Corona-Politik: Was die Parteien planen

Annalena Baerbock (Mitte), Kanzlerkandidatin und Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Olaf Scholz (rechts, SPD), SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen, und Christian Lindner, FDP-Spitzenkandidat, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP.

Annalena Baerbock (Mitte), Kanzlerkandidatin und Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Olaf Scholz (rechts, SPD), SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen, und Christian Lindner, FDP-Spitzenkandidat, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP.

Im Wahlkampf spielte die Corona-Politik kaum eine Rolle. Bei den Koalitionsverhandlungen könnte sich das jedoch ändern. Wofür stehen die einzelnen Parteien beim Umgang mit der Pandemie und welche Linie ist von einer neuen Regierung zu erwarten?

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CDU: Keine deutliche Abkehr von bisheriger Linie zu erwarten

Bisher hatte die CDU bei den Corona-Maßnahmen die größte Entscheidungsgewalt. Regierungschefin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn konnten den Kurs maßgeblich bestimmen, dabei wurde vieles auch ohne Parlamentsbeteiligung beschlossen. Möglich wurde das durch die Feststellung einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, durch die der Regierung Sonderbefugnisse eingeräumt wurden. Zwar war auch die SPD als Koalitionspartner beteiligt, viele Entscheidungen wurden aber allein vom durch die CDU besetzten Gesundheitsministerium getroffen.

Unklar ist nun, ob Jens Spahn Gesundheitsminister bleibt. Das wäre wohl höchstens dann so, wenn eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP zustande käme. Bundeskanzler wäre dann nach aktuellem Stand (Dienstag, 17 Uhr) Armin Laschet. Und der war bei der Corona-Politik als Regierungschef von NRW teilweise eigene Wege gegangen. Laschet hatte auf seinen persönlichen „Corona-Expertenrat“ vertraut, dem auch der Virologe Hendrik Streeck angehörte.

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Wahlprogramme im Check: Das planen die Parteien beim Thema Gesundheit

Durch die Corona-Pandemie ist das Thema Gesundheit enorm in den Fokus der Parteien gerutscht. Einer der größten Streitpunkte: die Legalisierung von Cannabis.

In einigen Fällen hatte Laschet erst später Maßnahmen ergriffen als andere Bundesländer. Zudem hatte er schon früh eine Abkehr von der Inzidenz als Richtwert gefordert und sich für die Orientierung an der Krankenhausbelegung und den Impfquoten stark gemacht. In anderen Fällen hatte er sich aber auch gegen Lockerungen ausgesprochen. Eine deutliche Abkehr von der bisherigen Corona-Politik auf Bundesebene plant Laschet aber wohl nicht.

Laschet ist gegen einen neuen Lockdown bei einer möglichen Herbstwelle und setzt auf eine Ausweitung der Tests, wobei Geimpfte und Genesene von der Testpflicht ausgenommen werden sollen (3-G-Regel). Gleichzeitig hatte Laschet allerdings befürwortet, dass Tests künftig kostenpflichtig werden sollen. Die epidemische Lage von nationaler Tragweite hatte Laschet im Gegensatz zu Spahn verlängern wollen. Einen Plan zum schrittweisen Ausstieg aus den Corona-Maßnahmen nach dem Beispiel anderer Länder wie Dänemark, Schweden oder Großbritannien hat die CDU bisher nicht vorgelegt.

SPD: Schulen sollen offen bleiben

Die SPD hat als Koalitionspartner in der Regierung die Corona-Politik weitgehend mitgetragen, auch wenn viele Entscheidungen durch das von der CDU besetzte Gesundheitsministerium getroffen wurden. Eine radikale Wende in der Corona-Politik ist von einer SPD-geführten Regierung daher eher nicht zu erwarten. Im Wahlprogramm fanden sich auch keine konkreten Pläne dazu, wie sich ein Ausstieg aus den Corona-Maß­nahmen gestalten könnte.

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Der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, Olaf Scholz, sagte zuletzt im Interview mit der „Rheinischen Post“, es dürfe auch bei einer neuen Infektionswelle im Herbst keinen neuen Lockdown geben. Dieser wäre angesichts der Impfquote „schwer begründbar“. Auch hatte Scholz gesagt, die Schulen müssten offen bleiben.

Prominentester Gesundheitspolitiker der SPD ist der Epidemiologe Karl Lauterbach. Lauterbach war in der Pandemie dadurch aufgefallen, dass er oft noch härtere Maßnahmen gefordert hatte, als ohnehin schon beschlossen worden waren. Einige seiner Positionen waren dabei auch innerhalb der SPD umstritten. Lauterbach hat bereits Interesse am Amt des Gesundheitsministers geäußert. Allerdings bleibt offen, ob sich Lauterbachs Linie in einer Koalition der SPD mit der FDP durchsetzen ließe, da diese eher einen allmählichen Ausstieg aus den Maßnahmen im Blick hat.

Grüne: Baerbock für 2G

Als Oppositionspartei haben die Grünen die Corona-Politik der Bundesregierung überwiegend mitgetragen und zum Teil sogar schärfere oder schnellere Maßnahmen gefordert. In Baden-Württemberg hatte der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann im vergangenen Winter so lange Ausgangssperren verhängt, bis diese vom baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) für unverhältnismäßig befunden und gekippt wurden. Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg hatte auch als erste ab einer bestimmten Inzidenz die 2G-Regel beschlossen, bei der nur noch Geimpfte und vor Kurzem Genesene Zugang zu bestimmten Bereichen haben sollen.

