Gemischte Gefühle: Zwischen Impfstoff, Krankheit und Lockdown
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Symbolfoto zum Thema Einsamkeit und Isolation: Eine Frau sitzt nachts auf der Couch und schaut in ein Smartphone. Berlin, 25.03.2020. Um die Ausbreitung des Coronavirus, COVID-19, SARS-CoV-2, zu verlangsamen, wurden in Deutschland Ausgangssperren angeordnet. Alleinstehenden Menschen droht durch Isolation und Quarantaene Einsamkeit und Depressionen. Soziale Kontakte können nur digital aufrecht erhalten werden. Berlin Deutschland *** Symbol photo on the topic of loneliness and isolation A woman sits on the couch at night and looks into a smartphone Berlin, 25 03 2020 To slow the spread of the corona virus, COVID 19, SARS CoV 2, curfews have been ordered in Germany Single people threatened by isolation and quarantines Loneliness and depression Social contacts können to be maintained only digitally Berlin Germany Copyright: xphotothek/xThomasxTrutschelx
© Quelle: imago images/photothek
Liebe Leserinnen und Leser,
Corona schlägt aufs Gemüt. Es ist Mitte November – kalt, nass, neblig, Teil-Lockdown. Ein Entkommen scheint so gut wie unmöglich. Sars-CoV-2 blockiert den Alltag, das Leben, die Zukunft. Es bleibt herausfordernd, eine Balance zu finden. Die Pandemie als Ganzes bedroht die Seele. Umso wichtiger ist es, in diesen Zeiten aufeinander zu achten.
Dass Frust und Verzweiflung zunehmen, zeigen die verstörenden Ereignisse in Leipzig. Zehntausende haben sich am Wochenende versammelt, gegen den Teil-Lockdown demonstriert – und keine Maske getragen, keinen Abstand gehalten. Die Gefahr durch die Pandemie klein zu reden, wirkt angesichts der schwer an Covid-19 erkrankten Menschen in den Krankenhäusern unangemessen. Unser RND-Chefreporter hat eine der Intensivstationen besucht. In seiner Reportage schildert Thorsten Fuchs eindrücklich, wie hinter verschlossenen Türen gegen das Virus gekämpft wird. Die Behandlung der Covid-19-Patienten ist psychisch wie physisch stark belastend. Die Intensivpfleger sagen: „Corona war bei uns nie weg.“
Abwarten und hoffen ist das Gebot der Stunde. Nicht nur darauf, dass der Teil-Lockdown hilft. Auch ein Impfstoff ist diese Woche greifbarer geworden. Pfizer und Biontech haben erste Daten zu „BNT162b2“ publik gemacht. Auch die Politik kommt voran: Deutschlandweit gibt es Pläne für die wohl größte Impfkampagne, die es je geben könnte. Das zeigt: 2021 wird womöglich nicht mehr die Frage dominieren, ob ein Impfstoff kommt. Sondern eher: Wer wird mit welchem Impfstoff geimpft, wo, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Wirkung?
Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre. Bleiben Sie gesund!
Saskia Bücker
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Die Pandemie und wir
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Erkenntnis der Woche
Ein Impfstoff wird zum entscheidenden Faktor des Pandemie-Verlaufs. Die Pharmaunternehmen Biontech und Pfizer haben in dieser Woche erste Daten aus ihrer Phase-III-Studie veröffentlicht. „Die Fallaufteilung zwischen geimpften Personen und Personen, die das Placebo erhielten, zeigt eine Impfstoffwirksamkeitsrate von über 90 Prozent sieben Tage nach der zweiten Dosis“, heißt es in einer Mitteilung. Wissenschaftler werten die Ergebnisse als eine gute Nachricht. Was fehlt: Weitere Details zum Mittel und eine Zulassung.
Bund und Länder sind derweil dabei, eine Infrastruktur für die Impfkampagne zu entwickeln. Es sollen beispielsweise Impfzentren aufgebaut werden. Auch die ethischen Rahmenbedingungen für eine Impfstoffverteilung bei limitierten Mengen sind inzwischen vereinbart. Zuerst sind Personen mit signifikant erhöhtem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf und Mitarbeiter aus dem medizinischen Bereich an der Reihe. Geduld bleibt aber angebracht. „Ich glaube nicht, dass 2021 genug Menschen geimpft werden, um ausreichend epidemiologische Effekte zu erzielen“, prognostiziert Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission im RND-Interview.
Alltagswissen
Rund 3000 Schulen in Deutschland unterrichten nach Medienberichten wegen Corona nicht mehr im Regelbetrieb. Das Coronavirus zirkuliert also auch in den Schulen. Was kann konkret unternommen werden, damit die Ansteckungsgefahr minimiert wird? Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat sich inzwischen beispielsweise für eine Maskenpflicht im Unterricht und in Grundschulen ausgesprochen.
