Schwer an Covid-19 Erkrankte besonders betroffen

Studie zu Corona-Spätfolgen: Nur jeder vierte Genesene fühlt sich nach einem Jahr vollständig gesund

Fatigue-Syndrom als Folge von Corona: Viele Infizierte kämpfen monatelang mit späten Nebenwirkungen.

Corona-Infizierte kämpfen teilweise monatelang noch mit Spätfolgen wie einer starken Erschöpfung.

London. Dass nach einer Corona-Infektion Spätfolgen auftreten können – auch bekannt als Long Covid –, ist inzwischen weitgehend bekannt. Deutlich ungewisser ist hingegen, wie lange diese Beschwerden anhalten. Die meisten Studien haben bisher einen Zeitraum von wenigen Monaten betrachtet. Auf dem European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases in Lissabon wurde nun eine neue Untersuchung aus Großbritannien vorgestellt, die zeigt, dass Corona-Spätfolgen selbst nach einem Jahr noch spürbar sein können. Die Ergebnisse sind mittlerweile im Fachmagazin „The Lancet Respiratory Medicine“ erschienen.

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Mehr Frauen als Männer an Studie beteiligt

Die Studie konzentriert sich auf Corona-Genesene ab 18 Jahren, die wegen einer Infektion im Krankenhaus behandelt und anschließend entlassen wurden. Diese erklärten sich dazu bereit, an einer fünfmonatigen und einjährigen Nachuntersuchung teilzunehmen, bei der die Forschenden jeweils die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschriebenen Beschwerden, ihre körperliche Leistungsfähigkeit und Organfunktionen bewerteten. Außerdem wurde ihnen fünf Monate nach der Krankenhausentlassung Blut abgenommen, um zu kontrollieren, ob darin Entzündungsproteine nachweisbar sind.

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2320 Probandinnen und Probanden, die zwischen dem 7. März 2020 und dem 18. April 2021 aus einem der Krankenhäuser des britischen Gesundheitsdienstes NHS entlassen wurden, nahmen an der fünfmonatigen Nachuntersuchung teil; 807 absolvierten zusätzlich die einjährige Nachuntersuchung. Unter ihnen waren mehr Frauen (64,4 Prozent) als Männer (35,6 Prozent), das Durchschnittsalter betrug 58,7 Jahre, und etwa 27,8 Prozent waren im Krankenhaus künstlich beatmet worden.

Befragte klagen über körperliche und psychische Spätfolgen

„Die von den Patienten wahrgenommene gesundheitsbezogene Lebensqualität war ein Jahr nach der Entlassung geringer als vor der Krankenhauseinweisung“, resümieren die Studienautorinnen und Studienautoren. Auf die Frage „Fühlen Sie sich von Covid-19 vollständig erholt?“ antwortete gerade einmal ein Viertel der Genesenen fünf Monate nach der Krankenhausentlassung mit „Ja“. Nach einem Jahr waren es 28,9 Prozent – der Anteil blieb also nahezu unverändert. „Nein“ sagten hingegen 54,9 Prozent der Befragten nach fünf Monaten; 48,8 Prozent waren es nach einem Jahr.

Die häufigsten Corona-Spätfolgen, über die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, waren unter anderem Fatigue (60,1 Prozent) – also eine starke Müdigkeit und Erschöpfung –, Muskelkater (54,6 Prozent), Schlafprobleme (52,3 Prozent), Kurzatmigkeit (51,4 Prozent), Verlust des Kurzzeitgedächtnisses (44,6 Prozent) und Gliederschwäche (41,9 Prozent). Doch nicht nur über körperliche Beschwerden klagten die Corona-Genesenen. Auch psychische Probleme wie Angststörungen (21,5 Prozent) oder Depression (24,9 Prozent) listen die Forschenden in ihrer Studie.

Das sind Risikofaktoren für Long Covid

Auffällig war: Bei Probandinnen und Probanden, die nach ihrer Corona-Infektion eine schwere körperliche und geistige Beeinträchtigung aufwiesen, war die Anzahl derjenigen, die sich von ihrer Erkrankung vollständig erholten, geringer als bei denjenigen, die nur leichte Long-Covid-Symptome hatten – unabhängig vom Zeitpunkt der Nachuntersuchung. Bei schwer betroffenen Genesenen fanden sich zudem verhältnismäßig häufiger erhöhte Entzündungsmarker im Blut, was auf Gewebeschäden im Körper hindeuten könnte.

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Die Forscherinnen und Forscher identifizierten zudem drei Risikofaktoren für Corona-Spätfolgen: Demnach haben Frauen, Menschen, die unter Fettleibigkeit leiden, sowie Menschen, die künstlich beatmet wurden, ein höheres Risiko, langanhaltende Symptome nach einer Infektion mit dem Coronavirus zu entwickeln. Wer nicht im Krankenhaus behandelt werden musste, litt deutlich seltener unter Long Covid.

Long-Covid-Expertin: klinische Therapiestudien voranbringen

„Die Langzeitwirkungen von Covid werden unserem Gesundheitssystem noch lange sehr viel Geld kosten“, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Twitter mit Blick auf die Studienergebnisse. „Die Forschung für Long Covid muss dringend ausgebaut werden.“

Carmen Scheibenbogen, Leiterin des Fatigue-Zentrums der Berliner Charité, rief kürzlich in einer Sonderfolge des NDR-Podcasts „Coronavirus-Update“ die Politik dazu auf, vor allem klinische Therapiestudien zu den Spätfolgen zu unterstützen. „In dieser Ausnahmesituation müssen wir auch etwas unkonventionellere Wege gehen in der Medikamentenentwicklung“, forderte sie. „Wir können uns nicht die Zeit lassen und noch drei Jahre forschen. Ein Teil der Forschung müssen klinische Studien sein. Sonst werden wir über Jahre den Notstand verwalten müssen.“

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