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Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hatte sich ebenfalls bereits für die 2G-Regel ausgesprochen. 2G ist allerdings umstritten und wird unter anderem von der FDP abgelehnt, die sowohl in einer Jamaika-Koalition mit der CDU als auch in einer Ampelkoalition mit der SPD Partner der Grünen in einer neuen Bundesregierung wäre.

Der aktuelle Beschluss der Bundesregierung, Schnelltests kostenpflichtig zu machen, wurde von den Grünen hingegen nicht mitgetragen. So hatte der Gesundheitsexperte der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, dies in einem Interview als unfair kritisiert. Ebenso war die FDP gegen die Abschaffung der kostenlosen Bürgertests gewesen.

FDP: Teilhabe auch für Ungeimpfte

Die Freien Demokraten hatten die Corona-Politik der Regierung schon früh als unverhältnismäßig kritisiert. Die Grundrechte würden zu sehr eingeschränkt, zudem fehle bei vielen Maßnahmen der Nutzennachweis. Eine wichtige Forderung der FDP war dabei, das Parlament stärker in Entscheidungen einzubinden. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr beantragt, die Einstufung als eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ aufzuheben, die der Regierung mehr Macht verleiht und ihr ermöglicht hatte, ohne Zustimmung des Bundestags weitreichende Beschlüsse zu fassen.

Um den Nutzen der Maßnahmen besser gegen deren negative Folgen abzuwägen, hatte die FDP die Einrichtung einer unabhängigen Expertenkommission vorgeschlagen, die mit Sachverständigen aus den Bereichen Justiz, Wissenschaft und Zivilgesellschaft besetzt werden sollte. FDP-Chef Christian Lindner hatte Ende August eine Stellungnahme zum weiteren Umgang mit dem Coronavirus veröffentlicht. Darin heißt es, neben der Krankenhausbelegung müssten künftig die Impfquote und die Positivquote von Tests berück­sichtigt werden, um die Lage zu beurteilen und regional angemessene Maßnahmen treffen zu können. Es dürfe nicht zu neuen pauschalen Freiheitseinschränkungen kommen.

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Faktencheck: Wie gut wirkt die Corona-Impfung?

Immer wieder heißt es: Die Corona-Impfung sei nutzlos, weil auch Geimpfte an Covid-19 erkranken und sogar daran sterben können. Doch das ist falsch.

Das gelte auch für Ungeimpfte: „Auch diese müssen die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, gegebenenfalls unter Auflagen, gegebenenfalls mit der Vorlage eines negativen Tests, aber es muss möglich sein“, so Lindner. Die 2G-Regel, bei der Ungeimpfte auch mit negativem Test keinen Zugang zu bestimmten Veranstaltungen hätten, sieht die FDP demnach kritisch. „Damit verbunden ist so etwas wie eine indirekte Impfpflicht, und eine solche lehnen wir ab“, heißt es in der Erklärung Lindners. Es gelte stattdessen in Zukunft stärker auf die „individuelle Verantwortung“ für die eigene Gesundheit zu setzen.

Der FDP-Vizevorsitzende und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, hatte bei einem Fernsehauftritt bei Markus Lanz im August ein Ende der Corona-Maßnahmen ins Spiel gebracht. So sagte Kubicki wörtlich: „Wenn ich Bundeskanzler wäre, würde ich wie in Dänemark verfahren.“

AfD: Ende der Maßnahmen im Wahlprogramm

Die AfD sah als einzige Partei im Bundestag in ihrem Wahlprogramm eindeutig ein Ende der bisherigen Corona-Maßnahmen vor. Außerdem fordert die Partei einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Rechtmäßigkeit der Corona-Politik der Bundesregierung. Chancen auf eine Regierungsbeteiligung werden der AfD nicht eingeräumt, da keine der anderen Parteien zu einer Zusammenarbeit auf Bundesebene bereit ist.

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Die Linke: Kontrolle in Unternehmen

Die Linke hat die Corona-Politik der Bundesregierung teilweise kritisiert. Einen eigenen umfassenden Plan zum weiteren Umgang mit der Pandemie hat die Partei vor der Wahl aber nicht vorgelegt. Sie fordert unter anderem mehr Infektionsschutz in den Betrieben und „scharfe Kontrollen an allen Arbeitsplätzen“ sowie ein Recht der Beschäftigten auf Homeoffice in der Pandemie. Die Linksfraktion ist grundsätzlich gegen die Einführung der 2G-Regelung. Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Achim Kessler, hatte diese als „nicht verhältnismäßig und zutiefst unsolidarisch“ kritisiert. Wie die AfD fordert auch die Partei Die Linke einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der sich mit der politischen Verantwortung der Bundesregierung in der Pandemie befassen soll. Auch Die Linke hat kaum Chancen an der nächsten Regierung beteiligt zu werden.

SSW: Regionale Lösungen gegen die Pandemie

Einen Sitz im Bundestag hat der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ergattert. „Die großen Herausforderungen durch die drohende Klimakatastrophe und die Corona-Pandemie können nicht allein auf zentraler Ebene gelöst werden, sondern müssen regional vor Ort angegangen werden“, schreibt die Partei in ihrem Wahlprogramm. Sie fordert etwa einen finanziellen Ausgleich für Menschen, die aufgrund der Pandemiemaßnahmen nicht arbeiten konnten.

Außerdem weist der SSW darauf hin, dass vor allem Frauen „unsere Gesellschaft in der Krise zusammenhalten“. Man dürfe sie bei den Maßnahmen zur Abmilderung der Krisenfolgen nicht vergessen.

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