Expertenratsmitglied: Wie Deutschland jetzt in die endemische Phase kommt
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Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig
© Quelle: imago images/Political-Moments
Berlin. Michael Meyer-Hermann aus dem Corona-Expertenrat der Bundesregierung sieht Anlass zur Hoffnung in der Omikron-Welle, mahnt aber zu maßvollen Lockerungen. „Es ist Licht am Ende des Tunnels“, sagte der Leiter der Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig am Freitag in Berlin während des turnusmäßigen RKI-Updates mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Um jetzt in eine endemische Lage zu kommen, müsse eine gewisse Grundimmunität erreicht werden, für die die Impfungen der entscheidende Faktor seien, so der Wissenschaftler. Er gehe davon aus, dass sich angesichts der Lockerungen vermehrt die Ungeimpften anstecken würden. Entsprechend sei bei ihnen vermehrt mit Todesfällen zu rechnen und schweren Verläufen, „die auch nicht lustig sind“.
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„Corona wird bleiben“
Eine Endemie ist laut Robert Koch-Institut (RKI) eine in einer Gegend auftretende Krankheit, von der ein größerer Teil der Bevölkerung regelmäßig erfasst wird – wie etwa die Grippe. Das Immunsystem wird dann nicht mehr mit einem neuartigen Erreger konfrontiert, sondern ist durch frühere Infektion oder durch Impfung gewappnet. Auch der Tübinger Pathologe Hans Bösmüller setzt darauf, dass die Pandemie-Dauerschleife in eine endemische Phase von Corona übergehen könnte - und das bereits in den kommenden Wochen. „Corona wird bleiben, die Varianten werden bleiben. Man wird mit harmloseren Varianten wie Omikron rechnen müssen, aber auch mit aggressiveren mit schwerwiegenden Verläufen“, sagte der Oberarzt der Pathologie an der Universitätsklinik in Tübingen.
Im europäischen Vergleich komme Deutschland nach Angaben von Meyer-Hermann recht gut durch die Pandemie: So verzeichne die Bundesrepublik derzeit etwa 1400 Tote pro eine Million Menschen, was „eine erschreckend hohe Zahl“ sei, sagte Meyer-Hermann. In anderen europäischen Ländern liege die Zahl aber bei 2200. Südkorea allerdings habe nur 140 auf eine Million.
Ungeimpfte durch Corona-Infektion nicht immunisiert
Meyer-Herrmann wies darauf hin, dass die Lage noch sehr fragil und deswegen bei Lockerungen ein maßvolles und stufenweises Vorgehen wichtig ist. „Wir sind in einer Situation, wo wir einen Rohrbruch versuchen zu kontrollieren. Wir halten die Hand drauf“, sagte er und bezog sich dabei auf die Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht. „Es ist natürlich nicht so eine gute Idee, die Hand wegzunehmen, bevor man den Haupthahn abgedreht hat.“
Meyer-Herrmann warnte zudem vor dem Trugschluss, sich von einer Omikron-Infektion eine Immunisierung zu erwarten. Wer eine Omikron-Infektion überstanden habe, aber ungeimpft sei, habe einen geringen Schutz vor andere Corona-Varianten wie Delta.
RND/fw/dpa