Wie tödlich ist die britische Coronavirus-Variante B.1.1.7 wirklich?

Die britische Coronavirus-Variante ist wahrscheinlich gefährlicher als der bisherige Virustyp.

Bei der britischen Coronavirus-Variante handele es sich „um ein neues Virus mit ganz anderen Eigenschaften“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Bekanntgabe der Bund-Länder-Beschlüsse betont. Die Mutante sei „deutlich tödlicher, deutlich infektiöser und länger infektiös“. Darüber, dass sich B.1.1.7 leichter überträgt als der bisherige Virustyp, herrscht inzwischen fast weitgehend Einigkeit. Aber fordert das mutierte Virus auch wirklich erheblich mehr Todesopfer?

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Expertengremium: Risiko, nach Infektion mit B.1.1.7 zu sterben, bleibt gering

Die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) hierzu fällt deutlich vorsichtiger aus, als die der Kanzlerin. Auf den Seiten des RKI heißt es, dass B.1.1.7 „vermutlich etwas schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten“. Auch der britische Premierminister Johnson hatte bereits Ende Januar bekannt gegeben, dass die britische Variante „vielleicht“ tödlicher sein könnte, aber nur um etwa 30 Prozent.

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Die New and Emerging Respiratory Virus Threats Advisory Group (Nervtag), die die britische Regie­rung zum Coronavirus berät, wertet laufend aktuelle Studienergebnisse zu B.1.1.7 aus. In ihrer Einschätzung vom Februar heißt es, es sei „wahrscheinlich“, dass die neue Variante verglichen mit anderen Formen des Erregers zu mehr Krankenhausaufenthalten und Todesfällen führe. Das Risiko, nach einer Infektion zu sterben, bleibe aber weiterhin niedrig.

Ergebnisse lassen sich nicht auf Bevölkerung übertragen

Auch im „British Medical Journal“ wurde vor wenigen Wochen eine Studie zur britischen Variante veröffentlicht. Die Autoren hatten ausgewertet, wie oft Personen, bei denen B.1.1.7 nachgewiesen worden war, im Vergleich zu anderen Corona-Infizierten verstarben. Von jeweils fast 55.000 Personen mit einer B.1.1.7-Infektion verstarben demnach 227 (0,41 Prozent). Von ebenso vielen Personen, die sich mit der ursprünglichen Variante infiziert hatten, nur 141 (0,25 Prozent).

Auch hier verweisen die Autoren darauf, dass die Sterblichkeit insgesamt weiterhin niedrig sei. Zudem lag die Sterblichkeit bei den mit B.1.1.7-Infizierten zwar in der Studie um fast zwei Drittel höher als in der Vergleichsgruppe. Dies lässt sich aber nicht einfach so auf die Bevölkerung übertragen. So wurde nur der Anteil der Verstorbenen unter den positiv Getesteten erfasst, nicht aber an der Gesamtzahl der Infizierten.

Die Wissenschaftler schreiben, es sei möglich, dass viele symptomlose Infektionen mit der britischen Variante nicht erkannt worden seien – und entsprechend nur bei schwereren Verläufen getestet wurde. Diese könnten dann in der Studie überrepräsentiert sein und zu einer scheinbar höheren Sterblichkeit in der B.1.1.7-Gruppe geführt haben. Das Problem bei der Beurteilung der tatsächlichen Sterblichkeit bleibt bei neuen wie alten Varianten des Virus die Dunkelziffer – die Zahl der tatsächlich Infizierten in der Bevölkerung ist unbekannt.

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Weniger Corona-Tote trotz britischer Variante

Würden an B.1.1.7 aber tatsächlich deutlich mehr Patienten sterben, müsste sich die Sterblichkeit überall dort, wo die Variante auftritt, erhöhen. In Deutschland hat sich die britische Variante dem RKI zufolge seit Dezember vergangenen Jahres ausgebreitet. Mehr als 72 Prozent der Neuinfektionen sollen inzwischen auf eine Ansteckung mit dem mutierten Erreger zurückgehen.

Ein Anstieg der Todeszahlen ist seitdem nicht beobachtet worden, im Gegenteil: So nimmt die Zahl der Corona-Todesfälle seit Jahresbeginn kontinuierlich ab. Auch der Anteil der tödlichen Verläufe bei den positiv Getesteten sinkt seit Januar beständig. Ebenso war die Zahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund von Covid-19-Symptomen gesunken. Erst in den letzten Tagen war die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen wieder geringfügig angestiegen. Falls die britische Variante also tatsächlich tödlicher sein sollte als das Ursprungsvirus, dann könnten schon die bisherigen Maßnahmen oder der Beginn der Impfungen genügt haben, um diesen Effekt auszugleichen.

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