Wissenschaftler sehen eine weitere Stellschraube, an der noch gedreht werden könnte. „Aus rein infektiologischer Sicht ist die Verkleinerung und Trennung von Lerngruppen in Schulen eine sinnvolle Maßnahme, da sich damit die Zahl der Kontakte und damit die Wahrscheinlichkeit für Übertragungen reduzieren lassen“, sagt Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Schule testet Corona-Luftfilteranlage
90 Prozent weniger Viren im Raum für knapp 200 Euro: Das macht eine selbstgebaute Lüftungsanlage des Max-Planck-Instituts für Chemie möglich.
© Quelle: Reuters
Zitat der Woche
Liebe Welt. Wir haben einen Impfstoff! Beste Nachricht seit dem 10. Januar.
Florian Krammer
Virologe an der Icahn School of Medicine in New York zu den ersten Biontech-Daten
Forschungsfortschritt
Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 das Gehirn schädigen kann. Covid-19 könne bei rund jeder fünften Person zu psychischen Problemen führen, berichten Psychiater der Oxford University in der Fachzeitschrift „The Lancet“. Sie hatten 354 Patienten in den USA untersucht.
Auch über Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Delirium und Schwindel klagen Patienten. Neurologen aus den USA haben nun bei Corona-Patienten erstmals verlangsamte Hirnströme nachweisen können. Dadurch könnten womöglich langfristige Schäden im sogenannten Frontallappen auftreten. Dieser Teil im Gehirn ist für logisches Denken und Entscheidungsfindung zuständig. RND-Autorin Laura Beigel hat sich die Studie einmal näher angeschaut.
Pandemie im Ausland
Eine Coronavirus-Mutation hat in Dänemark für Aufregung gesorgt. Spezielle Virusvarianten haben sich unter Nerzen auf Pelztierfarmen verbreitet und sich auch auf mindestens 200 Menschen übertragen. Die Regierung hat eine Massenkeulung veranlasst. Als besonders gefährlich sei diese Virusvariante ersten Erkenntnissen zufolge derzeit nicht anzusehen, sagt Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts. Ein Einzelfall sei das nicht, berichtet der Experte. Auch in den Niederlanden, Spanien, Italien, den Vereinigten Staaten von Amerika und Schweden seien Nerzinfektionen festgestellt worden. Nicht jeder Organismus sei gleich empfänglich für diese Art von Erreger.
Was kommt
Am kommenden Montag beraten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten zum weiteren Vorgehen. Stand jetzt sind bis Ende November Gastronomiebetriebe sowie Theater, Kinos und Fitnessstudios weitgehend dicht. Hotels dürfen keine Touristen mehr aufnehmen und sollen bei den Hilfen als direkt betroffene Unternehmen angesehen werden. Das große Ziel: Die zweite Welle brechen. Aber wie wirkt der „Lockdown light“? Eine eindeutige Prognose fällt nach den ersten Tagen schwer. Das RND hat in einem Überblick zu verschiedenen Bereichen eine erste Bilanz gezogen.
Und was folgt auf den Lockdown? Ein internationales Team aus Wissenschaftlern hat sieben Punkte ausgemacht, auf die Regierungen in Europa nach dem Lockdown setzen sollten – damit das Infektionsgeschehen nicht erneut entgleitet. Die letzten Monate hätten unter anderem gezeigt, dass ein Fokus auf Kontaktnachverfolgung, offene Schulen, eine transparente Kommunikation und eine Koordination auf europäischer Ebene sinnvoll ist.
Bayern: Gericht kippt Schließung von Fitnessstudios
Seit 2. November sind auch in Bayern Fitnessstudios geschlossen. Diese Vorschrift in der Corona-Verordnung verstößt jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
© Quelle: dpa
Was die Pandemie leichter macht
Die kalte Jahreszeit lebt normalerweise von Besinnlichkeit im Freundes- und Familienkreis. Eine klassische Weihnachtszeit fällt dieses Jahr wohl aus. Keine Bürofeier, kein Treffen auf dem Weihnachtsmarkt, keine ausufernden Feste im Privaten. RND-Redakteurin Mila Krull hat unter diesen erschwerten Bedingungen sieben originelle Ideen ausfindig gemacht, mit denen die Advents- und Weihnachtszeit vielleicht doch noch ein Stück weit gelebt werden kann. Schon einmal an Videowichteln, Cocktailkurse oder ein virtuelles Adventskonzert gedacht?
Währenddessen stellen die Kontaktbeschränkungen viele Singles vor die Herausforderung, nach Möglichkeit ohne Dates auskommen zu müssen. Datingexperte Horst Wenzel hält die Idee eines „Sexbuddys“ für sinnvoll – also einem einzigen, festen Sexpartner in Corona-Zeiten. RND-Autor Ben Kendal hat er erklärt, welche Vorteile eine „Freundschaft Plus“ in Pandemiezeiten mit sich bringt. Aber: Möglicherweise will einer irgendwann mehr als der andere.
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