann verschiedene Gründe haben. So war die Grippesaison im Frühjahr außergewöhnlich mild verlaufen. Die Corona-Toten könnten in der Statistik daher durch eine niedrigere Anzahl an Grippetoten ausgeglichen werden.

Mehrere Faktoren beeinflussen Übersterblichkeit

Die Corona-Maßnahmen, aber womöglich auch das Virus selbst hatten die Grippe zurückgedrängt. Daher ist unklar, wie viele der Corona-Toten ohne den Ausbruch an einer Grippe gestorben wären. Zudem hatten die meisten gemeldeten Corona-Toten schwere Vorerkrankungen. Es lässt sich daher nicht sicher sagen, ob Corona wirklich in allen Fällen die Todesursache war.

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Positiv getestete Patienten, die ohnehin an einer anderen Krankheit gestorben wären, würden nicht zu einer Übersterblichkeit beitragen. Aber auch andere Gründe sind denkbar – die Übersterblichkeit ist nur ein statistischer Wert, der durch viele Faktoren beeinflusst werden kann.

Todesfälle sind nicht immer auf Corona zurückzuführen

In anderen Ländern wie Frankreich, England, Belgien, Spanien, Schweden oder Italien hatte sich anders als in Deutschland im Frühjahr vorübergehend eine Übersterblichkeit gezeigt. In den USA sterben momentan noch immer mehr Menschen als durchschnittlich in den Jahren zuvor. Dabei ist die Übersterblichkeit in einigen Ländern sogar so hoch, dass sie sich nicht allein durch die Corona-Toten erklären lässt.

In den USA und Spanien lassen sich ein Viertel bis ein Drittel der zusätzlichen Todesfälle nicht durch den Corona-Ausbruch erklären, wie aus einem Bericht der Zeitschrift Nature hervorgeht. Schuld war offenbar die schlechtere medizinische Versorgungslage von Nicht-Corona-Patienten. So starben laut Nature deutlich mehr Amerikaner an Herz-Kreislaufleiden oder Diabetes als sonst. Und in Großbritannien starben mehr Menschen an Bluthochdruck, Demenz, Diabetes oder Asthma als in anderen Jahren.

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Es geht uns um eine bessere Bewertung der Lage.

Ursel Heudorf, ehemalige stellvertretende Leiterin des Frankfurter Gesundheitsamtes

Auch in Deutschland war befürchtet worden, dass das Herunterfahren der Regelversorgung der Krankenhausbetriebe die Gesundheit anderer Patienten gefährdet. Zumindest in der Todesfallstatistik scheint sich das aber bislang nicht niederzuschlagen – wie das Ausbleiben der Übersterblichkeit zeigt.

Ursel Heudorf, Mitautorin des Ärzteblatt-Artikels, will über die Gründe für die ausgebliebene Übersterblichkeit in Deutschland nicht spekulieren. Ziel des Artikels sei es auch nicht gewesen, Corona und die Grippe zu vergleichen. “Wir wollten die Zahlen mit unserem Beitrag nur noch einmal ins Verhältnis setzen”, sagt Heudorf. “Es geht uns um eine bessere Bewertung der Lage.”

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