Modellierung: Ungeimpfte sind an bis zu neun von zehn Infektionen beteiligt
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An den meisten Infektionen in Deutschland sind Ungeimpfte beteiligt, wie aus einer Modellierung hervorgeht.
© Quelle: Markus Scholz/dpa
Ungeimpfte sind einer aktuellen Modellierung zufolge an etwa acht bis neun von zehn Corona-Infektionsfällen in Deutschland beteiligt. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin in einer Studie, die auf dem Preprint-Server „Medrxiv“ erschienen ist. Sie wurde noch nicht von externen Experten und Expertinnen überprüft.
Demnach gingen im Zeitraum vom 11. Oktober bis 7. November schätzungsweise bis zu 76 Prozent aller Infektionen in Deutschland auf Ungeimpfte zurück, die andere mit dem Virus ansteckten. Den verbleibenden Anteil der Infektionsfälle führen die Forschenden auf Geimpfte zurück.
Forschende gehen für Modellierung von Impfeffektivität von 72 Prozent aus
Für ihre Modellierung nutzten die Forschenden Infektionsdaten aus dem Zeitraum vom 11. Oktober bis zum 7. November. Zu dieser Zeit verzeichnete Deutschland ein exponentielles Wachstum mit einer effektiven Reproduktionszahl (R-Wert) von 1,2 und einer Impfquote von gut 65 Prozent. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nahmen für die Effektivität der Corona-Impfungen einen durchschnittlichen Wert von 72 Prozent an. Das heißt, dass in einer Gruppe von Geimpften 72 Prozent der Infektionen durch die Vakzine verhindert werden, zu denen es in einer vergleichbaren Gruppe Ungeimpfter kommen würde.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kombinierten in ihrer am Freitag veröffentlichten Studie diese und weitere Parameter, darunter etwa die Impfquoten der verschiedenen Altersgruppen und die Zahl der symptomatischen Durchbrüche. Über die Hälfte (51 Prozent) der Neuinfektionen waren in diesem Szenario Fälle, in denen Ungeimpfte andere Ungeimpfte infizierten. In einem Viertel der Fälle infizierten Ungeimpfte geimpfte Menschen, in 15 Prozent war es der Modellierung zufolge umgekehrt. Nur 9 Prozent der Fälle geht demnach auf eine Übertragung des Coronavirus von Geimpften auf Geimpfte zurück.
Daraus ergibt sich eine Beteiligung von Ungeimpften an den Infektionen von 91 Prozent. Sprich: In diesem Szenario mit einer angenommenen Impfeffektivität von 72 Prozent kommen die Forschenden auf das Ergebnis, dass an gut neun von zehn Infektionsfällen mindestens eine Ungeimpfte oder ein Ungeimpfter beteiligt ist.
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© Quelle: Reuters
Ungeimpfte auch bei geringerer Impfeffektivität an den meisten Infektionen beteiligt
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Humboldt-Professor Dirk Brockmann räumen jedoch ein: „Über die tatsächliche Impfeffektivität besteht wissenschaftliche Unsicherheit“, schreiben sie. Daher betrachteten sie ein zweites Szenario, in dem sie annehmen, dass die Effektivität nur zwischen 50 und 60 Prozent beträgt.
Aber auch in diesem Fall lag der Anteil der auf Ungeimpfte zurückgehenden Corona-Neuinfektionen noch bei 67 Prozent. Der Anteil an Fällen, in denen Ungeimpfte andere Ungeimpfte ansteckten, lag den Annahmen zufolge in diesem Szenario bei rund 38 Prozent. Ungeimpfte infizierten Geimpfte in schätzungsweise 29 Prozent der Fälle, umgekehrt waren es 17 Prozent. Daraus ergibt sich eine Beteiligung von Ungeimpften an den Infektionen von 84 Prozent. Der Anteil an Infektionen, in denen Geimpfte andere Geimpfte ansteckten, lag laut Modellierung bei 16 Prozent.
RND